2:4 von Manchester City gegen PSGUnd schon wieder taumelt Guardiola in ein Debakel
Selbst eine 2:0-Führung reicht dem englischen Meister nicht zum Sieg – nach der deftigen Niederlage bei Paris St-Germain droht das frühe Aus in der Champions League.
- Manchester City kann nur noch ein Sieg gegen den FC Brügge helfen.
- Guardiola äussert sich besorgt über die Zerbrechlichkeit seines Teams seit Monaten.
- Paris St-Germain droht trotz des Sieges das Aus nach der Gruppenphase.
Eines bleibt Manchester City nach diesem Mittwochabend wenigstens noch. Einem Abend im strömenden Pariser Regen und mit der Erkenntnis, in der zweiten Halbzeit komplett zusammengebrochen zu sein. Einem Abend, als der alte Parc des Princes im Westen der Stadt vibriert wie wohl kaum einmal in seiner Geschichte und das 4:2 von PSG zelebriert wird, als wäre in der Champions League schon der Final gewonnen.
City bleibt also nach diesem Abend wenigstens die rechnerische Gewissheit, dass es die Playoffs der Champions League am nächsten Mittwoch gegen den FC Brügge noch immer aus eigener Kraft erreichen kann. Dafür braucht es einen Sieg, um sich in der Monstertabelle dieses neuen Formats vom 25. zumindest auf den 24. Platz zu verbessern. Ja, es ist nur ein Sieg, der fehlt. Aber die kapitale Frage bei dieser Mannschaft ist: Was heisst hier nur?
«Wenn wir nicht gewinnen, haben wir es nicht verdient, weiterzukommen», sagt Pep Guardiola, als es auf Mitternacht zugeht. Der Chefdenker aus Manchester hört sich fatalistisch an. Und gleichzeitig ist er auch realistisch: Keiner weiss besser als er, wie fragil seine Mannschaft seit bald drei Monaten ist. Und weil sie so fragil ist, so verwundbar, ihr Spiel so schnell implodiert, wenn Widerstände auftreten, kommt es auch in Paris so wie schon mehrmals in dieser Champions League. Wieder verspielt sie einen Vorsprung und taumelt in ein Debakel.
Eine grosse Verunsicherung
In Lissabon gegen Sporting mündete ein frühes 1:0 in ein 1:4, gegen Feyenoord Rotterdam gab es trotz eines komfortablen 3:0 gerade noch ein 3:3, und jetzt in Paris das: Diesmal genügt eine Reserve von zwei Treffern nicht zum Sieg. «Das Spiel war nie so, wie wir es wollten», bilanziert Guardiola, «wir konnten es nie kontrollieren.» Das hat viel mit seinen Spielern zu tun und mindestens so viel mit den Parisern, die den ganzen Match über den Eindruck machen, den Sieg mehr zu wollen.
Bei den Citizens erinnert schon lange nichts mehr daran, dass sie vor gut eineinhalb Jahren auf dem Zenit ihres Schaffens waren und der Massstab für die gesamte europäische Konkurrenz. Damals gewannen sie das Triple mit Meisterschaft, FA-Cup und Champions League. Sie schienen nicht zu stoppen zu sein. Guardiola vertraute ihnen so sehr, dass er es sich gar erlaubte, mit Cole Palmer ein Ausnahmetalent an Chelsea abzugeben. Sie mühten sich danach mit letzter Kraft zur Titelverteidigung in der Premier League. Diesmal verzichtete Guardiola erneut auf wirkliche Verstärkungen, ja, diesmal verkaufte er Weltmeister Julian Alvarez für rund 75 Millionen Franken an Atletico Madrid.
Die Rechnung dafür zahlt er seit Anfang November, als mit dem 1:2 in Bournemouth eine Serie mit neun Niederlagen in 13 Spielen über ihn gekommen und er in Selbstzweifel verfallen ist. Er berichtet von seinem schlechten Schlaf und schlechter Verdauung.
Darauf folgt wohl ein kleines Hoch mit drei Siegen in vier Runden der Premier League. Dazu gibt es personelle Nachrichten, die City auf dem Weg zurück an die Spitze stärken sollen. Erling Haaland unterschreibt einen monumentalen Vertrag, der ihm bis 2034 um die 275 Millionen einbringt. Die jungen Verteidiger Vitor Reis (ein Brasilianer von Palmeiras) und Abdukodir Khusanov (ein Usbeke von Lens) kommen für zusammen 70 Millionen. Und der Transfer von Omar Marmoush, dem ägyptischen Torjäger von Eintracht Frankfurt, steht für weitere 75 Millionen unmittelbar bevor.
Aber dann kommt eben dieses Spiel in Paris, und alle Träume von einer besseren Zukunft lösen sich in Luft auf, kaum haben Jack Grealish in der 50. und Haaland in der 53. Minute für die Führung gesorgt. So paradox das wirkt, so sehr steht es für die tief liegende Verunsicherung selbst hochbezahlter Arbeitskräfte: Selbst eine komfortabel scheinende Führung hilft ihnen nicht, ihre teilweise erschreckenden Schwächen in der Defensive zu beheben. Schon gar nicht, wenn ein Gegner auf sie so losstürmt wie die wilde Bande von Luis Enrique.
PSG droht weiter das Aus
Dieser Bande gelingt innerhalb von vier Minuten der Ausgleich durch Ousmane Dembélé und Bradley Barcola und später, in der 78. Minute und erneut nach gütiger Mithilfe des Gegners, das 3:2 durch João Neves. Den Schlusspunkt setzt Gonçalo Ramos in der Nachspielzeit. Dass es drei Minuten dauert, bis der VAR ein Offside wieder aufhebt, verstärkt die Ekstase der Pariser nur noch. Die französische «Equipe» schreibt danach beeindruckt von einem «coup de maîtres», einem Meisterstück der Pariser.
Dass Guardiola da nicht zurückstehen will und PSG als «aussergewöhnliche Mannschaft» adelt, soll nicht weiter überraschen. Solches Lob kann auch immer von eigenen Versäumnissen ablenken. Und es reicht längst nicht aus, eines vom Pariser Kosmos fernzuhalten: Selbst dieser für einmal hochgelobten Mannschaft droht weiterhin das Ausscheiden nach der Gruppenphase, weil sie sich aktuell auch nur auf Platz 22 findet.
Natürlich muss viel zusammenkommen, damit sie nächsten Mittwoch gleich drei Plätze abrutscht. Aber wenn sie in Stuttgart verliert – wie schon in den Runden zuvor bei Arsenal, gegen Atletico sowie in München – und wenn gleichzeitig City gegen das Brügge von Ardon Jashari gewinnt, Sporting Lissabon gegen Bologna punktet und sich Benfica Lissabon bei Juventus in Sicherheit bringt, dann bleibt dieser wunderbare Abend an der Seine lediglich als nutzlose Episode in Erinnerung.
Und dann ist sie trotz Lohnkosten von über 600 Millionen Franken nicht mehr in dem Wettbewerb vertreten, den die katarischen Besitzer so dringend einmal gewinnen wollen.
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