Ticker zum Bürgenstock-GipfelKreml redet Schweizer Friedenskonferenz weiter schlecht | Nidwaldner Polizei zieht Bilanz: Störmanöver vor allem im Cyberraum
Die hochrangige Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock endet mit einer Abschlusserklärung – die nicht alle Teilnehmer unterzeichneten. Als gescheitert will Amherd den Friedensgipfel aber nicht bezeichnen.
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Das Wichtigste in Kürze
Der zweitägige Gipfel auf dem Bürgenstock ist mit einer Abschlusserklärung am Sonntag zu Ende gegangen.
92 Staaten und internationale Organisationen haben daran teilgenommen. 84 haben sich im Vorfeld bereit erklärt, die gemeinsame Schlusserklärung zu unterzeichnen. Am Ende waren es nur 80.
Die Erklärung verlangt, dass das von Russland besetzte AKW Saporischschja geschützt wird.
Zudem setzen sich die 80 Staaten für ungehinderte Getreideexporte aus der Ukraine ein, die gerade für arme Länder etwa in Afrika von grosser Wichtigkeit sind.
Bundespräsidentin Viola Amherd würdigte die Bekundung als starkes Zeichen der internationalen Gemeinschaft für einen Frieden, der auf internationalem Recht und der UNO-Charta basiert.
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Rundgang auf dem Bürgenstock

Dutzende Journalisten werden am Nachmittag durch die Grenzen der Sicherheitszone geführt. In der Turnhalle der Primarschule Obbürgen sind acht Akkreditierungsschalter installiert, wo sich die Anwohnenden der roten Zone seit Samstag ihren Zugangsbadge ins Gelände holen können. «Jede und jeder muss persönlich vorbeikommen und sich ausweisen», sagt Einsatzleiter Stephan Grieder von der Kantonspolizei Nidwalden. Auch sämtliche Fahrzeuge müssen registriert und mit einem entsprechenden Sticker gekennzeichnet werden.
Medienkonferenz verpasst? Hier kommt die Zusammenfassung
Die Schweiz ist bereit für die Ukraine-Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock NW. Sie versucht, mit dem Anlass eine Dynamik für einen Friedensprozess zu schaffen. Mit diesen Botschaften sind Bundespräsidentin Viola Amherd und Aussenminister Ignazio Cassis am Montag in Bern vor die Medien getreten.
Amherd sagte an der Konferenz zum Stand der Vorbereitungen, bisher hätten sich neunzig Staaten und Organisationen für die Konferenz vom kommenden Wochenende im Kanton Nidwalden angemeldet. Die Hälfte der angemeldeten Delegationen kämen aus Europa und Nordamerika, die andere Hälfte aus anderen Kontinenten. Erst am Freitag werde wirklich klar, wer komme.
Cassis kämpft für Teilnahme Russlands
«Die Sicherheitsmassnahmen sind auf Kurs», sagte die Nidwaldner Justiz- und Sicherheitsdirektorin Karin Kayser-Frutschi. Das Zusammenspiel zwischen der Nidwaldner Kantonspolizei und den Partnern des Bundes laufe gut, führte der Kommandant der dortigen Kantonspolizei, Stephan Grieder, aus.
Cassis sagte, er werde bis am Vorabend der Konferenz für die Teilnahme Russland kämpfen. Realistisch sei dieses Vorhaben aber kaum. Dass Russland nicht offiziell eingeladen worden sei, sei der Kombination zweier Elemente zuzuschreiben: Einerseits der klar ablehnenden Stellungnahme Russlands, andererseits der Ukraine, welche noch nicht bereit sei, Russland teilnehmen zu lassen. Ziel sei es, Russland an einer nächsten Konferenz dabei zu haben, für die das Treffen auf dem Bürgenstock die Vorarbeit leisten soll. Denn ohne Russland gehe es nicht; das sei klar.
Drei Teilziele
Auf drei Teilziele hat die Schweiz das übergeordnete Ziel, in der Ukraine einen Frieden zu erreichen, aufgeteilt. Ziel eins ist, auf dem Bürgenstock eine Plattform für den Dialog über Wege zu einem umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden für die Ukraine auf der Grundlage des Völkerrechts und der Uno-Charta zu bieten.
