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Fifa-Geheimtreffen
Bundesgericht bestätigt rote Karte gegen Bundesanwalt

Ihm wird Befangenheit vorgeworfen: Bundesanwalt Michael Lauber
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Michael Lauber und seine Bundesanwaltschaft blitzen mit Beschwerden vor dem Bundesgericht ab. Damit gelten der Bundesanwalt und zwei seiner ehemaligen Topermittler im Fussballbereich in einem Fifa-Strafverfahren definitiv als befangen. Lauber hatte sich durch alle Instanzen dagegen gewehrt – ohne Erfolg.

Grund für die Befangenheit sind die Geheimtreffen und Kontakte des Chefs der Bundesanwaltschaft und seiner Mitarbeiter mit Fifa-Vertretern wie Präsident Gianni Infantino. Lauber ist wegen der nicht protokollierten Zusammenkünfte von seiner Aufsichtsbehörde harsch kritisiert und mit einer Lohnreduktion diszipliniert worden. Auch dagegen will sich der Bundesanwalt gerichtlich wehren, wie die Zeitungen von CH Media kürzlich berichtet haben.

Verschiedene Politiker haben eine Absetzung Laubers gefordert. Allerdings hatte die Bundesversammlung den Bundesanwalt letzten Herbst im Wissen um die Vorwürfe für vier Jahre wiedergewählt, wenn auch knapp. Mit dem nun definitiv gewordenen Befangenheitsentscheid dürften die Absetzungsforderungen Aufwind erhalten.

Lauber sah Richter als befangen

Das Bundesgericht geht in zwei am Donnerstagmittag publizierten Entscheiden nicht konkret auf die umstrittenen Geheimtreffen zwischen Bundesanwaltschaft und Fifa ein. Vielmehr stützen die Lausanner Richter die Nichteintretensentscheide der Vorinstanz, dem Bundesstrafgericht in Bellinzona.

Lauber hatte erfolglos geltend gemacht, dass einer der Bundesstrafrichter, der ihn für befangen erklärt hatte, selber befangen sei. Gemäss dem damaligen Ständerat Claude Janiak (SP, BL) hatte sich Bundesstrafrichter Giorgio Bomio an einem SP-Anlass negativ über den Bundesanwalt («nicht wiederwählbar») und die Zustände bei der Bundesanwaltschaft («unhaltbar») geäussert.

Lauber scheiterte in Bellinzona und nun in Lausanne aus formellen Gründen. Revisionsgesuche können laut dem Bundesgericht nur nach rechtskräftigen materiellen Sachurteilen, zum Beispiel einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe, eingereicht werden.

Verfahren in Luft aufgelöst

Mit dem Entscheid aus Lausanne haben sich zwei ehemalige Fifa-Topleute nun endgültig gegen die Bundesanwaltschaft durchgesetzt. Der ehemalige Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke und der ehemalige Fifa-Finanzchef Markus Kattner waren wegen des Vorwurfs der ungetreuen Geschäftsbesorgung in das Visier der Justiz geraten. Der ursprüngliche Verdacht: Sie sollen sich missbräuchlich hohe Löhne und Boni zugeschanzt haben. Ende Februar 2020 kam es aber laut der «NZZ am Sonntag» zur faktischen Auflösung des Strafverfahrens gegen die beiden langjährigen Funktionäre: Die Bundesanwaltschaft musste alle Verfahrensschritte aufheben, wie sie nun bestätigt. Das Verfahren sei «auf den Stand von vor der Verfahrenseröffnung zurückgesetzt» worden, schreibt sie. Das ist bei Befangenheit so vorgesehen.

Ob das Verfahren nun noch einmal neu aufgerollt wird, gibt die Bundesanwaltschaft nicht bekannt. In einer schriftlichen Stellungnahme spielt sie die Bedeutung der Befangenheitsentscheide herunter: «Da der Bundesanwalt selber keine Verfahren leitet und/oder Verfahrenshandlungen vornimmt, hatte sein Ausstand keine Auswirkungen auf dieses oder andere Strafverfahren.» Das nun aufgelöste Verfahren um Kattner und Valcke sei bereits nach den Entscheiden des Bundesstrafgerichts vom letzten Sommer einem neuen Verfahrensleiter übertragen worden.

Jérôme Valcke, der über ein Jahrzehnt die rechte Hand von Fifa-Präsident Sepp Blatter war, ist allerdings noch nicht aus dem Schneider. Die Bundesanwaltschaft hat ihn in einem anderen Fall wegen passiver Bestechung angeklagt. Ebenfalls beschuldigt ist in diesem Fall der mächtige Katarer Nasser al-Khelaifi, der den Fussballclub Paris Saint-Germain präsidiert. Die beiden Angeklagten bestreiten, soweit bekannt, die Vorwürfe. In diesem Verfahren hat die Fifa der Bundesanwaltschaft einen Strich durch die Rechnung gemacht, indem sie ihre Anzeige plötzlich zurückzog. Damit waren die härtesten Vorwürfe gegen Valcke und al-Khelaifi nach mehrjährigen Ermittlungen wieder vom Tisch.

Auch Sommermärchen-Fall wohl tot

Kein direkten Auswirkungen haben die neuen Lausanner Entscheide auf das hängige Betrugsverfahren im Zusammenhang mit der Fussball-WM 2006 in Deutschland. Doch die Gerichtsverhandlung dazu, die in Bellinzona just zum Ausbruch der Corona-Krise in der Schweiz eröffnet wurde, scheitert höchstwahrscheinlich ohnehin.

Das Bundesstrafgericht hat das Verfahren bis mindestens 20. April 2020 sistiert, als der Bundesrat bis zu diesem Datum Massnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 erliess. Denn die drei deutschen Angeklagten dürften damit momentan gar nicht zum Prozess in die Schweiz einreisen. Am Mittwoch hat der Bundesrat die Corona-Massnahmen nun um eine Woche verlängert, bis zum 26. April. Bereits am Tag darauf, am 27. April, verjähren die Vorwürfe zur Fussball-WM 2006, wenn kein Urteil vorliegt.