Prioritäten im AussenhandelBidens Frau für den Handelskrieg
Katherine Tai, die neue Handelsbeauftragte der USA, will wie ihr Vorgänger unter Trump vor allem China in die Schranken weisen. Dabei stammt sie selbst aus in China. Gestützt wird sie auch von den Republikanern.
Es ist viel, was den neuen US-Präsidenten Joe Biden von seinem Vorgänger Donald Trump unterscheidet, aber nicht bei den Prioritäten im Aussenhandel. Das trifft besonders für den Handel mit China zu. An seiner ersten Pressekonferenz am Donnerstag hat Biden deutlich gemacht, dass er dem Reich im Fernen Osten Einhalt gebieten will. Selbst die von Trump eingeführten Zölle auf chinesische Güter belässt er in Kraft.
Eine entscheidende Rolle in Fragen des Aussenhandels kommt dem Handelsbeauftragten der Regierung zu. Trumps einstiger Mann auf diesem Posten, Robert Lighthizer, war so etwas wie das Gesicht von dessen Handelskrieg, und er hat das Vorgehen energisch vertreten.
Unter Joe Biden hat diese entscheidende Rolle neu Katherine Tai inne. Zum ersten Mal, seit der damalige Präsident John F. Kennedy das Amt im Jahr 1963 eingeführt hat, wird es damit durch eine Frau besetzt. Bemerkenswert ist auch die Herkunft der neuen Handelsbeauftragten: Sie kam 1974 in China als Tochter chinesischer Eltern zur Welt. Aufgewachsen ist sie in Taiwan und darauf in die USA emigriert, wo sie die US-Staatsbürgerschaft angenommen hat. Sie spricht fliessend Mandarin, die wichtigste Sprache Chinas.
Viel Erfahrung im Handelsstreit
Bevor Biden Katherine Tai dem Senat zur Wahl vorschlug, war sie in der amerikanischen Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Die Juristin mit einem Doktortitel der Eliteuniversität Harvard hat jedoch reichlich Erfahrung mit den Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China.
Schon unter der Regierung von Barack Obama war sie für dessen Handelsbeauftragten tätig und dort für China zuständig. Tai selbst hat ihre damalige Rolle so beschrieben: «Ich diente als Amerikas oberste Klägerin gegen Chinas unfaire Handelspraktiken.» Während der Präsidentschaft von Donald Trump arbeitete sie dann für das «House and Means Committee» – eine der wichtigsten Kommissionen des US-Parlaments – als Sachverständige für Aussenhandelsthemen.
«In Bezug auf den Aussenhandel ist meine wichtigste Erkenntnis aus den Erfahrungen der letzten dreieinhalb Jahre, dass die Trump-Administration nicht zu hundert Prozent falsch lag.»
Schliesslich gelang Tai, was in der US-Politik in diesen Tagen nur selten vorkommt: Sie konnte gleich beide gewöhnlich unversöhnlichen Parteien, die Demokraten von Joe Biden und Trumps Republikaner, von sich überzeugen. Ohne Gegenstimme wurde sie im Senat im neuen Amt bestätigt.
Das dürfte auch am erwähnten breiten Konsens der Parteien zu Fragen des Aussenhandels liegen. Die Demokratin Tai hat das so formuliert: «In Bezug auf den Aussenhandel ist meine wichtigste Erkenntnis aus den Erfahrungen der letzten dreieinhalb Jahre, dass die Trump-Administration nicht zu hundert Prozent falsch lag.»
Den Mangel an Trumps Handelspolitik sehen Tai und die neue Regierung weniger in den Absichten und Einschätzungen des Ex-Präsidenten als vielmehr darin, dass sich Trump mit seiner Geringschätzung der einstigen Verbündeten auf dem internationalen Parkett isoliert hat. Bei ihrer Bewerbungsrede vor dem Senat betonte Tai : «Ich weiss, wie wichtig es ist, eine geeinte Front der Verbündeten der USA zu schaffen.» Konsequenterweise hat sich Tai schon in ihren ersten Tagen im Amt um eine Verbesserung der Beziehung zu den Europäern bemüht und um eine Klärung der Handelsstreitigkeiten mit ihnen.
Die Interessen der US-Beschäftigten im Zentrum
Die einstige Ideologie, wonach ein freier Welthandel im Interesse aller ist, hat in den USA auch nach Trump an den Schalthebeln der Macht nicht mehr viele Anhängerinnen und Anhänger. Biden und seine Handelsbeauftragte Tai betonen, dass der Aussenhandel in erster Linie den Interessen der Beschäftigten in den USA zu dienen habe. «Die Beschäftigten in den Mittelpunkt der Handelspolitik stellen» lautet daher eine zentrale Maxime im 300 Seiten umfassenden Programm zum Aussenhandel. Das Interesse von Konsumentinnen und Konsumenten an günstigeren Preisen und einem verstärkten internationalen Wettbewerb hat im Verglich zu früher weit weniger Gewicht.
Die Skepsis gegenüber dem Freihandel erklärt sich auch durch die verbreitete Überzeugung, dass China das weltweite Freihandelssystem auf Kosten aller anderen ausgenutzt hat – vor allem auf Kosten der Beschäftigten in den USA. Trumps Wahlversprechen von 2016, das zu ändern, hat ihm damals vermutlich die Stimmenmehrheit verschafft. Auch deshalb stellen jetzt die Demokraten und ihre neue Handelsbeauftragte die US-Beschäftigten ins Zentrum ihrer Aussenhandelspolitik.
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