Kommentar zur KohäsionsmilliardeBlamage für das Parlament
Das Parlament wollte die EU in die Schranken weisen – und ist kläglich gescheitert.
Nach langem Hin und Her hat das Parlament diese Woche die zweite Kohäsionsmilliarde für die EU freigegeben. Damit haben National- und Ständerat ein Kräftemessen mit der Union verloren, auf das sie sich in einem Anflug von Selbstüberschätzung vor zwei Jahren eingelassen hatten. Die bürgerliche Mehrheit hielt es für eine gute Idee, die Gelder als Druckmittel zu benutzen: Das Parlament knüpfte die Zahlung an die Bedingung, dass die EU auf diskriminierende Massnahmen verzichtet. Das sei Ausdruck eines legitimen Selbstbewusstseins, sagten FDP- und Mitte-Vertreter damals.
Die EU, aus deren Sicht die Kohäsionsmilliarde seit Jahren geschuldet ist, zeigte sich wenig beeindruckt. Stattdessen machte sie selber Druck, blockierte die Anpassung eines Abkommens über Medizinalprodukte und schloss die Schweiz aus der Forschungszusammenarbeit aus.
Um weiteren Schaden abzuwenden, blieb dem Parlament am Ende nichts anderes übrig, als eine Blamage hinzunehmen und die Gelder bedingungslos freizugeben. Dies in der Hoffnung, dass die Schweiz wenigstens wieder an der Forschungszusammenarbeit teilnehmen darf. Eine Garantie dafür gibt es freilich nicht. Und damit nicht genug: Die EU macht deutlich, dass sie künftig regelmässige Zahlungen erwartet als Preis für die Teilnahme am Binnenmarkt.
Die Schweiz kann darüber erneut empörte Diskussionen führen – oder aber nüchtern abwägen, was ihr die Teilnahme am Binnenmarkt wert ist. Dabei sollte das Parlament die Relationen nicht aus den Augen verlieren. Die zweite Kohäsionsmilliarde umfasst 1,3 Milliarden Franken, die über zehn Jahre ausbezahlt werden sollen. Pro Jahr sind das 130 Millionen Franken. Kein Betrag, der die Schweiz ruinieren würde. Zum Vergleich: Die Corona-Tests kosten den Bund derzeit 50 Millionen Franken – pro Woche.
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