Grösste Arktisexpedition aller ZeitenAuch Corona hielt sie nicht auf
Das Forschungsschiff Polarstern war fast ein Jahr in einer Eisscholle eingeschlossen und driftete durch das Nordpolarmeer. Die Temperaturen um minus 40 Grad waren dabei nicht das grösste Problem der Expedition.

Nach 389 Tagen ist am Montagmorgen das Forschungsschiff Polarstern in seinen Heimathafen Bremerhaven eingefahren, begleitet von einer Begrüssungseskorte. Hinter sich Monate der Ungewissheit und Überraschungen – eingefroren im arktischen Eis, vollständig den Kräften der Natur überlassen, driftete die Polarstern mit einer Eisscholle vom Nordpolarmeer Richtung Süden nach Grönland – durch eine Region, die in der Polarnacht praktisch unerreichbar ist.
An der Expedition Mosaic waren Hunderte Forschende aus zwanzig Ländern beteiligt, darunter auch sieben Schweizerinnen und Schweizer, die auf dem Forschungsschiff in Teilzeit lebten und arbeiteten – die Besatzung wurde fünfmal ausgetauscht. Ihre Aufgabe: das Wechselspiel zwischen Wasser, Eis und Luft in der Arktis besser verstehen zu lernen.
Die Crews erlebten dabei einen arktischen Winter, der es in sich hatte. Die Ausdehnung des Meereises erreichte gemäss nationalem Schnee- und Eisdatenzentrum der USA die zweitkleinste Fläche seit Beginn der Messungen vor rund 40 Jahren. «Wir haben gesehen, wie das Eis stirbt. Es ist in der zentralen Arktis nur noch halb so dick, und unsere Temperaturen lagen im Winter fast durchgehend 10 Grad höher als vor gut 125 Jahren», sagt Markus Rex, Expeditionsleiter des Alfred-Wegener-Instituts.

Die grösste Herausforderung war dabei die Logistik. Sieben Schiffe und mehrere Flugzeuge waren im Einsatz, um in dieser langen Zeit die Crews auszutauschen und die Polarstern sowie die Forschungsstation auf der Eisscholle mit Material und Treibstoff zu versorgen.
Eines hatte die Expedition jedoch nicht einkalkuliert: das Coronavirus. «Das Unterfangen stand auf der Kippe», sagt Markus Rex. Die Mannschaften konnten nicht mehr nach Plan ausgetauscht werden. Die Crew für die vierte Etappe zum Beispiel musste vor der Abreise zur Scholle mehr als zwei Wochen in einem Hotel in Quarantäne. Während praktisch alle Expeditionen weltweit abgebrochen wurden, passten die Organisatoren der 150 Millionen Franken teuren Expedition die Planung an die Corona-Krise an.
Noch nie hat ein Eisbrecher in der Umgebung des Nordpols überwintert. Die eigentliche Arbeit der Expedition beginnt nun erst: Die Analyse des riesigen Schatzes an Messdaten, die im Eis, im Schnee und in der Atmosphäre erhoben wurden, muss nun erst vorgenommen werden. Noch ist nicht alles verstanden, etwa, wie die starke Erwärmung in der Arktis unser Wetter und Klima in Europa verändert.
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