Clubferien in der SüdtürkeiWie ich im Robinson Club nach innerer Einkehr suchte
Ist ein Adults-only-Ferienclub der ideale Ort, die indische Heilslehre Ayurveda auszuprobieren? Unsere Autorin hat sich darauf eingelassen. Bilanz: Die Verlockungen von gutem Essen und Entertainment sind sehr gross.
Die ersten Gäste, die auf dem mit Pinien und Bananenstauden gesäumten Weg zum Hotelzimmer auffallen, sind zwei Männer im mittleren Alter. Bei dem einen stechen das mit Flamingos bedruckte Hemd und die dazu passenden Shorts ins Auge, beim anderen die falsch herum gedrehte Dächlikappe mit dem Glitzer-R – für Robinson-Stammgäste. Die beiden gehören zu einer deutschen Gruppe, die sich seit Jahren im Club Robinson in Çamyuva in der Südtürkei trifft. Erkennungszeichen: lustige Kleidung und feuchtfröhliche Stimmung.
Bei den Veranstaltungen einer Ayurveda-Spezialwoche treten die Spassmacher nur indirekt in Erscheinung. Beim Einführungsvortrag von Charleen Oktay, genannt Charly, fehlen sie.
«Ayurveda ist keine Diät oder Kochkunst, sondern eine Art und Weise, das Leben zu gestalten», sagt Charly. Die Frau des Clubdirektors Ilker Oktay hat die fernöstliche Lehre vor einigen Jahren für sich entdeckt, eine dreijährige Ausbildung gemacht und das Konzept «Balayur» für die Robinson-Clubs entworfen.
Ernährung, Bewegung, Wellness
Der Name des Programms steht für «das Leben in Balance». Es gehe darum, die Teilnehmenden auf dem Weg zu begleiten, Körper, Seele und Geist in ein Gleichgewicht zu bringen. Die Schwerpunkte liegen dort, wo der Club Robinson seine Stärken hat: Ernährung, Bewegung und Wellness.
Was Ayurveda bedeutet, ist für Laien erst einmal verwirrend. Es geht um die drei unterschiedlichen Doshas, die Prinzipien oder Kräfte des Lebens, welche die Natur und auch den Menschen beeinflussen: Vata (Bewegung), Pitta (Stoffwechsel) und Kapha (Struktur).
Danny Arnold gestaltet die «Top-Event-Woche». Der Psychologe aus Hamburg mit Ayurveda-Ausbildung erklärt die einzelnen Typen: Menschen mit überwiegendem Vata-Anteil seien feingliedrig, körperlich und geistig gern in Bewegung und offen für Neues. Pitta-Typen seien normalgewichtig, mittelgross, intelligent und hätten Feuer in sich. Kapha-Typen seien hingegen ruhig, beständig, verlässlich und neigten zu Übergewicht.
«Ich bin wohl ein Pitta-Typ», sagt Britta nach dem Vortrag. «Ich tanze gern und mache bei vielen der Sportkurse mit.» Ihren Mann schätzt sie spontan als Kapha-Typ ein. «Er liegt viel herum.» So einfach ist die Einteilung natürlich nicht. Das hat Danny zuvor klargemacht. Die meisten Menschen seien Mischtypen und hätten verschiedene Anteile der Doshas in sich.
Unabhängig vom Typ urteilen die vornehmlich weiblichen Teilnehmenden über die ayurvedischen Getränke, die sie nach der Einführung kosten: Der Shot für den Pitta-Typ aus Wassermelone, Kokos und Dattel schmeckt fein, derjenige für den Kapha-Typ aus grünem Tee, Randensaft und Limette eher nicht.
Im Speisesaal sind die Gerichte aus dem «Balayur»-Programm zentral platziert. Dort können alle Gäste zum Beispiel warmen, ungewöhnlich gewürzten Griessbrei kosten oder Pfannkuchen mit Datteln. Doch das ayurvedische Essen wird umringt von einem überwältigenden Angebot an Fleisch, Fisch, Salaten, Brotsorten, Pizza, türkischen Spezialitäten. Und selbst wer dem noch widerstehen kann, fällt spätestens dem verlockenden Dessertbuffet zum Opfer. Das herausragende Essen ist einer der Gründe, warum so viele Gäste hier Stammkunden sind, so wie Britta und ihr Mann. Einige reisen mehrfach im Jahr an, seit Jahrzehnten.
