Regeln für Openairs Finden 2021 Festivals statt? Wann der Entscheid fällt
Veranstalter fordern Klarheit darüber, was erlaubt ist und was nicht. Kurzfristige Absagen könnten manche von ihnen in den Ruin treiben.
Endlich wieder mal so richtig feiern, gemeinsam mit Freunden zu den Klängen der Lieblingsband tanzen – Gänsehaut und den Kater am Morgen danach inklusive. All das ist im vergangenen Jahr dem Coronavirus zum Opfer gefallen. Ob es in diesem Jahr wieder einen Festivalsommer gibt, ist noch unklar.
Das liegt neben der Pandemie selbst auch an der angespannten Finanzlage bei vielen Veranstaltern. Sie hatten 2020 einen Totalausfall bei den Einnahmen und mussten vielfach auch noch hohe Schadenssummen begleichen. Um im laufenden Jahr nicht weitere Verluste anzuhäufen, fordern sie rasch Klarheit von den Behörden, ob und was im Sommer wieder möglich ist.
Eine Entscheidung über viele grössere Sommerveranstaltungen mit mehreren Tausend Besuchern dürfte schon in den kommenden Wochen fallen. «Grosse Festivals müssen sich bis Ende Februar oder Anfang März festlegen. Dann ist der Point of no return erreicht», sagt der Geschäftsführer des Verbands der professionellen Schweizer Konzert-, Show- und Festivalveranstalter (SMPA), Stefan Breitenmoser. Ähnlich sieht das auch der Festivaldirektor des Open Air St. Gallen, Christof Huber. Er wolle bis im März Klarheit über eine Durchführung des Festivals, erklärt er.
Ausfälle fressen fast 50 Prozent des Budgets
Grund dafür sind die langen Vorlaufzeiten für grosse Veranstaltungen und die hohen finanziellen Risiken, welche die Organisatoren tragen. Sie verbringen Monate mit der Vorbereitung und haben schon lange vor dem Start der Veranstaltung hohe Auslagen. Fällt das Festival dann doch Corona zum Opfer, ist der Schaden gross und kann je nach Festival durchaus rund die Hälfte des gesamten Budgets und damit mehrere Millionen Franken ausmachen. Das ist zu viel für die Betreiber.
Angst vor dem finanziellen Ruin
Wie angespannt die finanzielle Situation ist, zeigt ein Beispiel aus Grossbritannien. Dort sah sich eines der grössten Musikfestivals Europas in Glastonbury aus Angst vor dem Bankrott kürzlich gezwungen, die Notbremse zu ziehen. Das Festival 2021 wurde abgesagt und soll erst 2022 wieder stattfinden, um seinen Fortbestand zu garantieren. Denn im vergangenen Jahr mussten die Veranstalter einen millionenschweren Verlust tragen. Dieses Jahr scheint ihnen das Risiko schlichtweg zu gross.
Könnte Ähnliches auch in der Schweiz passieren? «Klar, das ist denkbar», sagt Breitenmoser.
Das Openair Frauenfeld hat nach dem Ausfall der Saison 2020 nicht nur keine Einnahmen gehabt, sondern auch einen grossen Schaden selber tragen müssen. Entsprechend gebe es geringen finanziellen Spielraum, sagt ein Sprecher. Umso wichtiger sei es, rechtzeitig Klarheit zu bekommen, um Fehlentscheidungen mit grossem wirtschaftlichem Schaden zu vermeiden. Denn ein Schaden könne «durchaus so gross sein, dass das Überleben des Openair Frauenfeld gefährdet ist», so Mediensprecher Joachim Bodmer.
Ein Schutzschirm soll helfen
Um ein solches Szenario zu verhindern, fordert der Verband SMPA eine Anpassung der Bundesentschädigungen: Ein Schutzschirm könnte einspringen, wenn ein Veranstalter wegen einer Corona-bedingten Absage auf Kosten sitzen bleibt, die bis zur Annullation angefallen sind. Denn nur so könnten die Betreiber die Planung für den Sommer in Angriff nehmen – ohne Angst, dabei pleitezugehen. Ein Schutzschirm müsste nach Einschätzung des SMPA mindestens ein Volumen von rund einer halben Milliarde Franken haben – nicht nur für Festivals, sondern für den gesamten Kulturbereich bis hin zu Messe-Events.
«Ohne Rettungsschirm wird die Planung von Veranstaltungen zum Himmelfahrtskommando.»
Auch der Direktor des Open Air St. Gallen pocht auf eine Absicherung: «Ohne diesen Rettungsschirm wird die Planung von Veranstaltungen zum Himmelfahrtskommando mit kaum einschätzbaren Risiken und kommt folglich zum Erliegen», sagt er. Um den Erhalt der Musikfestivals in der Schweiz langfristig zu sichern, sei eine komplette Schadensdeckung ohne Einschränkungen nötig.
Bislang gibt es für Veranstalter eine Ausfallentschädigung, die bis zu 80 Prozent des Schadens deckt. Sie wird je zur Hälfte von Bund und Kantonen getragen. Allerdings ist sie je nach Kanton gedeckelt – in Bern und St. Gallen beispielsweise auf maximal 500’000 Franken, in einzelnen Kantonen sogar auf 100’000 Franken, während es anderswo gar keine Deckelung gibt. Bei einem potenziellen Verlust von mehreren Millionen für die Festivalbetreiber würde die bestehende Ausfallentschädigung also – je nach Standort – nicht viel ausrichten. Alternativ zu einem schweizweiten Schutzschirm fordert der Verband, dass die Ausfallentschädigung 100 Prozent des Schadens übernimmt und die kantonalen Deckelungen und somit die Unterschiede wegfallen.
Veranstalter sind gegen Impfpflicht
Was im Sommer möglich ist, hängt massgeblich von der Einschätzung der Behörden ab. Der SMPA rechnet noch im Februar mit einem Zeichen aus dem Bundesamt für Gesundheit, ob und unter welchen Umständen Grossveranstaltungen stattfinden können. Eine Impfpflicht für Veranstaltungsbesucher stehe für den Verband derzeit jedoch nicht zur Debatte.
Das Bundesamt für Gesundheit will sich zu einer möglichen Impfpflicht für Veranstaltungen nicht äussern. «Zum heutigen Zeitpunkt gibt es noch viele offene Fragen bei der Covid-19-Impfung. Zum Beispiel, ob die Impfung verhindern kann, dass Geimpfte das Virus weitergeben können», erklärt eine Sprecherin.
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