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Putsch in Bolivien
Der Präsident, vor dem der Putsch­general kuscht

Bolivian President Luis Arce (C) talks from the balcony of the Government Palace in La Paz on June 26, 2024. Bolivian President Luis Arce on Wednesday slammed an attempted "coup d'etat" after soldiers and tanks deployed outside government buildings and tried to knock down a door of the presidential palace, before pulling back. (Photo by AIZAR RALDES / AFP)
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Die Szene, in der sich die jüngste politische Krise Boliviens verdichtet, ist jetzt auf Handyvideos zu sehen. Luis Arce, 60 Jahre alt, Ökonom und Staatspräsident, tritt General Juan José Zúñiga entgegen; wie zwei Blöcke stehen sich die schwer bewaffneten Militärpolizisten in Zúñigas Gefolge und Arces Begleiter, Männer und Frauen in Zivil, in einem Durchgang des alten Regierungspalasts gegenüber. Arce trägt eine schwarze Steppjacke, er hebt den Zeigefinger, und er herrscht den General an: «Ich bin Ihr Anführer, und ich befehle Ihnen, Ihre Soldaten zurückzuziehen!»

Sehr gern wüsste man, was dem Staatspräsidenten jetzt, nach dem Aufstand der Soldaten, durch den Kopf geht. Bei seinen öffentlichen Auftritten wirkt er gefasst, und sein Plan ist fürs Erste aufgegangen: Die Soldaten kehrten noch am Mittwoch in ihre Kasernen zurück, der Putschgeneral wurde verhaftet. Zugleich aber wird sich Luis Arce nun fragen, ob der Aufstand der Soldaten vielleicht nur ein Vorspiel war; ob das Chaos der Vergangenheit nun wieder hervorbricht.

Dass Bolivien Erfahrung hat mit chaotischen politischen Zuständen, darauf verweist schon der Beiname des alten Regierungspalasts, wo die Soldaten und Arces Gefolgsleute nun aufeinanderprallten. Die Bolivianer nennen ihn «Palacio Quemado», verbrannter Palast, weil ein Mob das Gebäude im 19. Jahrhundert mit Fackeln angezündet hatte. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts folgte eine Serie von Militärdiktaturen, während derer sich die Generäle immer wieder gegenseitig die Macht aus den Händen putschten.

Morales, der Wiedergänger

2020 war Arce Präsident geworden, und die Bolivianer hatten eigentlich gehofft, dass mit ihm die guten Zeiten zurückkommen würden. Die guten Zeiten, das waren die Jahre nach 2006, als Evo Morales, der erste indigene Präsident in der Geschichte des Landes, regierte. Die Rohstoffpreise am Weltmarkt boomten damals, die Staatseinnahmen sprudelten. Luis Arce, der heutige Präsident, war am Aufschwung massgeblich beteiligt: Er diente Morales viele Jahre als Finanz- und Wirtschaftsminister.

Doch die Unruhe kehrte zurück, als Morales sich weigerte, nach zwei Amtszeiten aus dem Präsidentenamt zu scheiden, so wie es die Verfassung eigentlich vorsieht. Es folgte eine Zeit der politischen Wirren und gewaltsamen Proteste, ehe Arce die Wahl von 2020 gewann. Der Krise aber wurde er seither nie wirklich Herr; die Wirtschaft kommt nach der Pandemie nicht mehr in Schwung, die Lebensmittelpreise sind gestiegen, Benzin ist knapp. Und der politische Wiedergänger Evo Morales, mit dem Arce inzwischen heillos zerstritten ist, hat angekündigt, bei der Präsidentenwahl 2025 anzutreten. In diesem Klima dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis der nächste Aufstand losbricht.