Kommentar zur ErpressungsaffäreBerset ist reingewaschen, aber nicht fein raus
Die Oberaufsicht ortet keine Behördenfehler bei der Erpressung von Bundesrat Alain Berset. Allerdings hat sie zentrale Fragen nicht geklärt.
Alain Berset muss eine grosse Last von den Schultern gefallen sein. Die schweren Vorwürfe der «Weltwoche» und der «NZZ am Sonntag» gegen ihn, seine engsten Mitarbeiter und gegen die Strafverfolgungsbehörden sind allesamt entkräftet und grösstenteils sogar widerlegt worden. Der SP-Bundesrat hat weder seinen Stab ungerechtfertigterweise eingesetzt, um eine ehemalige Geliebte zur Vernunft zu bringen, die ihn zu erpressen versuchte. Noch war es unzulässig, dass Berset sich von einem Rendez-vous mit der Frau im Schwarzwald mit der Bundesratslimousine zurück nach Bern chauffieren liess. Zu diesen Schlüssen sind die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) von National- und Ständerat gekommen. Mit ihrem Bericht waschen sie den Innenminister rein.
Doch ganz sauber verliefen die Abklärungen leider nicht. Die parlamentarischen Kontrolleurinnen und Kontrolleure haben nicht ganze Arbeit geleistet. So verzichteten sie darauf, beim Innendepartement Dokumente zur Erpressungsaffäre einzusehen. Die GPK liessen es bei schriftlichen Auskünften und der Anhörung Bersets und zweier seiner engsten Mitarbeiter bewenden.
So konnten Berset und sein Generalsekretariat dem Kontrollorgan offenbar verheimlichen, dass im Innendepartement Dokumente zur Erpressungsaffäre und zu Kontakten mit der Erpresserin gelöscht worden waren.
Dies hat diese Zeitung kurz vor der Publikation des Kontrollberichts enthüllt. Die GPK hätten ihre Erkenntnisse daraufhin zurückhalten können, um die Hintergründe der Löschaktion abzuklären. Doch eine Mehrheit lehnte dies ab.
Berset konnte dem Kontrollorgan offenbar verheimlichen, dass im Innendepartement Dokumente zur Erpressungsaffäre gelöscht worden waren.
Damit ist Bersets Reinwaschung voreilig. Zentrale Fragen bleiben ungeklärt. Wieso sind E-Mails an die Erpresserin im Departement nicht mehr vorhanden? War es statthaft, dass Berset, der auch Schweizer Kulturminister ist, seiner Geliebten, einer Künstlerin, ein offizielles Lob-Zitat autorisierte, mit dem sie jahrelang warb?
Wenn die GPK ihren Auftrag doch noch ernst nehmen, müssen sie erneut an die Arbeit. Solange diese Arbeiten nicht abgeschlossen sind, ist Alain Berset nicht fein raus.
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