Zweitens soll an der Konferenz ein gemeinsames Verständnis für einen möglichen Rahmen zur Erreichung dieses Ziels entwickelt werden. Drittens soll ein Fahrplan festgelegt werden, wie beide Parteien in einen künftigen Friedensprozess eingebunden werden können. Amherd sagte, sie höre aus anderen Ländern immer wieder Lob für diese Initiative der Schweiz.
Mit offener Kommunikation gegen Störmanöver
Gegen Störmanöver gegen die Konferenz, beispielsweise Desinformationskampagnen, gehe die Schweiz mit offener und rascher Kommunikation vor, so Amherd weiter. Wichtig sei, korrekt und schnell zu informieren, damit auch die korrekten Informationen zu den Leuten kämen. (SDA/JAW)
Die Medienkonferenz ist zu Ende
Amherds Sprecher Renato Kalbermatten schliesst die Medienkonferenz.
Schlusserklärung ist «in Konsultation»
Was in der Schlusserklärung stehen werde, könne man noch nicht sagen. «Sie ist derzeit in Konsultation» bei den teilnehmenden Staaten, sagt Cassis. Jeden Tag gebe es «einen Schritt vorwärts und zwei zurück oder zwei vorwärts und einen zurück».
Was ist mit Indien und Brasilien?
Auf welcher Ebene Indien vertreten sein wird, kann oder will Cassis nicht sagen. Er betont, dass der indische Premier Modi die Konferenz öffentlich unterstützt habe. Derzeit sei Modi aber in Indien nach den Wahlen mit der Koalitionsbildung beschäftigt. Da könne man verstehen, wenn die Priorität Indiens derzeit bei der Innenpolitik liege. Aber wer genau aus Indien komme, werde man erst später sagen können.
Im Falle von Brasilien liege der Fall anders. Die dortige Regierung habe von Anfang an gesagt, dass sie nicht dabei sei, wenn Russland nicht dabei sei.
Um die Teilnahme von Indien und Brasilien und weiterer sogenannter BRICS-Staaten hat die Schweiz intensiv geworben, damit nicht nur westliche Ukraine-Freunde am Gipfel vertreten sind.
Verhandlungen über eine Folgekonferenz
Im Moment werde mit anderen Ländern darüber diskutiert und verhandelt, ob und wo es eine zweite Konferenz geben werde, sagt Cassis. Er könne darüber aber nichts genaueres sagen.
Schweiz muss Cyberattacken «parieren»
Es habe im Vorfeld eine «Intensivierung» von Cyberattacken gegen die Schweiz gegeben, sagt Amherd. «Die genauen Zahlen sagen wir nicht». Bis anhin seien aber alle Angriffe so gewesen, «dass wir sie gut parieren konnten», sagt Amherd.
Ziel: einstimmige Schlusserklärung
Das ideale Ergebnis der Konferenz wäre, einstimmig eine Schlusserklärung zu verabschieden. Falls dies nicht gelinge, werde die Schweiz möglicherweise als Gastgeberin eine präsidiale Erklärung veröffentlichen.
«Wir hätten die Ukraine verloren»
Warum hat die Schweiz Russland nicht einfach eingeladen? Falls Russland abgesagt hätte, wäre es ihre Verantwortung gewesen. Nun aber sehe sich die Schweiz dem Vorwurf ausgesetzt, Russland gar nicht eingeladen zu haben, fragt ein Journalist. Cassis sagt: «Wir hätten die Ukraine verloren, wenn wir Russland eingeladen hätten.» Zudem habe ihm der russische Aussenminister Lawrow schon sehr früh gesagt, dass es kein Interesse habe. Falls Russland wider Erwarten doch angenommen hätte, wäre das «inkompatibel mit der Ukraine gewesen». Es sei der Schweiz nicht gelungen, hier einen gemeinsamen Nenner herzustellen.
China kommt nicht, weil Russland nicht kommt
In der exploratorischen Phase bis Mitte April sei China sehr interessiert gewesen und habe die Schweiz bei der Vorbereitung auch unterstützt. Für China sei die Einladung Russlands aber zentral gewesen. «Sie sagten sehr klar: Wir können nicht kommen, wenn Russland nicht dabei ist.» Man sei aber weiterhin in Kontakt mit China. «Aber eine Teilnahme Chinas scheint schwierig.»
