«Better Call Saul» bei den Emmys53 Mal nominiert, nie gewonnen: Toll!
Der gefeierte «Breaking Bad»-Ableger ist die meist geschmähte Serie der Emmy-Geschichte. Doch die Totalniederlage bei den Awards ist auch ein Sieg.
Im Leben wie bei der Emmy-Verleihung gilt: Auch verlieren ist eine Kunst. «Better Call Saul» galt vielen Netflix-Connaisseurs über sechs Staffeln und 63 Folgen lang als das Nonplusultra der Serienkunst. Was dazu führte, dass die Serie in sieben Jahren stolze 53-mal für den Emmy nominiert wurde, den wichtigsten Fernsehpreis der Welt. Allein, mit der letzten Verleihung dieser Woche herrscht nun filmhistorische Gewissheit: Sie hat genau nullmal gewonnen. Damit ist sie in der Emmy-Geschichte die meistgeschmähte Serie, die es jemals gegeben hat.
Natürlich kann man in filmkritischer Wichtigtuerei an dieser Bilanz herumanalysieren. Ein Grund, dass sich zum Beispiel in diesem Jahr die Serien «The Bear» und «Succession» in allen zur Verfügung stehenden Kategorien an «Better Call Saul» vorbeigemogelt haben, ist bestimmt, dass sie auf den ersten Blick über die besseren Showeffekte verfügen. In einer Gegenwart, in der man als vom täglichen Medienkonsum gebeutelter Mensch nur noch die Aufmerksamkeitsspanne eines degenerierten Waldwiesels hat, siegt halt im Zweifelsfall eher die Hektik.
Letztlich sind die Gründe für die Schlappe aber auch egal, denn in Wahrheit ist es doch so: Diese Niederlage ist ja auch ein Sieg. Vielleicht sogar der bessere, auf jeden Fall der zur Serie passende. Denn hätte «Better Call Saul» bei 53 Nominierungen jetzt noch ein oder zwei Gnaden-Emmys gewonnen, wäre es doch nahezu bilanzschädigend gewesen für die Reinheit dieser kompletten, absoluten Totalniederlage, die ihre ganz eigene Schönheit besitzt.
Was wäre Napoleon ohne Waterloo?
53-mal nominiert, nullmal gewonnen. Das würde dem Serienhelden Jimmy McGill, diesem Anwalt per Fernstudium (University of American Samoa!), der jeden Gerichtssaal scheut und Fälle lieber am Pissoir mit einem Vergleich beilegt, mit Sicherheit gut gefallen.
Von den Emmys abgesehen, zieht sich die Viele-Nominierungen-keine-Gewinne-Bilanz seit Jahren auch durch andere Preisverleihungen. Golden Globes? Mehrfach nominiert, keinen gewonnen. Genauso ist es bei vielen der zahlreichen Branchenpreisverleihungen gelaufen. Bei den Preisen der US-Schauspielgewerkschaft, der Regiegewerkschaft, der Ausstattungsgewerkschaft, sogar der Sounddesign-Gewerkschaft: mehrfach nominiert, nie gewonnen.
Das darf man keinesfalls als Schmähung missverstehen, sondern muss es als indirekte Ehrung lesen. Was wäre der Name Napoleon ohne Waterloo auch ein paar Hundert Jahre später noch? Oder etwas filmbezogener formuliert: Stanley Kubrick und Alfred Hitchcock haben beide keinen einzigen Oscar als bester Regisseur gewonnen, und über deren Qualitäten streitet ja auch niemand. Im Gegenteil. Kenner wissen ja, warum der Serienheld Jimmy McGill sich irgendwann in «Saul Goodman» umbenennt. S’all good, man!
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