Fazit: Hier ist der denkbar ungünstigste Ort, um seine Ernährung umzustellen. Aber Charly und Danny bleiben ganz entspannt, ihre Devise: «Alles kann, nichts muss.». Einfach mal ausprobieren.
Also: Selbstmassage am Morgen des zweiten Tages. Danny giesst im Schatten der Bäume Kokos-, Oliven- oder Sesamöl in kleine Schälchen. Sie könnten je nach Typ eingesetzt oder einfach mal getestet werden, sagt Danny. Nach einer Dreiviertelstunde sind Arme, Hände und Füsse angenehm durchgeknetet, während einige vorwitzige Ameisen im Schälchen mit dem Olivenöl schwimmen.
Ein besonderer Genuss ist die ayurvedische Massage jedoch, wenn man nicht selbst Hand anlegt. Das übernimmt am Nachmittag Nitaya. Wie viel Liter Öl die Masseurin über einen ausgiesst, will man gar nicht wissen. Dafür fühlt man sich danach wie eine tiefenentspannte Ölsardine, die es sofort zum Strand zieht. Denn dort wummern gerade die Bässe: Schaumparty. Ukrainische Tänzerinnen bewegen sich lasziv und leicht bekleidet auf der Bühne zu den heissen Rhythmen. Das Publikum stürzt sich begeistert mit erhobenen Armen in das weiss-glitzernde Meer aus Luftblasen.
Zahlreiche Gäste kommen als Singles in den Adults-only-Club. Wie Leonore und Alexandra aus Zug und dem Aargau, die Freundinnen sind Mitte 30. Sie ruhen sich im Schatten auf den Liegen von den nächtlichen Partys aus, mit Blick aufs Meer. Sind ihnen die anderen Clubbesucher nicht ein bisschen zu alt? «Nein, es gibt tolle Männer hier.»
Der nächste Morgen beginnt für die Ayurveda-Testerinnen mit Bewegung. Schliesslich ist zwischen sechs und zehn Uhr Kapha-Zeit. In den Morgenstunden seien die Menschen frisch und beweglich, sagt Annika, bevor sie die Musik fürs Aquafit hochfährt.
Während des Aufwärmens mittels Unterwasserschritten im vorderen Teil des sonnenbeschienenen Pools tut sich am hinteren Beckenrand was. Einige aus der Gruppe der Spassvögel blasen eine Armada von kleinen rosa Plastik-Flamingos auf: schwimmende Getränkehalter. Ein Mann mit Glitzer-R an der Kappe watet durchs Wasser und lotst einen Becher mit Strohhalm zu einer Teilnehmerin. Sie trinkt, Trainerin Annika lacht und führt die Stunde gelassen fort.
Der Mann kommt von der Bar
In dem Becher war kein Wasser, oder? «Nö», sagt Falk, der Meister der aufgekratzten Truppe. Gefragt, wo er denn herkomme, antwortet der Deutsche entsprechend: «Von der Bar.» Wohlgemerkt: Es ist gerade mal 10 Uhr.
Am Nachmittag geht es ruhiger zu: Rückentraining bei Danny, das sich anfühlt, als würden alle Zipperlein sofort verschwinden, oder Yoga bei Yasemin. Nach den wohltuend fliessenden Übungen wird die anschliessende innere Einkehr auf die Probe gestellt. Wer kann schon konzentriert in den Bauch atmen, wenn es von der Bar rüberschallt: «Wie heisst die Mutter von Niki Lauda? – Mama Laudaaa, Mama Laudaaa …»
Und nachts? Erholsamer Schlaf ist keine Option – jedenfalls nicht vor ein Uhr. So lange laufen die Partys unter freiem Himmel. Deshalb der Tipp: mitfeiern. Ausserdem würde man bei der Retroparty verpassen, mit einem verkleideten Freddy Mercury zu tanzen oder beim türkischen Abend die drei Bauchtänzerinnen zu bestaunen, wie sie das Füdli schütteln, die Hüften kreisen und den Busen wippen lassen.
Die Reise wurde von Robinson Club GmbH und TUI Suisse unterstützt.
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