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Ausflugstipp Schweiz Tourismus
Mit Volldampf auf den Aussichtsberg

Die Brienz-Rothorn-Bahn bedient nicht nur nostalgische Gefühle, sie ist auch ein touristisches Aushängeschild im Berner Oberland.
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Die bewundernden Kommentare hört Yolanda Schwarzentruber gerne: «Viele Gäste, die bei uns im Berghaus ankommen, sagen, wir hätten den schönsten Arbeitsplatz der Welt.» Die 56-Jährige ist Front-Office-Managerin im Berghaus Rothorn Kulm und Chefin von vier weiteren Réceptionistinnen.

«Wir sehen von unserem Arbeitsplatz aus tatsächlich Eiger, Mönch und Jungfrau», erklärt Yolanda Schwarzentruber. Vom Berghaus mit seinen 80 Betten und dem vor einem Jahr umgebauten Restaurant mit den Panoramafenstern geniesst man die vermutlich schönste Aussicht des Landes. 693 Gipfel, sagt Schwarzentruber, habe jemand mal gezählt.

Die umwerfende Sicht reicht von den Berner und Walliser Alpen über den Chasseral bis zu Rigi, Pilatus und Titlis. In der Ferne ist ein Zipfel des Vierwaldstättersees auszumachen.

Mit der Gondel zur Arbeit

Yolanda Schwarzentruber ist zwar bei der Berner Oberländer BRB angestellt, stammt aber wie alle Réceptionistinnen von der Luzerner Seite des Rothorns. Sie schwebt mit der Gondelbahn von Sörenberg aus zur Arbeit. Der Hauptharst der Gäste dagegen fährt mit der historischen Dampfbahn aufs Rothorn.

Sieht von ihrem Arbeitsplatz aus tatsächlich Eiger, Mönch und Jungfrau: Yolanda Schwarzentruber.

Schwarzentrubers Team betreut auch den Souvenirshop im Berghaus. «Wir führen neben BRB-Andenken auch ein Sortiment an warmer Kleidung, Pullover, Jacken, Mützen und Handschuhe», erklärt Schwarzentruber. Denn manche Gäste reisen mit zu leichter Kleidung auf den Berg und überschätzen die Temperaturen auf 2266 Metern über Meer.

Weil viele Übernachtungsgäste mit der letzten Bahn nach 17.30 Uhr auf dem Gipfel ankommen, die letzte Gondel zurück nach Sörenberg aber um 17 Uhr startet, nächtigen die Réceptionistinnen abwechslungsweise auf dem Berg. So können sie die Gäste betreuen, die von Sonntag bis Donnerstag das Package «Rothorn Nacht» gebucht haben, einen Willkommensdrink schlürfen, im Berghaus übernachten und am nächsten Morgen das Frühstücksbuffet geniessen.

Die BRB ist die einzige kommerziell und fahrplanmässig betriebene Dampfbahn der Schweiz und ein Aushängeschild für das Berner Oberland.

«Es ist ein Privileg, der Natur so nahe zu sein», sagt die Front-Office-Frau, die im Winter bei der Skischule Sörenberg arbeitet. «Wir können vom Berghaus aus oft Steinböcke und gelegentlich einen Adler beobachten. Zuweilen hört man auch Schneehühner, im letzten Sommer liess sich sogar ein Geier blicken.»

Auszeit vom Alltag

Dampfbahnen bleiben ein Faszinosum, lösen nostalgische Gefühle aus, begeistern Technikfreaks und garantieren eine Auszeit im hektischen Alltag. Die Züge der 1892 eröffneten Brienz-Rothorn-Bahn, die am 8. Juni in die neue Saison starten, bringen eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 8,5 Stundenkilometern auf Schienen und Zahnradstangen. Sie benötigen für die Fahrt von Brienz nach Rothorn Kulm eine Stunde.

Die BRB besitzt acht Dampfloks. Vier stammen aus den 90er-Jahren; ihre Dampfkessel werden mit Heizöl befeuert. Unter den Dampfkesseln der zwei Maschinen der zweiten Generation aus den 30ern und der beiden Veteraninnen von 1891 glüht Kohle.

Chrigel Flück geht demnächst in seine 20. Saison als Heizer bei der Brienz-Rothorn-Bahn.

Im Führerstand der älteren Dampfloks, welche die offenen roten Wagen auf der Bergfahrt vor sich her schieben, arbeitet auch ein Heizer. «Etwa alle 150 Meter werfe ich zwei oder drei Schaufeln Kohle ein», erzählt Chrigel Flück. Der Brienzer geht demnächst in seine 20. Saison als Heizer bei der Brienz-Rothorn-Bahn. «Mein Vater war Lokführer, acht Saisons arbeiteten wir zusammen als Team im Führerstand», sagt der gelernte Landschaftsgärtner.

Ohne Kohle und Wasser läuft nichts

Die mit Kohle betriebenen Loks werden anderthalb Stunden vor dem Start in Brienz angefeuert. «Vor der Bergfahrt gilt es dann, Kohle zu laden und die beiden seitlich an der Lok befestigten Tanks mit Wasser zu füllen», sagt der 53-jährige Heizer. Es sei, räumt Flück ein, ein körperlich anforderungsreicher Job, vor allem im Hochsommer: «Dann kann es im Führerstand bis zu 75 Grad Celsius heiss werden.»

An einem Spitzentag setzt die BRB sieben Loks ein. Die kohlebetriebenen Dampflokomotiven müssen am Morgen anderthalb Stunden vor der ersten Bergfahrt angefeuert werden.

Nach achteinhalb oder neun Stunden Arbeit springt Flück gleich unter die Dusche und spült den Russ weg. Aber trotz der ungewöhnlichen Umstände liebt er seinen Job: Es ist viel Herzblut dabei. Und ich freue mich besonders, wenn sich die Gäste für die Lokomotiven und unsere Arbeit interessieren.»

Flück ist einer von vier Heizern bei der BRB, und natürlich hat er eine Lieblingslokomotive: «Die Nummer 6 – sie ist einfach zu heizen», begründet er die Zuneigung.

Eine Zusammenarbeit der «SonntagsZeitung» mit der Brienz-Rothorn-Bahn.