Covid-Massnahmen am ArbeitsplatzBank fragt Impfstatus der Beschäftigten ab – aber ist das erlaubt?
Wer ist geimpft und wer nicht? Die Schaffhauser Kantonalbank will das von ihren Mitarbeitenden wissen. Für Arbeitsrechtler und die Gewerkschaft geht das zu weit.
Lange Zeit galt es als tabu. Arbeitgeber dürfen ihre Beschäftigten nicht fragen, wer geimpft ist und wer nicht. Das ist Privatsache. Nun ist die Schaffhauser Kantonalbank vorgeprescht.
Die Bank hat ihre Beschäftigten gebeten, ihren Impfstatus bekannt zu geben. In dem Schreiben sollen sie nicht nur ankreuzen, ob sie geimpft oder genesen sind. Abgefragt wird auch, ob sich die Mitarbeitenden noch impfen lassen wollen, samt allenfalls bereits bekanntem Impftermin, wie das Branchenportal «Inside Paradeplatz» berichtete. Die Bank bestätigte die Erhebung des Impfstatus.
Ziel der Bank mit rund 300 Beschäftigten ist dem Bericht zufolge, die geimpften oder genesenen Mitarbeitenden so bald wie möglich wieder ohne Maske am eigenen Platz arbeiten zu lassen. Derzeit gilt für alle im Büro Maskenpflicht. «Sollten inskünftig die Schutzmassnahmen abhängig vom Impfstatus sein, möchten wir bereit sein und mögliche Erleichterungen schnell einführen», so die Bank. «Dafür erachten wir die Erhebung des Impfstatus als sinnvolle, vorbereitende Handlung.»
Bei ihrem Vorgehen stützt sich die Kantonalbank auf die Covid-Verordnung des Bundesrats. Dort heisst es unter Artikel 25 Abs. 4, die Arbeitgeber dürften überprüfen, ob ihre Beschäftigten über ein Impf-, Genesungs- oder Testzertifikat verfügen, wenn das dazu dient, angemessene Schutzmassnahmen festzulegen oder Testkonzepte umzusetzen. Sie dürfen die Daten jedoch nicht für andere Zwecke verwenden, müssen die Überprüfung schriftlich festhalten und vorher die Beschäftigten konsultieren.
Öffnet das Tür und Tor für eine gross angelegte Impf-Umfrage unter den Beschäftigten? Das BAG war zunächst nicht in der Lage, diese Frage zu beantworten. In der Fachwelt gehen die Meinungen in dieser Frage auseinander.
Arbeitsrechtler: Keine rechtliche Grundlage
Rückendeckung erhält die Schaffhauser Kantonalbank vom Arbeitgeberverband der Banken in der Schweiz. «Grundsätzlich darf man den Impfstatus gemäss der Verordnung abfragen – solange das mit der Personalkommission besprochen ist und es zur Umsetzung eines Schutzkonzepts ist», sagt Verbandsgeschäftsführer Balz Stückelberger. Aus purem «Gwunder» ohne diesen Zweck dürften die Arbeitgeber jedoch keine solche Umfrage machen.
Derzeit gebe es vereinzelte, oft kleinere Banken, die den Impfstatus ihrer Beschäftigten abfragen. Doch: «Die allermeisten Banken scheuen sich vor solchen Umfragen», so Stückelberger.
Arbeitsrechtsexperte Roger Rudolph von der Universität Zürich sieht dies kritisch. Aus der betreffenden Passage der Verordnung ein generelles und voraussetzungsloses Recht auf Auskunft über den Impfstatus abzuleiten, gehe zu weit, sagt er.
Ob der Impfstatus abgefragt werden dürfe, müsse im Einzelfall entschieden werden. Möglich sei das dann, wenn die Information einen ausreichenden Bezug zum Arbeitsplatz habe bzw. für die Einführung angemessener Schutzmassnahmen notwendig sei. «Ich kann mir vorstellen, dass ein Gericht den Arbeitsplatzbezug – und damit die Rechtmässigkeit der Frage – grosszügiger bejahen würde, wenn sich die Pandemielage weiter verschärft, sodass sich der Kreis nicht mehr nur auf Fälle wie das Gesundheitspersonal mit Kontakt zu besonders gefährdeten Patienten beschränken würde», so Rudolph.
Das seien jedoch Fragen, die im Einzelfall zu entscheiden seien. Der Covid-Verordnung allein gebe Arbeitgebern nicht das Recht, solche Informationen pauschal und losgelöst von den konkreten Umständen beziehungsweise Schutzbedürfnissen einzufordern.
Einführung von 2-G durch die Hintertür?
Nach Einschätzung des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB) darf der Impfstatus nur in Sonderfällen abgefragt werden – wie beim Pflegepersonal oder Flugpersonal. Zudem betont der SGB, dass Arbeitgeber nicht eine 2-G-Regel einführen dürfen, um damit auf die Maskenpflicht zu verzichten.
Auch die Gewerkschaft Unia hält das Abfragen des Impfstatus derzeit nicht für zulässig. Offen sei zudem, was in einem solchen Fall auf all jene zukommen würde, die sich nicht impfen lassen wollten. «In einer Bank kann man dann eventuell noch Homeoffice machen. Aber die Schweiz besteht nicht nur aus Bank- und Büroangestellten», so Unia-Sprecher Serge Gnos.
Weitestgehend einig sind sich alle Beteiligten darin, dass es derzeit keine gesetzliche Grundlage für 2-G am Arbeitsplatz gibt – zumindest nicht offiziell und unter diesem Namen. Doch mit der Abfrage des Impfstatus könnten Arbeitgeber diesbezüglich bereits Informationen einsammeln, so der Arbeitgeberverband der Banken. «Man könnte aus den Informationen ableiten, dass alle, die nicht geimpft oder genesen sind, zu Hause arbeiten müssen, sofern das möglich ist. Dann hat man de facto 2-G am Arbeitsplatz», so Stückelberger.
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