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Bewohner wehren Angriff ab
25-Jährige rettet ihren Kibbuz vor den Hamas

Israeli soldiers patrol at the place where 270 revellers were gunned down or burnt in their cars by Hamas gunmen near kibbutz Beeri during at the Supernova music festival in the Negev desert. Thousands of people, both Israeli and Palestinians have died since October 7, 2023, after Palestinian Hamas militants entered Israel in a surprise attack leading Israel to declare war on Hamas in the Gaza Strip enclave the following day. (Photo by Aris MESSINIS / AFP)
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Als im vergangenen November im Kibbuz Nir Am die Stelle der Sicherheitskoordinatorin besetzt werden musste, da dachte Ophir Liebstein, der Chef der zuständigen Regionalverwaltung, gleich an eine junge Frau: Inbal Lieberman, 25. «Ich hoffe, du wirst nicht viel zu tun haben», sagte Liebstein noch, so schreibt es die israelische Zeitung Haaretz, und so wie der Satz da steht, klingt er ein bisschen so wie eine Lehrerin, die dem neu gewählten, aber etwas unwilligen Elternsprecher erklärt, dass das ja gar nicht so viel Arbeit sei.

Aber das hier ist kein Elternabend, sondern Israel und in Israel ist Krieg. Inzwischen ist Liebstein tot, ermordet von der Hamas, als er versuchte, sich den Terroristen in den Weg zu stellen. Inbal Lieberman, die junge Frau, ist am Leben – und sie ist dafür verantwortlich, dass auch die Menschen in ihrem Kibbuz noch am Leben sind, und nicht von den Terroristen massakriert wurden, wie so viele Bewohner im Süden Israels.

Liebermans Job als Sicherheitskoordinatorin: Im Notfall die Stellung halten, bis Hilfe eintrifft, zum Beispiel die Armee. Als am Samstagmorgen gegen 6.30 Uhr die Sirenen losgehen, fühlt es sich für Lieberman, so beschreibt es ihr Vater in dem Bericht der Haaretz, erst nicht nach einer aussergewöhnlichen Situation an.

Lieberman vertraute ihrem Gefühl und entwarf spontan einen Verteidigungsplan.

Der Kibbuz Nir Am liegt westlich der Stadt Sderot, nicht einmal zwei Kilometer von der Grenze entfernt. Dass aus dem Gazastreifen Raketen abgefeuert werden, ist für die Menschen im Süden Israels Alltag. Auch Inbal Lieberman begab sich also in den Schutzraum, übliches Prozedere bei Raketenalarm. Doch dann hörte sie Lärm, ungewöhnlichen Lärm, der anders klang als sonst, wenn die Hamas ihre Raketen abfeuerte.

Lieberman vertraute ihrem Gefühl. Sie rief ihre aus zwölf Bewohnern bestehende Schutzeinheit zusammen, sie liess die Waffenkammer des Kibbuz öffnen und entwarf spontan einen Verteidigungsplan. Jedes Mitglied der Zwölfergruppe hatte auf Posten zu gehen, so, dass es eventuelle Eindringlinge maximal schwer haben würden.

Tatsächlich gelang es Lieberman und ihren Mitstreitern, die Hamas-Terroristen abzuwehren. Niemand aus dem Kibbuz kam zu Tode, obwohl die Eindringlinge über Stunden versuchten, Nir Am zu stürmen.

In Be'eri und Kfar Aza wurden Bewohner wahllos abgeschlachtet

Weit mehr als 1000 Menschen hat die Hamas nach bisherigen Erkenntnissen im Süden Israels getötet, in einer Gegend, in der es viele Kibbuze gibt, genossenschaftlich verwaltete Siedlungen. Das exakte Ausmass des Überfalls ist noch immer nicht erfasst, sagte ein Militärsprecher am Donnerstagvormittag.

Brutal gemordet haben die Terroristen bei einem Musikfestival, allein dort wurden 260 Menschen massakriert. Es gibt schreckliche Geschichten von Menschen, wie die des 19-jährigen Noam Cohen, der sich mit 20 bis 30 anderen Festivalbesuchern in einen Schutzbunker geflüchtet hatte. In den warfen die Terroristen mehrere Handgranaten. Cohen überlebte nur, weil er ganz hinten stand und sich zehn Stunden unter den Leichen der anderen versteckte, bis die israelische Armee schliesslich eintraf.

Auch in den beiden Siedlungen Be'eri und Kfar Aza wurden Bewohner wahllos abgeschlachtet, so berichten es Journalisten, denen die israelische Armee Zugang in die beiden Orte gewährte. «Das ist etwas, was ich in meinem Leben noch nie gesehen habe», sagte der israelische Generalmajor Itai Veruv. «Das ist etwas, das wir uns von unseren Grossvätern und Grossmüttern bei den Pogromen in Europa und anderswo vorgestellt haben. Das ist nichts, was in der neuen Geschichte passiert.»

Israelische Truppen seien von Haus zu Haus gegangen, um die Leichen der Zivilisten in Leichensäcke zu packen. Israels Präsident Isaac Herzog sagte, seit dem Holocaust seien nicht mehr so viel Juden an einem Tag getötet worden.

«Ich weiss für mich immer noch nicht, was genau passiert ist.»

Inbal Lieberman

In all dem Horror sind die Menschen in Israel dankbar für positive Geschichten wie die von Inbal Lieberman und ihrem erfolgreichen Kampf gegen die Hamas. In vielen Berichten in sozialen Medien hiess es, der Kibbuz-Schutztruppe sei es gelungen, 25 Terroristen auszuschalten. Allein Lieberman habe fünf Eindringlinge erschossen, hiess es. Es ist zweifelhaft, ob das so stimmt – offenbar ist in Wahrheit nur ein Terrorist getötet und ein weiterer verletzt worden, so schreibt es Haaretz.

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Die Story wurde wohl ein bisschen aufgeblasen, sodass eine Heldensaga entstand. Dabei will Lieberman keine Heldin sein, wie sie der Zeitung zufolge auf Instagram schrieb. Das Konto ist nur für die Follower der Frau sichtbar, Haaretz zitiert daraus. «Ich möchte euch sagen, dass ihr nicht alles glauben solltet, was geschrieben wird. Es gibt viele Falschbehauptungen in den Berichten. Ich bin keine Heldin.»

Lieberman hat sich erst mal zurückgezogen, in relative Sicherheit, in ein Hotel in Tel Aviv. Interviews gibt sie nicht, aber Ron Huldai, der Bürgermeister der Metropole, traf sie und bedankte sich. «Ich weiss für mich immer noch nicht, was genau passiert ist», schreibt Lieberman. Sie werde sich zu einem späteren Zeitpunkt melden und sich dann ausführlicher äussern. Klar ist schon jetzt: Den Namen Inbal Lieberman wird Israel so schnell nicht mehr vergessen.