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Bangkok und Singapur
Asiens Superstädte

This photo taken on June 13, 2018 shows people using their phones to take photos in the rooftop pool of the Marina Bay Sands resort hotel, which overlooks the financial district skyline of Singapore. (Photo by Anthony WALLACE / AFP)
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Bei den besten Bars der Welt hat Bangkok knapp die Nase vorn. In der Rangliste für 2023 rangiert der erst vor zwei Jahren eröffnete BKK Social Club im Four Seasons Hotel auf dem 13. Platz. Der Club ist gemäss Liste zugleich die beste Bar in ganz Asien. Nur einen Platz dahinter folgt aber schon Singapur: mit Jigger & Pony, wo die junge Thekenmannschaft so unbescheiden benannte Drinks serviert wie «Greatest Of All Time», gemixt aus japanischem Whisky, Zitrone, Eischnee – und lokal erzeugter Ziegenmilch. Man hatte gar nicht gewusst, dass in dem südostasiatischen Stadtstaat noch Ziegen gehalten werden! Der ungewöhnliche Cocktail schmeckt erstaunlich gut. Erst dank einem Hinweis des Barmanns verstehen wir auch den selbstbewussten Namen, «Greatest Of All Time»: Die Anfangsbuchstaben ergeben «Goat», das englische Wort für Ziege. 

Nun ist ein guter Drink vermutlich nur für wenige Leute ein ausreichender Grund, sich für zwölf Stunden in den Flieger nach Fernost zu setzen. Doch nicht allein mit ihren Bars haben sich Bangkok und Singapur als Touristenziele in den letzten Jahren weit nach vorn gearbeitet. 

Bangkok: Mit 23 Millionen ausländischen Touristen die meistbesuchte Stadt der Welt

Spätestens seit dem Film «Crazy Rich Asians» (der es seit seiner Erscheinung 2018 zu Kultstatus gebracht hat) hat die Welt begriffen, dass man in der Finanz- und Hafenmetropole Singapur auch eine gute Zeit verbringen kann. Bangkok wiederum ist mit seinen spektakulären Wolkenkratzern, die zu seinen märchenhaften alten Tempeln und Königspalästen dazugekommen sind, ohnehin seit Jahren als Städteziel im Aufschwung. Es gilt mit 23 Millionen ausländischen Gästen jährlich als die meistbesuchte Stadt der Welt, vor Paris und London. Bei der Zahl der Fotos auf Instagram wird Bangkok nur noch von New York verdrängt. 

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Andere Metropolen Asiens, Shanghai und Hongkong zum Beispiel, haben an Beliebtheit verloren. Auf der Liste der besten Bars sucht man Shanghai vergeblich, Hongkong taucht erst auf Platz 20 auf. Die politischen Unsicherheiten und die Verwerfungen der Pandemiezeit haben die Besucherzahlen sinken, Investoren und Personal abwandern lassen. Singapur ist der grosse Gewinner. Der Andrang sorgt unter den Einwohnern schon für Murren: Die Mieten haben sich binnen zweier Jahre fast verdoppelt, ein Tisch in einem angesagten Restaurant muss inzwischen bis zu vier Wochen im Voraus bestellt werden. Früher reichten drei, vier Tage. Vorbei. Zum Glück gibt es die vielen Hawker-Centres, in denen man unter einem Dach exzellente – und regelmässig vom Gesundheitsamt geprüfte – Strassenküche für eine Handvoll Singapur-Dollar probieren kann. 

Social Club singapur bangkok

Das Preisniveau in Bangkok hat sich hingegen nicht so stark verändert. Eine gute Nachricht für die vielen Schweizer, die im Winter an Thailands Stränden Sonne suchen und auch ein paar Tage in der Hauptstadt verbringen wollen. In Bangkok bekommt man eine Unterkunft oder ein Menü in einem Spitzenrestaurant für ein Drittel weniger, wenn nicht für die Hälfte des Preises, den man in Singapur hinblättern muss.

