Anlegen via Smartphone Das haben Postfinance und Swissquote mit ihrer Trading-App für Junge vor
Die Staatsbank und Swissquote lancieren eine App, die günstiger sein dürfte als das eigene Angebot. Sie zielt auf Börsenhändler mit kleinem Budget.
In den letzten Wochen sorgte die Postfinance bei ihren Kundinnen und Kunden für viel Frust. Die Briefe mit den neuen, oftmals teureren, Gebühren verärgerten die Sparer. Genauso wie die neu designte Postfinance-App, die bei vielen Kunden nicht gut ankommt. Nun plant die Staatsbank ein neues Angebot, mit dem sie die Kundinnen und Kunden wieder von sich überzeugen will. Zusammen mit der Online-Bank Swissquote wird sie eine neue Mobilbank namens «Yuh» lancieren.
Damit will sie gegen die ausländischen Konkurrenten wie N26 und Revolut antreten. Besonders Revolut konnte in der Schweiz in den letzten Jahren viele Kunden gewinnen. Swissquote und Postfinance wollen kommenden Dienstag vorstellen, was sie genau vorhaben. Einige Eckpunkte des neuen Angebots sind aber bereits durchgesickert.
Mit Bruchteilen von Aktien spekulieren
Preislich soll Yuh unterhalb des Angebots der Postfinance angesiedelt werden. Wie bei den Wettbewerbern wie CSX der Credit Suisse ist das Basis-Angebot gratis, das zum Beispiel eine bestimmte Anzahl Bargeldabhebungen umfasst, heisst es von Personen mit Kenntnissen des Projekts.
Um sich von der Konkurrenz zu unterscheiden, soll Yuh mit Anlagelösungen locken. So soll es laut Quellen möglich sein, nur Bruchstücke von Wertpapieren erwerben zu können. Statt also rund 108 Franken für eine Nestlé-Aktie zu bezahlen, sollen Sparer auch für 20 Franken nur einen Anteil an der Aktie des Lebensmittelriesen erwerben können. Das zielt offenbar auf ein junges Publikum mit noch begrenzten finanziellen Möglichkeiten.
«Grundsätzlich ist die Möglichkeit, auch Teile von Aktien kaufen zu können, durchaus attraktiv», so Andreas Dietrich, Professor am Institut für Finanzdienstleistungen der Hochschule Luzern. Zwar würden vermögende Anleger wohl weiterhin eher ganze Aktien kaufen, doch würden sich 16 Prozent der Bankkunden mit Einkommen von weniger als 6000 Franken pro Monat stark oder ziemlich stark für Finanzmärkte interessieren. Diese könnten mit einem solchen Angebot als Kunden gewonnen werden.
Beim US-Online-Trader Robinhood kann ein Millionstel einer Aktie gehandelt werden. Das Angebot gilt als populär. Damit könnte man einen Anteil von rund 10 Rappen an einer Lindt-und-Sprüngli-Aktie kaufen, die derzeit für über 90’000 Franken gehandelt wird. Wie klein die handelbaren Aktien-Bruchstücke bei Yuh sein werden, ist noch nicht bekannt.
«Für bestimmte Trader können sie interessant sein, aus Konsumentenschutz-Sicht können sie aber heikel sein.»
Ob die gestückelten Aktien (Englisch: Fractional Shares) bei Schweizer Anlegerinnen und Anlegern Anklang finden? «Für bestimmte Trader können sie interessant, aus Konsumentenschutz-Sicht können sie aber heikel sein», so Benjamin Manz, Geschäftsführer des Vergleichsdienstes Moneyland.ch. Denn Fractional Shares haben zwar den Vorteil, dass sich Anlegerinnen und Anleger auch mit wenig Geld an Aktien mit hohen Stückpreisen beteiligen können. Der Nachteil ist aber, dass die Aktien nicht ihnen gehört – sie sie also nicht transferieren können.
Postfinance greift sich selber an
Auch Investments in Kryptowährungen wie etwa dem Bitcoin sollen bei Yuh möglich sein, wie sie bereits auch Swissquote im Angebot hat. Kredite seien laut Quellen beim Start der neuen Mobilbank noch nicht im Angebot. Bekanntlich darf die Postfinance von Gesetzes wegen keine Kredite vergeben. Yuh sei kein Versuch, mit einer Neugründung das Kreditverbot zu umgehen, ist zu hören. In einem Ausbauschritt sollen Vorsorgelösungen folgen.
Macht es aber Sinn, dass Postfinance sich mit Yuh quasi selber angreift, weil das Angebot günstiger ist als dasjenige von Postfinance und vielleicht auch noch mehr bietet? Bei den normalen Zahlungsverkehrskunden dürfte es die Bank verschmerzen können, wenn sie zur eigenen Konkurrenz wechseln. «Gefahr sehe ich für Postfinance nicht wirklich», so Manz. Wenn überhaupt, wäre das ein Argument, das sich Swissquote als Marktführer im Online-Trading sehr genau habe überlegen müssen.
Postfinance scheint mit dem neuen Angebot gezielt junge Kunden ansprechen zu wollen. Dort hatte die Bank zuletzt Mühe.
Postfinance-Insider schätzen die Kannibalisierungsgefahr als gering ein. Denn die Bank habe Probleme, junge Kunden zu erreichen. Es sei besser, sich die Erträge im Geschäft mit Jungen im Gemeinschaftsunternehmen Yuh mit Swissquote zu teilen, als im Alleingang den Jungen mit wenig Erfolg hinterherzujagen. Der Fokus liege weniger auf einer Vielzahl an Produkten, sondern auf einer sehr einfachen Bedienbarkeit.
Bei den Finanz-Apps, zu denen auch der Börsenhandel am Smartphone gehört, sei der Preis entscheidend, so Dietrich. Daneben sei die Benutzerfreundlichkeit der Apps wichtig. Daher könne es sich lohnen, wenn eine Bank ein komplett neues Produkt lanciere, mit dem es sich potenziell selber konkurrenziere. Einen ähnlichen Weg haben zuletzt die Bank Cler mit Zak oder die CS mit der App CSX gewählt.
Wie zu hören ist, hatten Postfinance und Swissquote zuvor jeweils selbst an einer eigenen neuen Mobilbank gearbeitet. Da Postfinance mit dem Onlinebroker bereits im Anlagegeschäft zusammenarbeitet, gibt es regelmässige Kontakte. Also entschloss man sich, statt zwei getrennter eine gemeinsame Lösung zu bauen. Technisch läuft Yuh auf den Systemen von Swissquote. Die neue Neobank sei fertig, getestet und betriebsbereit. Der Marktstart soll «sehr bald» erfolgen, sagen Insider.
Fehler gefunden?Jetzt melden.