Abstimmung vom 27. SeptemberDas müssen Sie zum Vaterschaftsurlaub wissen
Wie viel Geld bekommen Väter künftig, wer zahlt den Urlaub, und wer ist dagegen? Die sieben wichtigsten Fragen und Antworten zur Abstimmungsvorlage.
Auch in der Schweiz sollen Väter bei der Geburt eines Kindes Anrecht auf einen Urlaub haben. Das Parlament hat sich auf einen Urlaub von zwei Wochen geeinigt, der am Stück oder tageweise in den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes bezogen werden kann. Gegen den Vaterschaftsurlaub hat ein Komitee aus SVP-Parlamentariern und Gewerbekreisen das Referendum ergriffen, weshalb am 27. September das Volk das letzte Wort hat.
Wie viel Geld erhalten Väter im Urlaub?
Der Lohnersatz beträgt 80 Prozent des durchschnittlichen Erwerbseinkommens, das der Vater vor der Geburt des Kindes erzielt hat, höchstens aber 196 Franken pro Tag – analog zur Regelung des Mutterschaftsurlaubs. Der Anspruch beträgt 2 Wochen beziehungsweise 14 Taggelder, ausgerichtet für 10 Arbeitstage und 4 Wochenendtage. Das maximale Taggeld wird mit einem Jahreseinkommen von 88’200 Franken erreicht. Bei 13 Monatslöhnen entspricht dies einem Monatslohn von 6784.60 Franken. Auf dem Taggeld müssen Sozialversicherungsabgaben geleistet werden. Der Lohnersatz wird wie bei der Mutterschaftsversicherung über die Erwerbsersatzordnung (EO) ausgerichtet. Anspruch haben Angestellte, selbstständig Erwerbende, aber auch jene, die ein Taggeld der Arbeitslosenversicherung oder wegen Krankheit, Unfall oder Invalidität Taggelder beziehen.
Was kostet der Vaterschaftsurlaub?
Die Kosten für die EO belaufen sich gemäss Berechnungen des Bundes auf rund 230 Millionen Franken pro Jahr, das entspricht 0,05 Lohnprozenten. Befürworter der Vorlage gehen aber davon aus, dass die Kosten geringer sein werden, denn der Bundesrat rechnet mit einem durchschnittlichen Taggeld von 180 Franken, was eher hoch angesetzt ist. Zudem wurde auch die Zahl der jährlichen Geburten mit 91’000 leicht höher geschätzt als die letztjährige Geburtenzahl. Ob die Einführung des Vaterschaftsurlaubs höhere Lohnbeiträge erfordert, ist offen. Zumindest 2021 dürfte der Lohnabzug von zurzeit 0,45 Prozent, hälftig verteilt auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer, nicht erhöht werden. Da ebenfalls ab 2021 ein Betreuungsurlaub für kranke Angehörige eingeführt wird, werden aber die Ausgaben der EO steigen. Eine Beitragserhöhung auf 0,5 Prozent wird deshalb möglicherweise 2022 oder später erfolgen. Der Entscheid liegt in der Kompetenz des Bundesrates.
Können Väter nicht schon heute Urlaub nehmen?
Das geltende Recht sieht keinen Vaterschaftsurlaub vor. Heute kann der Vater bei der Geburt seines Kindes im Rahmen der «üblichen freien Tage» Anspruch auf einen Urlaub geltend machen. Meist werden dem Vater ein bis zwei Urlaubstage gewährt. Längere Urlaube gehen hingegen auf das Konto des Ferienanspruchs oder müssen als unbezahlter Urlaub bezogen werden. Einige Branchen oder Unternehmen sehen jedoch bereits einen Vaterschaftsurlaub vor, der in der Regel eine oder mehrere Wochen beträgt. Auch öffentliche Arbeitgeber gehen mit bis zu 4 Wochen Urlaub über die nun vorgeschlagene Regelung hinaus. Bei Google erhalten Väter sogar 60 Tage frei, bei Novartis 90 Tage und bei Volvo gar 120 Arbeitstage, was 24 Urlaubswochen entspricht.
Wer gab den Anstoss zum Vaterschaftsurlaub?
Den Anstoss gab die Volksinitiative «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub», die 4 Wochen fordert. Diese wurde im Sommer 2017 eingereicht. Zu den treibenden Kräften der Initiative gehört der Arbeitnehmerverband Travailsuisse zusammen mit anderen Angestelltenverbänden. Bundesrat und Parlament gingen die 4 Wochen zu weit. Das Parlament übernahm – gegen den Willen des Bundesrates – den Kompromissvorschlag von CVP-Nationalrat Martin Candinas für einen zweiwöchigen Urlaub. Die Volksinitiative wurde nach der Zustimmung des Parlaments bedingt zurückgezogen, könnte aber bei einer Ablehnung des Gegenvorschlags von den Initianten doch noch zur Abstimmung gebracht werden.
Wer ist gegen den Vaterschaftsurlaub?
Ein Komitee aus SVP-Politikern, Gewerbeverband, Jungfreisinnigen und einigen FDP-Parlamentariern hat das Referendum gegen den Vaterschaftsurlaub ergriffen. Das Hauptargument der Gegner lautet: Nein zu immer höheren Lohnabgaben, damit einige wenige zwei Wochen zusätzliche Ferien erhalten. KMU- und Gewerbebetriebe litten bereits heute unter hohen Kosten. Grosskonzerne, die den bezahlten Vaterschaftsurlaub freiwillig eingeführt hätten, wollten die Kosten für die Luxusleistung nun auf alle abwälzen. Zudem kritisiert das Komitee, dass der Staat sich immer mehr in die Familie einmische. Die Eltern könnten selber entscheiden, wie sie ihre Kinder betreuen wollten. (Lesen Sie hier die Meinungen dreier Politiker.)
Bleibt es bei 2 Wochen Vaterschaftsurlaub?
Für SP, Grüne und GLP ist der Vaterschaftsurlaub bloss der erste Schritt zu einer Elternzeit. Denn der Vaterschaftsurlaub zementiere die traditionellen Rollenbilder, wonach sich hauptsächlich die Mutter um das Kind kümmere. Einer Gruppe um Daniel Graf, den Gründer den Onlineplattform Wecollect, schwebt eine Volksinitiative für eine bezahlte Elternzeit von je 15 Wochen für Mutter und Vater vor. GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy hat eine parlamentarische Initiative für je 14 Wochen deponiert.
Wer erhält bei homosexuellen Paaren Urlaub?
Recht auf einen Vaterschaftsurlaub hat nur der rechtliche Vater. In jenen Fällen, in denen ein homosexuelles Paar seinen Kinderwunsch im Ausland mit einer Leihmutter erfüllt, wird dies in der Regel der leibliche Vater sein. Dessen Partner kann in der Schweiz zwar den Antrag auf eine Stiefkindadoption stellen, doch Adoption berechtigt nicht zu einem Vaterschaftsurlaub. Auch beim Mutterschaftsurlaub erhält nur die rechtliche Mutter einen solchen, ihre Partnerin, die das Kind adoptiert, aber nicht.
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