Wohnen auf dem Rhein Auf diesem Frachtschiff lebt eine Basler Künstlerin
Anmari Mëtsa Yabi Wili ist mit Kulturfrachter Lorin für die Art Basel ans Rheinknie gekommen. Sie zeigt uns ihren Lebensraum, der auch Konzerthalle und Galerie ist.
Lorin heisst der Kulturfrachter, der an der Uferstrasse beim Holzpark Klybeck in Basel vor Anker liegt. Als Letztes wurde in dem 44,8 Meter langen Schiff Mais transportiert. Seit 15 Jahren ist der Kulturfrachter nicht nur der «Lebensort» der Basler Künstlerin Anmari Wili, sondern auch ihr Arbeitsort, ein Konzertsaal, eine Galerie und eine Bühne.
Die Tür zur Kommandobrücke poppt auf und eine strahlende Anmari Wili winkt heraus. Normalerweise wohnt die Künstlerin im Cargoraum, der aussieht wie ein riesiger Loft und vollständig mit Isolation ausgekleidet ist. Das macht den Raum nicht nur hell, sondern isoliert ihn auch. «Ursprünglich wollte ich alles noch mit weissen Platten auskleiden, doch dann sah ich die grosse silbrige Fläche mit den hölzernen Unterbrüchen und war hingerissen», sagt Anmari Wili.
Im vorderen Teil befinden sich, versteckt zwischen Pflanzen, Dusche, Lavabos und eine Badewanne – mit direktem Blick aufs Wasser. Die offene Küche direkt nebenan dient während ihrer öffentlichen Aktivitäten als Theke.
Im Wohnbereich hängt, steht, liegt momentan auch Kunst, sogar einige Sessel und Sofas gehören bei genauerer Betrachtung dazu. Denn ab Montag wird der Frachtraum zur «CargoSpaceGallery» und zur Konzerthalle (siehe Box). Ein Bett befindet sich hinter zwei Flügeln, wird jedoch jetzt für die Ausstellung durch einen Teil der Kunstinstallation «Notations» versteckt. «Ich geniesse die Unabhängigkeit auf dem Wasser, auf Lorin mit möglichst freiem Geist meine Projekte zu kreieren sowie Freunde und Gäste zu empfangen», so Wili, die nicht nur Pianistin, sondern interdisziplinäre Künstlerin ist.
Manchmal verlegt Anmari Willi ihren Wohnort auch in die Kapitänswohnung, wenn die Zimmer frei sind. Bei stürmischem Hochwasser oder an kalten Sommertagen lebt sie lieber über der Wasserlinie. Dort ist es wärmer und ruhiger. Diese Wohnung hat Wili in ihrem originalen Charakter belassen – viel Mahagoni, Spitzenvorhänge und ein Pflanzenstock vor jedem Fenster.
Die kleine Matrosenwohnung liegt im Bug des Schiffes – die «Hubsa#5» eine Künstlerresidenz. Kunstschaffende können hier umsonst wohnen. Momentan ist «Artistintheworld» hier einquartiert. Er ist es auch, der die Wände mit seiner Kunst bemalt hat.
Auf dem Frachter hat es mehrere lauschige Aussenplätzchen. Sogar frische Erdbeeren wachsen hier: «Die hat mir eine Kapitänin geschenkt», sagt die Künstlerin und fügt an: «Das Leben auf dem Wasser ist für die Künstlerin Balsam für die Seele, Nahrung für die Kreativität.»
25 Jahre ist es her, als Anmari Wili zum ersten Mal die kühne Vorstellung hatte, mit ihren drei Kindern und 2 Flügeln auf einem Frachtschiff leben zu wollen: «Ich habe die Idee aber sehr schnell wieder verworfen. Ich war überzeugt, ich würde mir nur Probleme schaffen. Ich dachte: Vergiss es, hier in Basel, in der Schweiz geht so etwas Ausgefallenes nicht.»
Einige Jahre lebte sie mit ihrer jüngsten Tochter in Peru. «Als ich wieder nach Basel zurückkam, war ich vollgetankt mit kreativer Energie, sodass ich die Idee umsetzen konnte.»
Sieben Jahre lang wohnte Anmari Wili auf Lorin (anfangs mit ihrer jüngsten Tochter) direkt an der Grenze zu Basel in Huningue. Als sie dort wegmusste, wurde sie zwei Jahre lang zur «Piratin vor Anker» in Grenzach-Wyhlen.
Es folgten zwei Jahre in Strassburg. Doch Strassburg war zu nah an Basel. «Ich wurde zur Pendlerin, was ich nie sein wollte. So fuhr ich von Werft zu Werft den Rhein runter, um zu schauen, welche interessante Stadt mich wohl sonst noch willkommen heissen würde», erzählt Anmari Wili.
Diesen Ort hat sie in Rotterdam gefunden, wo sie nun seit drei Jahren lebt. «Die Architektur ist unglaublich. Zudem ist Rotterdam eine Hafenstadt. Die ganze Welt kommt seit Jahrhunderten dorthin. Sie haben die Offenheit für Neues im Blut. Die Menschen leben freier», so Wili, die mittlerweile vierfache Grossmutter ist und ihr Alter lachend mit «ewig 39» angibt. Mit Basel bleibt sie jedoch verbunden: «Als Schiffseignerin muss ich wie alle anderen eine feste Adresse an Land haben. Das ist und bleibt Basel.»
Die Künstlerin könnte sich auch vorstellen, irgendwann wieder in einer Wohnung zu leben. «Das Leben an Land ist einfacher.» Zwar hat sie auf ihrem Schiff Komfort wie Waschmaschine, Tumbler oder auch eine Geschirrwaschmaschine, doch Dinge wie ein voller Wassertank, die richtige Stromversorgung und eine gute Vertäuung sind zusätzliche Aufgaben, an die man denken muss: «Das ist Arbeit.» Das halte ihr Hirn auch jung: «Lorin ist meistens das ideale Tool für meinen Lebensstil, und manchmal ein wirklich herausforderndes Riesenbaby.» «Lorin’s Promenade» hat sie im Schiffsbauch von Lorin erarbeitet. «Es sind jeweils tatsächlich ca. neun Monate bis zur Premiere», sagt Anmari Wili. Die Geburt ist am Montag.
Fehler gefunden?Jetzt melden.