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Bund verschläft Covid-Impfung
Das grosse Schweizer Impf-Chaos

In vollem Gang: Die Impfkampagne in Israel läuft auf Hochtouren.
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Der Fakt ist bekannt, die Hintergründe sind neu: Die Schweiz hinkt bei den Covid-Impfungen hinter anderen Ländern her. Israel etwa hat schon fast 70 Spritzen pro 100 Personen verabreicht. Der Vergleichswert in der Schweiz liegt 14-mal tiefer – unter anderem, weil die Schweiz die Impfungen später bestellt hat.

Gröbere Probleme entstanden bereits bei der Vorbereitung der Impfaktion. Das zeigen Besprechungsprotokolle, welche die Logistikbasis der Armee am Donnerstag veröffentlicht hat. Sie sorgt im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG) dafür, dass Impfstoffe und Zubehör sicher an die Kantone geliefert werden.

Schon wieder ein Papierformular

Es ist der 3. Dezember, als der erste Lagerapport mit Beteiligung der Kantone stattfindet. Noch ist kein Startdatum publik – obwohl die erste Impfung nur 16 Tage später die Schweizer Zulassung erhalten wird.Erneut wird schmerzlich bewusst, wie sehr die Schweiz die Digitalisierung verschlafen hat: Die Kantone sollen die Impfdosen per Papierformular beim BAG bestellen. Die Runde beschliesst, eine Digitalisierung zu prüfen. Die Idee ist schon eine Woche später wieder vom Tisch. Das BAG ist ohnehin spät dran mit der Software-Lösung, welche die Impftermine vergeben soll, was die Kantone verärgert. Mitte Dezember heisst es dann, das IT-Tool werde ab Anfang Januar «mit Grundfunktionen zur Verfügung stehen» und «anschliessend laufend weiterentwickelt».

Mitte Dezember heisst es, das IT-Tool werde ab Anfang Januar «mit Grundfunktionen zur Verfügung stehen» und «anschliessend laufend weiterentwickelt».

Die IT-Probleme sind so vielfältig, dass sie ab Januar in zwei Sondersitzungen pro Woche besprochen werden. Zürich lässt kurzerhand eine eigene Software entwickeln. Noch Mitte Januar ist nicht klar, ob das Bundes-Tool die Zahl der verimpften Dosen pro Kanton angeben kann – worauf die Kantone umso ungehaltener reagieren, da das BAG gleichzeitig von ihnen energisch Daten einfordert.

Die «Pizzabox» wirft Fragen auf

Improvisiert wird auch bei der Logistik. Fünf Tage, bevor die Kantone am 23. Dezember die ersten Impfungen verabreichen, wissen sie noch nicht, wie sie mit dem empfindlichen Material umzugehen haben. Basel-Stadt etwa erkundigt sich, ob immer eine ganze Ultratiefkühlbox auf einmal zu leeren sei oder ob eine einzelne «Pizzabox» herausgenommen werden dürfe – so heisst laut Protokoll die Tablette mit den Impfstoff-Fläschchen. Auch das Informationsmaterial für die Bevölkerung ist noch nicht bereit, wie Luzern bemängelt.

Rasch zeigt sich, dass den Impfsets teilweise ungeeignete Nadeln und Spritzen beiliegen. Anfang Januar heisst es, die Kantone könnten das Zubehör «in Selbstsorge» beschaffen, das BAG prüfe «schnellstmöglich» einen übergeordneten Kauf.

Wie Zoff diplomatisch ins Protokoll einfliesst

Zu Spannungen führen auch widersprüchliche Anweisungen des BAG zur zweiten Impfdosis. Zunächst heisst es, die Kantone sollten Reserven für die zweite Spritze einplanen, weil diese innert vier Wochen auf die erste folgen muss. Kurz darauf die erste Wende: Die ausgelieferten Dosen dürften «vollständig verbraucht werden», die Zweitimpfung sei «nicht zwingend innerhalb von 4 Wochen» nötig.

Mit Verweis auf neue Virusvarianten erhöht das BAG am 14. Januar den Druck: «Die Kantone, die schneller verimpfen, sollen somit auch schneller Nachlieferungen erhalten.» Die Teilnehmer des Lagerapports sind zu jenem Zeitpunkt zunehmend gereizt, wie Beteiligte berichten. Im Protokoll wird das ansatzweise erkennbar in der diplomatischen Formulierung: «Das BAG bedankt sich für die Fragen.»

Schliesslich krebst das Amt Ende Januar zurück: Die Impfstoff-Hersteller kündigen Lieferengpässe an, und das BAG fordert die Kantone wiederum auf, «eine physische Reservation» für die zweite Impfung vorzusehen.