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Doppelrolle des kleinen Katar
Das Golfemirat steht im Dienste der USA – und der Taliban

Besiegelten in der katarischen Hauptstadt Doha das Schicksal Afghanistans: Der US-Sondergesandte Zalmay Khalilzad und Mullah Abdul Ghani Baradar.
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Der Dank kam von höchster Stelle. Am Samstag erhielt Katars Emir Tamim bin Hamad al-Thani einen Anruf von US-Präsident Joe Biden, der die Rolle des Landes bei den Evakuierungsflügen aus Kabul ebenso lobte wie jene als Gastgeber der innerafghanischen Gespräche. Tags zuvor hatte bereits Aussenminister Tony Blinken mit seinem Kollegen Mohammed bin Abdulrahman al-Thani in Doha gesprochen und Katar für «unsere starke Partnerschaft zur Förderung der regionalen Sicherheit» gewürdigt.

Andernorts geriet das kleine Golfemirat dagegen in die Kritik, als seine Luftwaffe am Mittwoch mit einem Militärtransporter vom Typ C-17 eine Delegation der Taliban mit Mullah Abdul Ghani Baradar an der Spitze nach Kandahar geflogen hatte. Manche Politiker und Experten sahen darin eine Unterstützung seitens Katars für die Taliban und stellten sogleich die Ausrichtung der Fussball-Weltmeisterschaft 2022 infrage.

al-Jazeera live beim Einmarsch im Präsidentenpalast

Die Debatte um die Rolle Katars in Afghanistan ist nicht neu. Immer wieder hat es Fragen gegeben, wie eng das Verhältnis Katars mit den islamistischen Extremisten ist. Befördert wurde dies zuletzt etwa dadurch, dass der von dem Emirat finanzierte Fernsehsender al-Jazeera live den Einmarsch der Taliban im Präsidentenpalast von Kabul begleitete, während die meisten ausländischen Sender versuchten, ihr Personal in Sicherheit zu bringen.

Für Katar stellt sich die Frage, welchen Einfluss es in Afghanistan künftig noch haben kann. Die Rolle des Mediators war Teil der diplomatischen Strategie, die dem Emirat international Sichtbarkeit und Einfluss sichern soll. Allerdings nahm Katar sie gewissermassen als Dienstleister auf Bitten der Amerikaner wahr. Die USA betreiben nahe Doha den grössten Luftwaffenstützpunkt im Nahen Osten. Mit diplomatischem Druck haben sie 2017 Katar vor einem Einmarsch Saudiarabiens bewahrt.

Die katarische Luftwaffe hat letzte Woche führende Taliban nach Afghanistan geflogen: Mullah Baradar und seine Gefolgsleute treffen in Kandahar ein.  

Schon 2013, als Katar die Taliban einlud, ein politisches Büro in Doha zu eröffnen, hatte die Regierung von US-Präsident Barack Obama ihren Segen dafür gegeben. Sie wollte eine Möglichkeit schaffen, direkt mit der Gruppe zu verhandeln. Mullah Baradar war im Oktober 2018 auf Bitten der Amerikaner von Pakistan freigelassen worden. Er ist der einzige Überlebende der Führungsriege der Taliban um den 2013 gestorbenen Mullah Mohammed Omar. Sein enges Verhältnis zu ihm verleiht ihm bis heute grosse Legitimität innerhalb der Organisation.

Von Kandahar, wo ihn jubelnde Anhänger empfingen, ist er inzwischen nach Kabul gereist, um die Verhandlungen zu leiten, die das politische Büro der Taliban mit Ex-Präsident Hamid Karsai und anderen afghanischen Politikern über eine künftige Regierung führt. Baradar dürfte künftig in Afghanistan wieder eine zentrale Figur sein – ob mit oder ohne Regierungsamt, wird sich noch zeigen.

Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell sagte, Europa werde mit den Taliban reden müssen, weil diese «den Krieg gewonnen» hätten.

Baradar hatte mit dem US-Sondergesandten Zalmay Khalilzad in der Regierungszeit von Präsident Donald Trump den Abzug der Amerikaner ausgehandelt und den Deal mit dem damaligen Aussenminister Mike Pompeo in Doha besiegelt. Ende Juli empfing ihn der chinesische Aussenminister Wang Yi in Peking, im März vertrat er die Taliban in Moskau bei einer vom russischen Aussenministerium ausgerichteten Afghanistan-Konferenz und traf zuletzt im Juli den russischen Sondergesandten Samir Kabulow.

Offen ist, ob eine neue afghanische Regierung, die von den Taliban dominiert wird, international offizielle Anerkennung findet. Russland hat anders als westliche Staaten seine Botschaft in Kabul nicht geschlossen. Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell sagte, Europa werde mit den Taliban reden müssen, weil diese «den Krieg gewonnen» hätten. Die EU hat aber klargestellt, dass damit keine Anerkennung eines Taliban-Regimes gemeint sei.

Das erste Taliban-Regime nicht anerkannt

Zumindest fürs Erste werden die Drähte der katarischen Regierung zu den Islamisten also weiter nützlich sein. Doha hatte nach der ersten Machtübernahme der Taliban 1996 Kontakt zu ihnen gehalten, das von ihnen ausgerufene Islamische Emirat aber nicht anerkannt. Das taten damals nur Pakistan, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudiarabien. Westliche Diplomaten halten es für unwahrscheinlich, dass Katar dieses Mal so weit gehen würde, wenn Washington sich dagegenstellt.