Kommentar zum LehrkräftemangelDas Potenzial darf nicht ungenutzt bleiben
Lehrpersonen mit einem ausländischen Diplom sollten die Chance erhalten, hierzulande zu unterrichten. Denn in den meisten Fällen sind sie bestens qualifiziert für den Lehrberuf.
Lehrermangel hier, Lehrermangel da – Lehrermangel überall. Rund drei Monate vor Beginn des neuen Schuljahres geht das Gejammer bereits wieder los. Allerdings ist der Mangel an Lehrpersonen in der Schweiz tatsächlich akut. Immer häufiger stehen auch «Personen ohne Lehrdiplom» (sogenannte Poldis) in den Klassenzimmern, die früher als Banker, Köche oder Therapeutinnen tätig waren. Aber nach wie vor fehlt es auf allen Stufen der Volksschule an ausgebildeten Lehrpersonen. Das Bundesamt für Statistik rechnet mit einem Mangel von 10’000 Lehrkräften bis im Jahr 2031.
Nun packt der Kanton Bern das Problem an: Mit einem neuen Lehrgang – einem CAS – sollen Lehrkräfte mit einem ausländischen Diplom für die hiesige Volksschule fitgemacht werden. In der Didaktik sind sie bereits fit, denn sie sind ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Sie sind also keine Poldis, sondern erfahrene Berufsleute. Doch weil die Hürden für eine Anstellung im Schulbereich so hoch sind, arbeiten die meisten von ihnen nicht in ihrem angestammten Lehrberuf. Das CAS soll ihnen helfen, ihr Diplom anerkennen zu lassen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Auch an der Pädagogischen Hochschule Zürich sind solche Überlegungen derzeit im Gange. Weitere Kantone dürften folgen.
Schliesslich ist der Widerspruch offensichtlich: Auf der einen Seite beklagen die Schulen, Behörden und Bildungsdirektionen den Lehrkräftemangel, auf der anderen Seite dürfen bestens qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer hierzulande nicht unterrichten – weil sie ihr Diplom nicht in der Schweiz erhalten haben. Hier liegt ein grosses Potenzial brach, das die Schweizer Volksschulen dringend benötigen.
Die Bildungsdirektionen sind gefordert, um qualifizierten Lehrkräften den Weg in die Klassenzimmer zu ebnen. Die bürokratischen Hürden zur Anerkennung ausländischer Lehrdiplome müssen abgebaut werden. Ohne die Integration von Lehrkräften mit einem ausländischen Lehrdiplom wird die Volksschule in absehbarer Zeit den Unterricht für alle Kinder in der Schweiz nicht gewährleisten können.
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