Zwei Gründe für Nichtteilnahme Russlands
Die Nichteinladung Russland sei eine Kombination von zwei Elementen, sagt Cassis. Zum einen habe Russland bereits gesagt, es sei nicht an einer Teilnahme interessiert, noch bevor überhaupt die Einladungen vrschickt worden seien. Zum anderen sei die Ukraine nicht bereit gewesen, Russland «bei der Stunde Null» dieses Friedensprozesses dabei zu haben.
Cassis: Teilnehmerliste kommt am Freitagabend
Die Teilnehmerliste ändere jeden Tag, sagt Cassis. Die definitive Liste werde am Freitagabend veröffentlich werden.
Nur die Hälfte der Staaten durch Staatschefs vertreten
Rund die Hälfte der teilnehmenden Staaten seien auf Ebene Staats- oder Regierungschef vertreten, der Rest auf Ministerebene. Aber erst am Freitagabend werde man sicher wissen, wer alles komme, sagt Amherd.
«Kein Frieden ohne Russland»
«Es gibt keinen Friedensprozess ohne Russland», sagt Cassis. Aber es sei offen, wann Russland involviert werde. «Die Frage ist nicht, ob Russland dabei ist, sondern ab wann.» Sicher sei aber, dass es «einen zweiten Schritt» auf diesem Prozess brauche. Man stehe deswegen mit anderen Staaten in Konrakt.
Cassis: Dynamik lancieren
Jetzt kommen die Fragen der Journalistinnen und Journalisten. Ein Journalist fragt, ob die Ukraine wirklich zufrieden sei mit dem Schritt-für-Schritt-Ansatz, den die Schweiz für den Friedenprozess gewählt habe. «Es gibt nichts, was weniger gewiss ist als eine Konferenz über den Frieden.» Bevor man angefangen habe, könne man nicht wissen, was herauskommen werde, sagt Cassis. Man müsse das «dedramatisieren». Bisher gebe es auf der ganzen Erde «keine Dynamik» für einen Frieden. Ziel sei, am Samstag und Sonntag eine solche Dynamik zu lancieren, so Cassis.
4000 Soldaten im Einsatz
«Die Armee unterstützt die verantwortlichen zivilen Stellen», sagt Divisionär Daniel Keller, der Kommandant der Territorialregion 2. Er kommandiert den militärischen Teil des Einsatzes. Der Bundesrat hat beschlossen, dass bis 4000 Armeeangehörige in den Einsatz dürfen. «Meine Division kennt die Region und die Leute und wir sind für solche Einsätze ausgebildet», sagt Keller. Die Truppen seien bereits eingerückt und hätten eine «einsatzorientierte Ausbildung» absolviert. Die Schweizer Armee sei dort, wo es sie brauche.
Grosse Einschränkungen für Bevölkerung
Der Zugang zum Bürgenstock werde vor und während der Konferenz überwacht. Das bedinge eine strenge Zutrittskontrolle für alle Anwohnenden in der Sperrzone. Die Bevölkerung werde durch Einschränkungen betroffen sein. Dies sei jedoch unumgänglich, sagt Grieder. «Sämtliche Anwohnenden in der Sicherheitszone können dort wohnen bleiben und ihrer Arbeit nachgehen.»
Sicherheitsmassnahmen «auf Kurs»
Die Vorbereitungen zur Sicherheit der Konferenz seien «auf Kurs», sagt der Nidwaldner Polizeikommandant Stephan Grieder, der den Einsatz zum Schutz der Konferenz leiten wird. Die Nidwaldner Polizei könne einen solchen Einsatz aber «nicht alleine stemmen». Die Zusammenarbeit mit den anderen Polizeikorps und den Organen des Bundes funktioniere sehr gut.
Nidwalden stellt sich der Verantwortung
Niwalden sei stolz, diese Konferenz zu beherbergn, sagt die Nidwaldner Regierungsrätin Karin Kayser-Frutschi. «Als Standortkanton steht Nidwalden automatisch in der Verantwortung für die Sicherheit». Nidwalden habe «diese Herausforderung angenommen». Das Zusammenspiel von Polizei mit den Sicherheitsorganisationen des Bundes habe von Beginn weg sehr gut funktioniert.
Bürgenstock nur ein erster Schritt
Der Bürgenstock sei nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einem Frieden. «Sie ist der Beginn eines Prozesses, von dem wir hoffen, dass er uns zum Frieden führt», sagt Cassis. Es gehe darum, «das Leiden von Millionen von Opfern zu beenden».
red
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