Singapur zielt ins Übermorgen

Der Stadtstaat zweieinhalb Flugstunden weiter südlich ist sich seiner selbst heute so gewiss wie nie in den knapp sechs Jahrzehnten der Unabhängigkeit. Kaum ein Ort strebt so rigoros ins Morgen, ja ins Übermorgen. Wie weit das Land gekommen ist, das noch in den 1960er-Jahren zur Dritten Welt zählte, bewies ausgerechnet der ehemalige Kolonialherr: Als die britische Regierung nach einer Post-Brexit-Zukunft suchte, versprach der damalige Schatzkanzler Philip Hammond, das Vereinigte Königreich «zum Singapur Europas zu machen». 

Die Skyline von Singapur. Das blütenförmige ArtScience Museum links im Bild zeigt wechselnde Kunst- und Wissenschaftsausstellungen und ist der Form einer Lotusblüte nachempfunden.

Als Vielvölkerstaat mit den vier Amtssprachen Mandarin, Englisch, Malaiisch und Tamil ist Singapur ein Erfolg. Niemanden wundert es hier, dass eine Moschee nur ein paar Schritte entfernt von einem Hindu- oder einem buddhistischen Tempel steht. Der Flughafen in Changi, dem ehemaligen Gefangenenlager der Kronkolonie, bietet Verbindungen in 100 Länder an. Er wird regelmässig zum besten der Welt gewählt. Der Airport ist nicht nur eines der wichtigsten Drehkreuze im asiatisch-pazifischen Raum, sondern eine Sehenswürdigkeit an sich mit Schmetterlingsgarten im Terminal 3 und dem neuen Palmengarten «Jewel» bei Terminal 1, in dessen Mitte aus vierzig Metern Höhe donnernd ein Wasserfall stürzt. 

Die städtebaulichen Glanzprojekte der vergangenen Jahre wie der 101 Hektaren grosse, teils überdachte Stadtpark Gardens by the Bay oder das Hotel-Casino Marina Bay Sands sind zu Markenzeichen geworden. Über die Schönheit des wuchtigen Hotels mit 2561 Zimmern und einem Infinity Pool in 200 Metern Höhe kann man sich streiten; doch kaum ein Foto von Singapur, das nicht dessen drei Stelztürme im Hintergrund zeigt.

A woman rides her bicycle with the Marina Bay Sands hotel and high rise buildings in the background in Singapore on September 4, 2023. (Photo by Roslan RAHMAN / AFP)
epa03698351 Guests enjoy the view from the infinity pool of the Marina Bay Sands hotel in Singapore, 13 May 2013. The Port of Singapore was crowned the 'Best Seaport in Asia' for an unprecedented 25th time during an industry awards ceremony on 09 May 2013. EPA/STEPHEN MORRISON
Voilà, das Herzstück des «Jewel»-Gebäudes auf dem Gelände des Flughafens Singapur: Der Indoor-Wasserfall Rain Vortex. Der ganze verrückte Bau mit seinen exotischen Grünanlagen stammt vom israelisch-kanadischen Architekten Moshe Safdie – und wurde 2019 eröffnet.

Ähnlich verhält es sich mit den bis zu 50 Meter hohen «Supertrees» aus Stahl und den beiden riesigen Gewächshäusern von Gardens by the Bay, angelegt auf aufgeschüttetem Terrain am Hafen. Günstig ist der Eintritt dort nicht. Erwachsene zahlen 53 Singapur-Dollar, umgerechnet 35 Franken. Es sei denn, sie haben einen Singapurer Pass, dann zahlen sie umgerechnet nur 23 Franken. Der Rabatt für die eigenen Bürger ist kein Geheimnis, er wird an den Kassenhäusern deutlich ausgewiesen. Spüren die Einwohner Genugtuung, dass auswärtige Gäste die Attraktionen mit einem höheren Betrag finanzieren? «Unser Leben hier ist teuer genug», sagt ein junger Singapurer in der Schlange grinsend.

Singapur will ein grünes Gesamtkunstwerk werden

Gardens by the Bay, 2012 eröffnet, ist kein Einzelfall. Die extrem verdichtete Insel, nicht einmal halb so gross wie der Kanton Zürich, wandelt sich immer schneller in ein grünes Gesamtkunstwerk, eine Gartenstadt. Doch noch weiter will die autokratische Regierung, die sich schon zu Zeiten des 2015 gestorbenen Gründervaters Lee Kuan Yew selten auf halbe Sachen beschränkte. Aus Singapur soll nichts weniger als eine «City in the Garden» werden: Begrünte Dächer und Fassaden mit zusammen inzwischen 100 Hektaren bewachsener Fläche, noch mehr Alleen und Areale für Hobbygärtner und kleine Biobauernbetriebe, Seen, Schmutzwasserrecycling, Artenschutz. Irgendwo im neuen Grün müssen auch die Ziegen grasen, deren Milch die schicken Cocktails verfeinert. 

