WährungsumtauschBald können ukrainische Flüchtlinge ihr Bargeld in Franken wechseln
Seit Wochen können Ukrainer im Ausland ihr Geld nicht umtauschen. Der Bund hat jetzt die SNB und das Finanzdepartement offiziell beauftragt, eine Lösung auszuarbeiten.

Zahlreiche der über 26’000 Ukrainerinnen und Ukrainer, die bislang in die Schweiz geflüchtet sind, haben ein Problem: Schweizer Banken nehmen ihr Bargeld nicht an, zumindest keine ukrainischen Griwni.
Für die Flüchtlinge sei das neben dem Krieg ein zusätzliches Desaster, sagt Sasha Volkov vom Ukrainischen Verein Schweiz: «Sie haben ihr Hab und Gut in der Heimat zurückgelassen, auch grosse Koffer fanden in den vollen Zügen keinen Platz. Viele kamen nur mit Bargeld – und können hier damit nichts kaufen. Damit haben sie nicht gerechnet.»
Immerhin: Wer ein Konto hat, kann auch in der Schweiz mit der Karte am Bancomaten Geld beziehen und auch Überweisungen tätigen. In der Ukraine herausgegebene Kreditkarten von American Express, Mastercard und Visa funktionieren ebenfalls ganz normal im Handel und können im Präsenzgeschäft, im Internet und für Bargeldbezüge verwendet werden.
«Manche fassen sich an den Kopf, dass sie ihr Geld vom Bankkonto abgehoben haben.»
«Manche fassen sich an den Kopf, dass sie ihr Geld vom Bankkonto abgehoben haben», sagt Volkov. Glück hatten jene Flüchtlinge, die mit Euro oder Dollar in der Tasche über die ukrainische Grenze flüchteten. Diese können sie überall gegen andere Währungen eintauschen.
Bald schon soll das auch mit ihrer Heimatwährung Griwna möglich sein. Der Bundesrat will es geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern ermöglichen, zumindest einen Teil ihres mitgebrachten Bargeldes in Schweizer Franken umzutauschen. Eine entsprechende Stellungnahme hat das Staatssekretariat für Finanzfragen am Mittwoch auf seiner Website veröffentlicht.
Bundesrat will noch im April entscheiden
Demnach hat der Bundesrat das Finanzdepartement offiziell beauftragt, zusammen mit der Nationalbank (SNB) einen Vorschlag zur Lösung des Problems auszuarbeiten. «Im Zentrum steht der Umtausch eines begrenzten Bargeldbetrags pro Person, der über ausgewählte Geschäftsbanken läuft», heisst es darin. Der Bundesrat werde noch in diesem Monat über das weitere Vorgehen entscheiden.
Damit folgt die Schweiz der EU. Die EU-Kommission hat am vergangenen Freitag einen Vorschlag präsentiert, wie Flüchtlinge ihre Griwni in EU-Ländern umtauschen können. Alle Geflüchteten sollen pro Person maximal 10’000 Griwni, umgerechnet 305 Euro, wechseln können.
Mögliche Szenarien?
Denkbar sind zwei Varianten. Bei der ersten, an die EU angelehnten könnte die SNB die Schweizer Banken auffordern, ukrainisches Bargeld entgegenzunehmen. Im Gegenzug garantiert sie ihnen, ihnen das ukrainische Geld abzukaufen und vorderhand zu lagern. Das Problem dabei ist, dass das ukrainische Geld wegen des Krieges stark an Wert verlieren wird und die SNB damit ein Verlustgeschäft macht. Daran hat sie kein Interesse. «Eine Lösung wäre, dass der Bund der SNB eine Garantie geben würden, den Verlust zu übernehmen – das wären dann die Steuerzahlerinnen und -zahler», sagt Geldökonom und Journalist Fabio Canetg.

Eine zweite Variante stellt er in seinem Podcast «Geldcast» zur Diskussion: Der Bund könnte so etwas wie eine Firma gründen, eine «Spezialgesellschaft» nennt er das. Der Bund würde dieser Gesellschaft Schweizer Franken vorschiessen, mit denen sie das ukrainische Bargeld der geflüchteten Menschen kaufen könnte. Damit die Spezialgesellschaft nicht extra Schalter eröffnen muss, würden die Banken den Umtausch übernehmen und dann das ukrainische Geld an die Spezialgesellschaft weiterverkaufen.
«Möglich wäre eine von der SNB verwaltete Spezialgesellschaft, ganz ähnlich wie das bei der Rettung der UBS 2008 der Fall war.»
«Die Spezialgesellschaft könnte von der SNB verwaltet werden, ganz ähnlich wie sie das schon einmal bei der Rettung der UBS im Jahr 2008 tat», sagt Canetg. Nach dem Krieg müsste die SNB dann direkt mit der ukrainischen Zentralbank verhandeln und sicherstellen, dass diese der Schweiz das ukrainische Bargeld gegen Dollar oder Euro zurückkauft.
Canetg hält die erste Variante einer Garantieleistung für wahrscheinlicher: «Es ist die einfachere Lösung, und man könnte Kanäle nutzen, die bereits bestehen.»
Warum können Ukrainerinnen ihr Geld nicht tauschen?
Schweizer Banken tauschen das ukrainische Bargeld nicht, weil sie damit nichts anfangen können. Die Griwna ist eine Binnenwährung und wegen des Krieges kaum handelbar. In normalen Zeiten würde das Bargeld von der ukrainischen Zentralbank in Kiew zurückgekauft. Dafür bekämen die Schweizer Banken Dollars und Euros zurück.
Aber wegen des Krieges gibt die ukrainische Zentralbank derzeit keine Euros und Dollars mehr aus. Sie spart die Devisen, um sie für wichtige Dinge wie Nahrungsmittel, Medikamente oder Waffen auszugeben. «Deshalb haben die Schweizer Banken berechtigte Zweifel, dass sie das ukrainische Geld nicht mehr loswerden», sagt Canetg.
Sind 10’000 Griwni genug?
Den Betrag von rund 10’000 Griwni, die pro Flüchtling jetzt in der EU vorgesehen sind – und an dem sich auch der künftige Vorschlag der SNB orientieren dürfte –, hält Sasha Volkov vom Ukrainerverein für angemessen: «Das wird für die meisten zur Überbrückung irgendwie reichen. Die Menschen brauchen nicht viel.»
Die Transport- und Wohnkosten seien erlassen, am grössten sei der Ausgabeposten für Lebensmittel: «Zudem erfahren die meisten Personen Unterstützung von Bekannten und bekommen auch Sozialhilfe, sobald sie den Schutzstatus S haben.» Mit dem begrenzten Betrag wollen die Banken verhindern, dass die Schweiz zu einem Umschlagplatz für Griwni wird.
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