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«Beetlejuice Beetlejuice» im Kino
Der Tod? Kein Grund, keinen Spass zu haben

Weisse Gesichtsfarbe, schwarz umrandete Augen, ungewaschene Haare, überschäumende Energie: Michael Keaton als Beetlejuice.
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Schwerelos gleitet die Kamera über Winter River, Connecticut, eine herbstlich-verschlafene amerikanische Kleinstadt, während die Titel des Vorspanns laufen. Unter uns ziehen Häuschen und leere Strässchen vorbei, bis wir ein Haus auf dem Hügel erreichen – über das auf einmal eine Spinne hinwegkriecht. Denn die Stadt ist zweimal vorhanden: einmal in echt und ein andermal als Miniaturmodell auf dem Estrich der Residenz auf dem Hügel.

So beginnt «Beetlejuice», Tim Burtons Horrorklassiker aus dem Jahr 1988. Alec Baldwin und Geena Davis spielen die Hausbewohner, die bei einem Unfall ihr Leben verlieren und fortan als Geister durch ihr Anwesen spuken. Dabei unternehmen sie Ausflüge ins Jenseits, dessen Tore sich ihnen auf dem Estrich öffnen. Um sich der neu einziehenden Familie Deetz zu erwehren, nehmen sie die Hilfe eines seinerseits untoten «Bio-Exorzisten» namens Beetlejuice in Anspruch.

Winona Ryder und Michael Keaton sind zurück

Mehr als 30 Jahre später eröffnet Burton «Beetlejuice Beetlejuice», der nun in den Kinos gestartet ist, auf fast identische Weise. Im neuen Film springen wir danach allerdings in ein Fernsehstudio. Hier verarbeitet Lydia Deetz (Winona Ryder), im früheren Film noch Goth-Teen, heute Moderatorin, in ihrer Show ihre übernatürlichen Erfahrungen, während sie feststellen muss, dass auch Beetlejuice sich im Publikum befindet.

Im Original und im Sequel mit dabei: Wynona Ryder als Lydia in «Beetlejuice Beetlejuice», hier mit Tochter Astrid (Jenna Ortega).

Der wird immer noch von Michael Keaton gespielt: weisse Gesichtsfarbe, schwarz umrandete Augen, ungewaschene Haare, überschäumende Energie. Und immer noch ist er, wie im ersten Teil, in dem er sie beinahe geheiratet hätte, besessen von Lydia Deetz.

Wenn ein Symptom der aktuellen Krise Hollywoods das ewige Recyceln und Fortsetzen alter Stoffe und Franchises ist, dann macht Burton etwas anders. Der Titel ist nicht «Beetlejuice 2», wie für Fortsetzungen üblich, sondern besteht aus einer Verdoppelung des früheren Namens. Als würde auch Burton den alten Film nicht so sehr fortsetzen als vielmehr verdoppeln. Und auch der neue Film verhält sich zum Original nicht wie zu einem Vorgänger, sondern enthält ihn gewissermassen auf seinem Estrich.

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1988 war «Beetlejuice» auch eine Kritik am damals triumphierenden Medium Fernsehen mit seinen häuslich-braven Familiensoaps. Deren Welt wurde von den imaginativen Kräften des Kinos durcheinandergewirbelt.

Auch im neuen Film gibt es Bezüge zur Gegenwart. Vor allem durch Lydias Gen-Z-Tochter Astrid (Jenna Ortega), die am College studiert, auf Klimademos geht und entgegen dem allgemeinen Fake-News-Geschwurbel (oder Mamas Geistergeschichten) auf «science and facts» vertraut. Auch ist im Jahr 2024 ein Totenreich ohne Influencer schwer vorstellbar, selbst wenn von diesen, eine witzige Pointe, nach dem Ableben nur die Handys übrig bleiben.

Tim Burton baut auf Horrormeister

Und doch hat sich die Totenwelt im Vergleich zu 1988 kaum verändert. Nur scheint sie heute mehr denn je aus verschiedenen filmgeschichtlichen Ablagerungen zu bestehen, angefangen beim «Beetlejuice»-Original selbst. Wie schon im ersten «Beetlejuice» sehen die schiefen Korridore noch immer aus, als stammten sie aus Robert Wienes Horrorstummfilm «Das Cabinet des Dr. Caligari» von 1920. Und dann zitiert Burton noch Mario Bava, einen Meister des italienischen Horrorkinos der Sechziger- und Siebzigerjahre.

Eine Hommage auf Bava ist die schöne Schwarz-Weiss-Sequenz, in der Beetlejuice ins Italienische wechselt, um von einer früheren, das heisst mehrere Hundert Jahre alten, Liebschaft zu erzählen, die mit einer nicht einvernehmlichen Trennung endete. Im Hier und Jetzt schafft es Beetlejuice’ damalige, von Monica Bellucci gespielte Angetraute schliesslich, ihre in mehreren Kisten verstauten Gliedmassen wieder zu einem kompletten Körper zusammenzuflicken, um an ihrem einstigen Bräutigam Rache zu nehmen.

Frankenstein auf Italienisch: Monica Belluccis Figur flickt ihre in Kisten verstauten Gliedmassen zu einem Körper zusammen, um an Beetlejuice Rache zu nehmen.

Von jeher hat sich Burton, der als Trickfilmer begann, sein eigenes Universum geschaffen. Gerade der Tod bietet ihm den perfekten Stoff, um die menschliche Physiognomie auf fantasievolle Art zu demontieren und neu zu erfinden. Da wurde ein Unterkörper von einem Hai abgebissen, dort ragt anstelle des Kopfes nur eine blubbernde Arterie aus dem Rumpf.

Das «innere Kind» als Dämonenbaby

Wobei nichts anarchischer und humorvoller ist als dieses (Nach-)Leben, das Burton seinen Toten einhaucht. Einmal landen Lydia und ihr Lover, ein schmieriger Fernsehproduzent, bei einer «Paartherapie» im Jenseits, angeleitet von Dr. Beetlejuice, der ihnen einen «Safe Space» anbietet, um sich mit ihrem «inneren Kind» auseinanderzusetzen. Tim Burton rückt der Hypersensibilität unserer Gegenwart und ihren Mental-Health-Konzepten zu Leibe: Das «innere Kind» ist ein Dämonenbaby, das Beetlejuice aus seinen Gedärmen in den doch gar nicht so sicheren Raum der Praxis purzeln lässt.

Die Seele, die Psyche, das Innere – all das ist bei Burton eine Angelegenheit des Körpers. Das macht sich die «Seelensaugerin» Bellucci zunutze, wenn sie mit der Seele die letzte Luft aus den humanoiden Hüllen saugt. Die fallen dann zu menschlichen Pfannkuchen zusammen, zu platten Scheiben ohne Relief. Es gibt im Film einen Namen dafür: den Tod der Toten, der allen Gestorbenen droht. Für sie steht an einem Bahnhof schon ein «Seelenzug» bereit, mit dem sie die letzte Reise ins «Great Beyond» antreten. Doch der Zug fährt nie ab, die Toten sind noch mit Tanzen beschäftigt. Das Ende ist nah, aber tot sind wir ohnehin schon. Kein Grund, keinen Spass zu haben.

«Beetlejuice Beetlejuice», im Kino.