Bäume können alle. Singapur hat in seinem Stadtpark «Supertrees».
Stadtdschungel trifft auf Hotelmoloch: Blick aufs Marina Bay Sands durch die transparente Wand eines der Gardens-by-the-Bay-Gewächshäuser.

Selbst das Nationalmuseum zeigt Fotos von alten Bäumen, Baobabs, Pappelfeigen, Kasuarinen, die als Schattenspender oder Treffpunkt im Leben der Bürger eine Rolle spielten. Grün ist der Zukunftsanspruch der Singapurer, erkannte das Ministerium für nationale Entwicklung. Mit dem gewachsenen Lebensstandard stelle die heutige Generation andere Forderungen an das urbane Umfeld als noch ihre Eltern, die froh waren, wenn sie ein Apartment in einem öffentlich geförderten Wohnturm bekamen. 

Grün ist aber auch das Gebot des Klimawandels, wie man im tropischen Singapur sehr genau weiss, dessen Temperatur im Jahresdurchschnitt auf 29 Grad gestiegen ist. So heiss ist es 150 Kilometer entfernt vom Äquator, dass die Gewächshäuser in Gardens by the Bay die Funktion haben, die ausgestellten Pflanzen zu kühlen

Als Widerspruch erscheint, dass sich das neue Öko-Singapur ein Formel-1-Rennen leistet, und zwar mitten in der Stadt. Wer das Ereignis erlebt hat, weiss um den höllischen Lärm schon Tage vorher bei den Trainings und der Qualifikation. Man ahnt die Proteste, kämen Zürich oder Basel auf eine solche Idee. Nicht so in Singapur. Grün ist keine Ideologie, sondern ein Mittel zum Zweck. Die einzige kritische Bemerkung, die einem Taxifahrer zum Rennen einfällt, der wegen gesperrter Strassen weite Umwege in Kauf nehmen muss: «Schade, dass nicht ich einmal so schnell durch die Stadt fahren darf. Wenn ich das Tempolimit um fünf Stundenkilometer überschreite, hagelt es sofort Bussen.» 

Singapur plant, Bangkok improvisiert

In Bangkok, 1400 Kilometer nördlich, denkt man bei Grossstadtdschungel nicht an Gärten und Gewächshäuser, sondern an enge Strassen, Dauerstau und fast wöchentlich aus dem Boden schiessende neue Wolkenkratzer. Hat das ordnungsversessene Singapur Pläne und Vorschriften im Übermass, ergibt sich Thailands Hauptstadt einer gewissen Anarchie. Die Stadt der Engel, wie der thailändische Name Bangkoks übersetzt wird, scheint wie die Himmelswesen ein flatterhaftes Leben zu führen, unbeherrschbar von Mensch, Lokalregierung oder König. Irgendwann wird Bangkok untergehen, prophezeien seit Jahren Pessimisten in Anbetracht der vielen Kanäle und des steigenden Meeresspiegels. Vielleicht deshalb all die Rooftop-Bars? Aber bis es so weit ist, baut und lebt man weiter. 

Singapur plant, Bangkok improvisiert. 

Mehr als vierhundert buddhistische Tempel existieren in Bangkok, fast in jedem Viertel einer. Und Hunderttausende kleine Schreine und Altäre an Hauseingängen und in Höfen, die das Böse abwenden sollen oder die Flut, und liebevoll mit Gaben – Obst, Blumen, einer Flasche Wasser – versorgt werden. Mönche in orangefarbenen Roben sind allgegenwärtig. Nach wie vor grüsst man einander mit zusammengelegten Händen, dem traditionellen «Wai». Und doch gibt es in Bangkok, mehr noch als in Singapur, auch ultramoderne Hochhäuser von Star-Architekten, die wie verpixelte Animationen wirken, Einkaufszentren mit hausgrossen Werbemonitoren und eine lebendige Szene digitaler Start-up-Firmen.

