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Jungen Firmen geht das Geld aus
Bundesrat verweigert Tausenden Unternehmen die Nothilfe

Erhält vom Staat Rechnungen, aber keine Hilfe: Maximilian Baumann, Mitinhaber des Zürcher Restaurants Sõko.
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Maximilian Baumann konnte es kaum glauben, als er am Mittwoch per Live-Stream die bundesrätliche Medienkonferenz verfolgte. Eine halbe Stunde lang redeten Bundespräsident Guy Parmelin, Finanzminister Ueli Maurer und Gesundheitsminister Alain Berset über die Lockerungspläne des Bundesrats und über die milliardenhohen Finanzspritzen für die Härtefälle.

Kein Wort sagten sie aber zu jenen Unternehmen, die erst nach dem 1. März 2020 gegründet worden sind und darum kein Anrecht auf Härtefallgelder haben. Zu ihnen gehört das Zürcher Restaurant Sõko, das Maximilian Baumann zusammen mit einem Geschäftspartner betreibt. Sie erhalten weiterhin keinen Rappen Unterstützung, obwohl der Bund aufgrund der Pandemie ihre Geschäftstätigkeit untersagt hat. Sprich: Der Bund lässt sie im Stich.

6000 Firmen fallen zwischen Stuhl und Bank

Vor zwei Wochen hatte die «SonntagsZeitung berichtet», dass den beiden Unternehmern bald das Geld ausgeht, wenn die Nothilfe nicht kommt. Baumanns Reaktion auf den Nichtentscheid des Bundesrats fällt darum harsch aus. Er sagt: «Mir kam fast das Kotzen. Ich habe die ganze Medienkonferenz geschaut und immer darauf gewartet, dass sie endlich etwas zu den neu gegründeten Firmen sagen. Aber es kam nichts.»

Betroffen sind schätzungsweise 6000 Unternehmen im Gastgewerbe, im Fachhandel, im Sport-, Event- und Kulturbereich, die erst nach dem 1. März 2020 im Handelsregister eingetragen wurden. Sie fallen weiterhin zwischen Stuhl und Bank. Im Verordnungsentwurf, den der Bundesrat am Mittwoch in die Vernehmlassung geschickt hat, sind sie nicht berücksichtigt. «Für Härtefallentschädigungen gilt nach wie vor der Gründungszeitpunkt vor 1. März 2020», bestätigt das Eidgenössische Finanzdepartment.

«Der Bundesrat nimmt offenbar den Tod Tausender junger Firmen in Kauf.»

Maximilian Baumann, Unternehmer

Finanzminister Ueli Maurer räumte an der Medienkonferenz ein, kleine Unternehmen müssten zum Teil Geld bei Verwandten holen, weil sie keine Reserven hätten. «Das macht mir schon etwas Sorge», sagte er. Aber der Staat könne nicht alles machen.

Bei Maximilian Baumann kommen diese Worte nicht gut an. Er sagt: «Der Bundesrat nimmt offenbar den Tod Tausender junger Firmen in Kauf.»

Maurer kündigte Hilfe an – nun kommt sie doch nicht

Dabei hatte Finanzminister Ueli Maurer am 27. Januar auf eine Frage dieser Zeitung, ob und wann der Bundesrat den neu gegründeten Firmen helfen wolle, noch gesagt: «Das ist eine Frage, die wir im Moment prüfen.» Aus seinem Umfeld verlautete damals, der Bundesrat habe das Problem dieser Firmen erkannt und werde zügig handeln. In einer der nächsten Botschaften werde das Ergebnis der Prüfung bekannt gegeben.

Die betroffenen Unternehmer schöpften darum Hoffnung, dass die diskriminierende Klausel in wenigen Wochen weg ist. Am Mittwoch kam ihnen der Bundesrat nicht entgegen. Doch ein bisschen weiterhoffen können sie. Denn die Aussagen von Ueli Maurer seien weiterhin zutreffend, sagt sein Sprecher. «Verschiedene Umsetzungsfragen der Härtefallmassnahmen werden geprüft, bis die Verordnung dem Bundesrat voraussichtlich am 5. März vorgelegt wird.»

Schnell ist der Staat nur beim Verschicken von Steuerrechnungen

Für Maximilian Baumann wird es aber eng. Er kann sein Unternehmen nur noch über Wasser halten, weil er und sein Geschäftspartner sich seit Dezember keinen Eigenlohn auszahlen. Und weil ihnen ihre Vermieterin entgegengekommen ist und auf zwei Drittel der Miete verzichtet. Das Restaurant erzielt zudem noch einen geringen Umsatz mit dem Take-away-Dienst, den die beiden Unternehmer sofort aufgezogen haben.

Weil die Hilfe des Staates ausbleibt, genügt das nun aber nicht mehr. Denn laufend schneien bei Baumann neue Rechnungen herein, die er begleichen muss. Zum Beispiel eine Versicherungsrechnung über 3000 Franken. Und vor wenigen Tagen eine Mehrwertsteuer-Rechnung über 15’000 Franken. Der Staat ist also langsam bei der Nothilfe, aber rasch, wenn es um das Einkassieren geht.

Baumann hat nun von seiner Familie ein Darlehen erhalten, damit sein Restaurant überlebt. «Bis Mitte März reichen die Reserven des Unternehmens noch», sagt er, «dann beginnen wir, das Darlehen anzubrauchen.»

Gewerbeverband kritisiert Diskriminierung junger Unternehmen

Mit der 1.-März-Klausel wollte der Bundesrat wohl Schlaumeier bestrafen, die im vergangenen Frühling eigens eine Firma gegründet haben, um vom ersten Staatshilfe-Paket zu profitieren. Doch die Mehrzahl fällt nicht unter diese Kategorie, sondern betroffen sind zumeist seriöse Unternehmen. Darunter auch all jene Betriebe, die nach dem 1. März 2020 Fusionen, Restrukturierungen, Mantelübertragungen und Ähnliches durchgeführt und nur darum eine neue Firma im Handelsregister eingetragen haben.

Der Ausschluss der neu gegründeten Firmen sei «eine unbegründete Schlechterstellung», hatte darum der Gewerbeverband schon Mitte Januar kritisiert. «Die Verordnung hat keinen gesetzlichen Auftrag, zwischen bestehenden und neuen Unternehmen zu diskriminieren.» Am 15. Januar hatte der Verband einen geharnischten Brief an SVP-Finanzminister Ueli Maurer gesandt. Darin forderte er, es brauche «dringende Korrekturen und Anpassungen an diesen Entschädigungsinstrumenten».