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Briten über US-Wahlen
Boris Johnson hofft auf eine Rückkehr Trumps

BIARRITZ, FRANCE - AUGUST 25: U.S. President Donald Trump and Britain's Prime Minister Boris Johnson arrive for a bilateral meeting during the G7 summit on August 25, 2019 in Biarritz, France. The French southwestern seaside resort of Biarritz is hosting the 45th G7 summit from August 24 to 26. High on the agenda will be the climate emergency, the US-China trade war, Britain's departure from the EU, and emergency talks on the Amazon wildfire crisis. (Photo by Stefan Rousseau - Pool/Getty Images)
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Boris Johnson findet, dass seine Landsleute allen Grund haben, sich auf eine zweite Präsidentschaft Donald Trumps zu freuen. Eine neue Amtszeit für Trump, glaubt der Ex-Premier, könne letztlich «ein grosser Gewinn sein für die Welt».

Zwar schätzt Johnson das Verhalten Trumps während des Sturms aufs Capitol am 6. Januar 2021 als «entsetzlichen Fehler» ein – Trump hätte damals «den Wählerentscheid mit Anstand akzeptieren sollen». Aber das heisse nicht, dass man einer zweiten Amtszeit Donald Trumps ablehnend gegenüberstehen müsse, meint der Brite, dessen erstes Jahr in Downing Street mit dem letzten Jahr Trumps im Weissen Haus zusammenfiel. Den kleinen «Britannien-Trump» nannte der frühere US-Präsident Johnson damals gönnerhaft. «Eine neue Trump-Präsidentschaft», meint Johnson, «könnte genau das sein, was die Welt jetzt braucht.»

Ex-Berater von Theresa May befürchtet Chaos

Etwas anders sehen das andere Politiker und Diplomaten in London, die Erfahrungen mit Trump gemacht haben. Lord Barwell, seinerzeit Stabschef der Johnson-Vorgängerin Theresa May, warnt seine Mitbürgerinnen und Mitbürger bereits, sie müssten sich auf jede Menge «Chaos» und womöglich auf «innere Unruhen in den USA» vorbereiten, wenn es Trump wirklich zurück ins Weisse Haus schaffe in diesem Herbst.

Bei der Aussicht, dass Donald Trump die alten Nato-Bande kappen und der Ukraine alle Unterstützung versagen würde und dass es zu neuen Handelskriegen kommen könnte, müssten schon jetzt «alle Alarmglocken schrillen», hat Barwell gesagt.

Bis weit hinein in alle grossen britischen Parteien hat sich Nervosität breitgemacht nach den republikanischen Vorwahlen in Iowa und New Hampshire. Konservative, Labour-Leute und Liberaldemokraten fragen sich gleichermassen, was ein Trump-Sieg für ihr Land und für die britische Politik bedeuten würde.

Rishi Sunak hält sich zurück

Rishi Sunaks Torys fühlen sich Trump zum Beispiel verbunden in ihrer harten Haltung in der Migrationsfrage (lesen Sie hier einen Bericht zu Sunaks Migrationspolitik), haben aber wenig Sympathien für dessen fragwürdiges Verhältnis zur Demokratie und für seine oft beunruhigenden Kommentare. Premier Sunak hält sich seinerseits mit Kommentaren zu Trump vorsichtig zurück.

Oppositionsführer Keir Starmer, der Vorsitzende der Labour Party, in dem seine Mitbürger den nächsten britischen Regierungschef sehen, findet sich in einem besonderen Dilemma. Er hat in der Vergangenheit kein Geheimnis daraus gemacht, dass er Joe Biden gern wieder im Amt sehen will.

Starmer: «We have to make it work»

Andererseits kann sich ein potenzieller Premier eine Konfrontation mit dem wichtigsten Verbündeten Grossbritanniens natürlich nicht leisten. Also betont Starmer nun ein aufs andere Mal: «We have to make it work», wir müssen dafür sorgen, dass es läuft.

Genauso formuliert es Labours aussenpolitischer Sprecher David Lammy, der nach einem Wahlsieg Labours höchstwahrscheinlich neuer britischer Aussenminister wäre. Freilich ist derselbe David Lammy 2018 noch bei einer Anti-Trump-Demo in London mitmarschiert. Er hat den damaligen US-Präsidenten mehrfach als «frauenhassenden, mit den Neonazis sympathisierenden Soziopathen» bezeichnet.

Ein Problem ist für beide politischen Lager in London auch der Zeitpunkt der Präsidentschaftswahlen. Denn Sunak muss noch vor Ende des Jahres seinerseits Neuwahlen fürs Unterhaus ausschreiben.

Und als wahrscheinlichster Wahltag wird in Westminster gegenwärtig der 14. November genannt. Da die US-Wahlen aber neun Tage vor diesem Datum stattfinden, würden sie die britischen Wahlen hoffnungslos überschatten – und, mit Trumps spektakulären Parolen und Winkelzügen und allen Augen auf Washington, weithin ablenken von einer sachbezogenen Debatte im Vereinigten Königreich.

Alle britischen Parteien müssten jedenfalls schon jetzt die Konsequenzen eines neuen Trump-Triumphs gründlich überdenken, urteilte am Donnerstag in ihrem Leitartikel Londons Financial Times. 2016 hätten die Verbündeten Washingtons noch «mit Bestürzung und Schock» reagieren können: «Eine solche Entschuldigung gibt es diesmal nicht mehr, wenn Trump im November wieder gewinnt.» Eine Labour-Regierung werde sich ausserdem unter gehörigem Druck finden, wieder enger mit den europäischen Nachbarn zusammenzuarbeiten, als es seit Brexit der Fall gewesen ist, meinte die FT.

Nigel Farage frohlockt

Einem britischen Politiker wäre ein Erfolg Trumps besonders recht. Der frühere Ukip-Chef Nigel Farage, der heute erneut eine zentrale Rolle spielt auf dem rechtsnationalen Flügel der britischen Politik, beeindruckte Trump schon 2016 in seiner Rolle als Super-Brexiteer.

Bei einem Vorwahlauftritt Trumps in Iowa, bei dem Farage in der ersten Reihe sitzen durfte, bedachte der Amerikaner den Gast aus England mit verbalen Streicheleinheiten. Der «schmucke Knabe» im Nadelstreifenanzug habe ihn immerhin «vom ersten Tag an unterstützt», teilte der Präsidentschaftsanwärter seiner Anhängerschaft grossmütig mit.

«Ich habe seit 2016 nie gewankt in der Überzeugung, dass die Welt sicherer ist mit Trump», revanchierte sich Farage. Als Ehrenvorsitzender der rechtsnationalen Reform Party in Grossbritannien hofft Farage darauf, dass das Trump-Revival dieses Jahr auch der britischen Rechten zugutekommt.

Vor allem hofft Nigel Farage aber darauf, Trump für exklusive Interviews mit dem britischen Fernsehsender GBNews zu gewinnen, dessen prominentester Moderator er ist – und dem er im Zuge der Präsidentschaftswahlen gern eine Basis auch in den USA verschaffen würde. Als weiterer Moderator des Senders soll in Kürze auch «Britannien-Trump» Boris Johnson starten. Eine Welle der Nostalgie und der Zuversicht hat Trumps Feldzug schon jetzt auf der politischen Rechten der Insel ausgelöst.