 The King Power MahaNakhon building in the Bangkok city skyline *** der K
Mehr als 400 buddhistische Tempel gibt es in Bangkok.

Oft unterschätzt man das Organisationstalent der Thais und auch ihren Willen, bei aller Liebe zur Tradition, die Dinge zu verändern. Bangkok investiert in U-Bahn und Hochbahn, um die Autos von den Strassen zu bekommen, gleichwohl nützt es wenig. Zu gross ist der ununterbrochene Zuzug aus ländlichen Gebieten und ärmeren Nachbarstaaten. Der internationale Flughafen Suvarnabhumi kann sich von der Grösse sehr wohl, in Ausstattung und Effizienz nicht ganz mit Singapur-Changi messen, aber in der Regel laufen die Dinge auch an diesem Mega-Airport erstaunlich gut. Die Hotels der Stadt gehören zu den besten der Welt und das Personal zum freundlichsten. Internationale Popstars kommen nach Bangkok, um in der glitzernden Hochhauskulisse ihre Videos zu drehen. 

Bangkok hat seinen Fluss wiederentdeckt

Während Singapur seine Gärten hegt, wird in Bangkok der Fluss wiederentdeckt. Für die Einheimischen war der Chao Phraya mit seinen günstigen Fähren stets eine wichtige und schnelle Verkehrsader. Auch Touristen sollten lieber eines der Expressboote nehmen, eine Fahrt kostet kaum einen Franken, als sich in die überteuerten dreirädrigen Tuk-Tuks zu drängen und Abgase zu inhalieren.

Vor allem die Westseite des Flusses hat sich gemacht, der alte Bezirk Thonburi. Unweit des Peninsula Hotel ist mit Icon Siam ein riesiges neues Wohn- und Einkaufszentrum entstanden. Neben den internationalen Luxusmarken von Rolex bis Hermès gibt es in dem Komplex Kinos, Bars, Restaurants, oben natürlich eine Rooftop-Bar, unten einen «Floating Market», der die schwimmenden Märkte aus den Kanälen der Stadt in ein klimatisiertes 21. Jahrhundert holt. 

Wie eh und je grüsst man sich in Bangkok mit zusammengelegten Händen, dem traditionellen «Wai».
This photo taken on March 17, 2023 shows the Wat Arun Buddhist temple in the background as tourists ride a Hop-on Hop-off cruise boat along the Chao Phraya river in Bangkok. Thailand's capital Bangkok, home to an estimated 11 million people, is one of the world’s most popular destinations, with millions of visitors arriving each year to enjoy the city's legendary nightlife and street food, ornate temples and luxury malls -- the kingdom is now banking on a full recovery for the tourism sector following the Covid pandemic. (Photo by MANAN VATSYAYANA / AFP)

Beidseitig des Flussufers siedeln immer mehr Cafés und Restaurants, oft mit grandiosem Blick auf Tempel und Paläste, die erleuchtet in der Dunkelheit wie aus einem fremden Traum wirken. Im Kaufmannsquartier an der Song Wat Road am Rand von Chinatown sind in die alten Geschäftshäuser Galerien, Bars und Kaffeeröstereien gezogen. Die Atmosphäre ist nahezu dörflich, und das Getöse und Gewummer der Vergnügungsstätten in Sukhumvit oder an der Partymeile Khao San Road sind sehr weit weg.

Traditionen bewahren, zugleich Freiraum lassen und in die Zukunft streben, das muss man erst mal schaffen. Bangkok durchzieht kein religiöser Ernst. Auf seinen vollen Strassen und entlang des rauschenden Flusses pulsieren Lebenslust und Spass. Tatsächlich gehört Spass so sehr zum Selbstverständnis des Landes wie in Singapur Ordnung und Perfektion. Das Wort dafür lautet «sanook». Macht etwas keinen Spass, pflegt ein thailändischer Freund zu sagen, dann macht es keinen Sinn.

In this picture taken on January 20, 2024, a woman jogs in Benchakitti forest park in Bangkok, with the backdrop of the skyline. (Photo by Amaury PAUL / AFP)