Anleger um Millionen gebrachtZürcher Bezirksgericht schickt Solarpionier für vier Jahre ins Gefängnis
Er machte Geld mit Ökoanlagen, dann wollte Rolf Wägli in Langenthal eine Solarfabrik bauen. Jetzt muss der 73-Jährige wegen Betrugs hinter Gitter – und 8,5 Millionen Schadenersatz zahlen.
Ein 73-jähriger Solarunternehmer und Vermögensverwalter muss vier Jahre und vier Monate ins Gefängnis: Das Bezirksgericht Zürich hat ihn wegen Veruntreuung, ungetreuer Geschäftsbesorgung und Betrugs verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Rolf Wägli, einst als «Solarpionier» gefeiert, hinterliess gemäss Gericht einen ausserordentlich hohen Schaden: Investoren und Unternehmen hätten insgesamt etwa 24,8 Millionen Franken, 2,6 Millionen Euro und 1,8 Millionen kanadische Dollars verloren, heisst es in einer am Mittwoch veröffentlichten Medienmitteilung des Gerichts.
Wägli war hauptberuflich als Vermögensverwalter in Zürich tätig, versuchte sich aber ab der Jahrtausendwende auch als Unternehmer in der Solarbranche. Er trat in dieser Zeit wie der Messias der Branche auf. Seine Vision war es, in der Schweiz eine Produktion von Solarpanels aufzubauen. Er erkannte, dass es möglich war, mit Verheissungen im Hinblick auf eine Energiewende bei interessierten Investoren Geld lockerzumachen.
Kartenhaus brach 2012 zusammen
Zu diesem Zweck gründete er die börsenkotierte Beteiligungsgesellschaft New Value, deren Verwaltungsratspräsidium er übernahm. Diese konnte mit ersten Investitionen in Solarfirmen auch Erfolge ausweisen.
Mit Geld von New Value wollte Wägli im Jahr 2011 mit der Firma Solar Industries in Langenthal eine grosse Solarfabrik bauen. Doch kurz danach brach das Kartenhaus zusammen. Wägli musste als Verwaltungsratspräsident von New Value abtreten.
Die Pensionskasse der Stadt Bern hielt einen Anteil von 20 Prozent an New Value und erlitt durch den Zusammenbruch des Unternehmens einen Verlust von 2,3 Millionen Franken. Und die Stadtberner Energieversorgerin EWB verlor bei ihrem Engagement bei New Value fünf Millionen Franken.
Die Staatsanwaltschaft warf dem Vermögensverwalter unter anderem vor, Gelder seiner Kunden entgegen der vereinbarten Anlagestrategie in wertlose Titel verschiedener von ihm kontrollierten Anlagevehikel gesteckt zu haben. Auch Geld aus seinen früheren Firmen «Solar Industries AG» und «New Value AG» sollen dorthin geflossen sein.
Ein Teil der Taten ist verjährt
Nach der Würdigung aller Beweismittel – insbesondere der Aussagen beteiligter Personen und der umfangreichen sichergestellten Unterlagen – sieht es das Bezirksgericht als erwiesen an, dass dem so war: Die Titel der Anlagevehikel seien nicht werthaltig gewesen, sie hätten vollständig in ihrem Wert berichtigt werden müssen.
Damit habe sich der Mann der mehrfachen qualifizierten Veruntreuung und der mehrfachen qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung schuldig gemacht, heisst es in der Mitteilung des Gerichts.
Allerdings sind zahlreiche Vorwürfe, die länger als 15 Jahre zurückliegende Handlungen betreffen, bereits verjährt. Die Schuldsprüche erfolgten lediglich für die späteren Handlungen.
Des weiteren verurteilte das Zürcher Bezirksgericht den 73-Jährigen wegen mehrfachen Betrugs. Er habe mit drei Privatpersonen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen und damit zu deren Nachteil Optionsgeschäfte abgeschlossen, um seiner Vermögensverwaltungsgesellschaft Liquidität zu beschaffen.
Pflichten wiederholt und lange verletzt
Die verhängte Freiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten begründet das Gericht unter anderem damit, dass der Beschuldigte seine Pflichten wiederholt und über einen längeren Zeitraum in schwerwiegender Weise gegenüber seinen Kunden und seinen Aktiengesellschaften verletzt habe. Zudem sei er während der Strafuntersuchung im Ausland straffällig geworden.
Das Gericht hielt dem Beschuldigten aber zugute, dass er sich nicht primär persönlich bereichern wollte. Er sei bestrebt gewesen, das von ihm geschaffene und in Schieflage geratene Firmengeflecht aufrechtzuerhalten.
Das Gericht berücksichtigte beim Strafmass auch die ausserordentliche Dauer der Strafuntersuchung, die 2012 eröffnet wurde, sowie eine besondere Strafempfindlichkeit des Mannes wegen seines Alters und seines psychisch angeschlagenen Zustands.
Das Bezirksgericht Zürich verpflichtete den 73-Jährigen, drei Privatklägern Schadenersatz von insgesamt rund 8,4 Millionen Franken zu leisten. Zahlreiche weitere Schadenersatzbegehren wurden wegen eingetretener Verjährung oder fehlender Begründung auf den Zivilweg verwiesen. Das Urteil kann vor Zürcher Obergericht angefochten werden.
SDA/lop/sny
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