Mafia in der SchweizBerüchtigter neapolitanischer Gangster lebte monatelang unbehelligt in Sitten
Die Polizei hat in Sitten einen Mafioso verhaftet, der für einen neapolitanischen Clan zahlreiche schwere Gewalttaten verübt haben soll. Wie er sich monatelang im Wallis verstecken konnte, ist unklar.
Am 24. Januar hat die Kantonspolizei Wallis Oscar Pecorelli in Sitten verhaftet. Der 46-jährige Italiener lebte im Walliser Hauptort allein und arbeitete in einem Restaurant, scheinbar unauffällig. Doch er war beileibe kein Unbescholtener: Pecorelli war Mitglied beim Mafiaclan Lo Russo, einer der mächtigsten und brutalsten Gruppierungen innerhalb der neapolitanischen Camorra.
Im Sommer des vergangenen Jahres hatte die italienische Polizei eine Razzia gegen den Lo-Russo-Clan in mehreren Vierteln Neapels durchgeführt. Rund 30 Mitglieder konnten dabei festgenommen werden. Pecorelli jedoch entkam. Wie das Westschweizer Fernsehen RTS berichtet, flüchtete er unter falscher Identität per Zug und Bus über Turin und Aosta ins Wallis. Sieben Monate lebte er hier unerkannt.
Pecorelli lebte unbehelligt im Alpental
Oscar Pecorelli werden unter anderem Mord, Erpressung, Körperverletzung, Bedrohung, illegaler Waffenbesitz, Geldwäsche und Drogenhandel vorgeworfen. Sein Cousin ist gemäss «Blick» der Boss einer Bande innerhalb des Lo-Russo-Clans. Kurz nach Pecorellis Flucht erliess ein neapolitanisches Gericht einen europäischen Haftbefehl, der an das Bundesamt für Justiz übermittelt wurde.
Dass der Mafioso nach Sitten flüchten und dort untertauchen konnte, wirft Fragen auf. Gemäss RTS pflegte er Kontakte zu Italienern im Ort. Personen, mit denen er in Sitten Kontakt hatte, seien von der Polizei überprüft und vernommen worden. Ob und von wem Pecorelli Unterstützung erhielt, bleibt aber unklar. Weitere Verhaftungen habe es im Zusammenhang mit seiner Festnahme nicht gegeben. Er selbst wurde am 30. Januar an Italien ausgeliefert.
Oscar Pecorelli sei Teil des harten Kerns des Lo-Russo-Clans gewesen, sagt die Journalistin Madeleine Rossi, die an der RTS-Recherche mitgewirkt hat. Dass er auf der Flucht vor der Polizei die Schweiz als Zielort wählte, ist für sie nicht überraschend. Das Wallis gehöre zusammen mit dem Tessin und Graubünden zu den am stärksten von der Mafia unterwanderten Kantonen.
Die Mafia ist in vielen Schweizer Orten präsent
Im Wallis sei vor allem die kalabrische Mafia ’Ndrangheta vertreten. Aber auch die neapolitanische Camorra, der Pecorelli angehört, sowie die sizilianische Cosa Nostra seien im Bergkanton aktiv. Nicht zuletzt, da er für italienische Flüchtige ein leicht zugängliches und schnell erreichbares Einfallstor sei, so Rossi.
Das organisierte Verbrechen Italiens ist seit Jahrzehnten in der Schweiz aktiv. Während die Mafia früher vor allem ihr Geld in die Schweiz brachte, kommen die Mafiosi heute auch selbst. In den Kantonen Aargau und Thurgau kam es zu aufsehenerregenden Verhaftungen. 2023 veröffentlichte das Bundesamt für Polizei eine Karte mit über 30 Schweizer Ortschaften, in denen die Mafia präsent ist.
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