Sicherheit im KernkraftwerkAtomaufsicht verlangt von der Axpo Massnahmen
In Beznau gab es ein technisches Problem. Das zeigt ein unveröffentlichter Bericht. Wie die Betreiberin Axpo reagiert – und was atomkritische Kreise sagen.
Passiert ist es im letzten Mai. Betroffen war ein sogenanntes Frischdampf-Abblaseventil, von denen es im Kernkraftwerk Beznau mehrere gibt. Gemeinsam mit anderen Komponenten leisten diese Ventile einen Beitrag zur Kühlung der Brennelemente, zu einem zentralen Vorgang in einer Atomanlage also.
Am 8. Mai 2022 nun war eine der Steuerungen eines solchen Ventils nicht verfügbar, weil ein Elektronikmodul defekt war. Dies zeigt ein 22-seitiger Bericht des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (Ensi), der dieser Redaktion vorliegt. Diese Abweichung wurde vom Informationssystem der Anlage korrekt angezeigt.
Indes: Die Betriebsschicht im Meiler – also einer oder mehrere Mitarbeitende des Stromkonzerns Axpo – hatte danach «beschlossen, dieser Statusmeldung keine weitere Beachtung zu schenken». Die Betriebsschicht habe, resümiert das Ensi, die Sicherheitsrelevanz der Meldung nicht erkannt und den Vorfall auch nicht dokumentiert.
«Eine Statusmeldung, kein Alarm»
Ein Fall von menschlichem Versagen? Die Axpo bestreitet dies. Sie erklärt auf Anfrage, die Betriebsschicht habe sich korrekt verhalten, also gemäss den internen Vorschriften. Hinweise auf Fehler in der Anlage würden per Alarm gemeldet, sagt Sprecher Noel Graber. «Im vorliegenden Fall lag aber eine Statusmeldung vor und kein Alarm.»
Sicherheitstechnisch war das Vorkommnis von geringer Bedeutung, das Ensi hat es auf der Internationalen Ereignisskala mit 0 eingestuft. Publiziert werden soll es mit dem Aufsichtsbericht 2022 im kommenden Sommer. Allerdings zeigt der Fall laut Ensi, «dass die Vorschriften zum Umgang mit Statusmeldungen mit sicherheitstechnischer Bedeutung nicht ausreichend sind». Die Rede ist von Defiziten. Die Axpo muss nun «im Sinne der kontinuierlichen Verbesserung» Massnahmen ergreifen, «die sowohl die technischen wie auch die menschlichen und organisatorischen Aspekte betreffen».
«Das betroffene Abblaseventil war jederzeit bedienbar.»
Die Axpo analysiert das Ereignis noch, wie sie sagt. Dass ein Elektronikmodul defekt sei, komme «hin und wieder» vor, sagt Sprecher Graber. Das lasse sich auch in Zukunft nicht ausschliessen. «Ausfälle einzelner Komponenten werden in Beznau aber sicher beherrscht.» Das Design des Kernkraftwerks basiere auf redundanten Systemen, also auf mehrfach vorhandenen.
In Block 2 gebe es fünf solcher Abblaseventile. Nicht verfügbar gewesen sei nur eines und auch das nur von einer von mehreren Steuerstellen aus. «Das betroffene Abblaseventil war also jederzeit bedienbar», sagt Graber. Das Ensi seinerseits attestiert dem Kernkraftwerk Beznau insgesamt eine «gute Sicherheitskultur».
«Menschliche und organisatorische Defizite»
Atomkritische Kreise sind trotzdem beunruhigt. Das AKW Beznau mache einmal mehr mit Mängeln bei der Sicherheit auf sich aufmerksam, sagt Fabian Lüscher von der Schweizerischen Energie-Stiftung. «Offensichtlich stellen menschliche und organisatorische Defizite ein wachsendes Problem für die alternde Hochrisikoanlage dar.»
Die Axpo widerspricht. «Diese Geschichte zeigt, dass in der Kernenergie aus allen Ereignissen Lehren gezogen werden, auch aus solchen ohne sicherheitstechnische Bedeutung», sagt Sprecher Graber. Beznau entspreche in allen Belangen den «höchsten Sicherheitsanforderungen».
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