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Sicherheitslücke im AKW Beznau
Neue Pläne zum Erd­beben­schutz in Kritik – «Das reicht schlicht nicht aus»

Das Kernkraftwerk Beznau ist im Fokus der Atomaufsicht des Bundes. 
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Der Ursprung des Falls liegt Jahrzehnte zurück, doch seine Folgen reichen bis in die Gegenwart. Im  Kernkraftwerk Beznau waren Anfang der 1990er-Jahre zwei Notstrom-Dieselgeneratoren ohne Schockabsorber installiert worden. Und niemand bemerkte es, fast 30 Jahre lang – weder der Stromkonzern Axpo, der Beznau betreibt, noch die Atomaufsicht des Bundes (Ensi). 

Dabei sind diese Bauteile bedeutsam: Bei einem Erdbeben federn sie die starken Schwingungen ab und sichern so den Betrieb der Notstromgeräte, die ihrerseits eine eminent wichtige Funktion haben:  Beim Ausfall der ordentlichen Stromversorgung müssen sie die Reaktorkühlung sicherstellen. Erst letztes Jahr entdeckten Mitarbeiter der Beznau-Betreiberin Axpo das Versäumnis. Das Ensi reagierte. Es stellte in Aussicht, Massnahmen zu prüfen, «um solche Fälle in Zukunft unwahrscheinlicher zu machen». 

Axpo hätte Fehler entdecken können

Ein erstes Ergebnis dieser Bemühungen liegt mittlerweile vor. Es handelt sich um eine revidierte Ensi-Richtlinie mit der kryptisch klingenden Bezeichnung G07, welche die Anforderungen an die Organisation von Kernkraftwerken regelt.  Doch am Vorschlag gibt es Kritik. Das zeigt die öffentliche Anhörung, die am Donnerstag endet. Die atomkritische Schweizerische Energie-Stiftung bemängelt, die überarbeitete Richtlinie bringe in entscheidenden Punkten keine Verbesserung. 

Zwar fordert das Ensi in der Richtlinie, dass die Dokumentation der Atomanlage mit dem übereinstimmt, was im Werk tatsächlich vorhanden ist. Das sei aber nicht neu, sagt Fabian Lüscher, der bei der Energie-Stiftung den Fachbereich Atomenergie leitet. «Entscheidend ist, dass die Prüfung dieser Anforderung verbessert wird.» Vor allem, so Lüscher, müsse sichergestellt sein, dass die Annahmen, die zum Beispiel einer Erdbebenberechnung zugrunde lägen, mit der Dokumentation und dem Zustand der Anlage übereinstimmten. «Doch just das regelt die Richtlinie nicht.» Lüscher sagt, das sei bedenklich. Für ihn zeigt der Schockabsorber-Vorfall in Beznau: «Das Vertrauen darauf, dass die getroffenen Annahmen automatisch mit der Realität übereinstimmen, reicht schlicht nicht aus.»  

Knifflig am vorliegenden Fall war: Die Schockabsorber fehlten sowohl in den gelieferten Dieselgeneratoren als auch in der Dokumentation für den Zusammenbau. In den Erdbebenberechnungen ging die Axpo aber davon aus, dass die Schockabsorber vorhanden waren. Der Fehler war sehr schwierig zu entdecken, aber es war nicht unmöglich, wie das Ensi bilanziert. Eine verpasste Gelegenheit etwa war offenbar die Generalüberholung der Anlagen 2009 und 2010.

Bereits früher hatten Umweltverbände und Anwohner gefordert, Beznau müsste vom Netz. 

Der Fehler jedenfalls hatte Folgen: Die Erdbebenfestigkeit der Notstrom-Dieselgeneratoren war «reduziert», aber «keinesfalls null», wie das Ensi im Juni 2021 festhielt. Zuvor hatte die Energie-Stiftung kritisiert, es habe in Beznau während Jahrzehnten keinen ausreichenden Schutz gegen Erdbeben gegeben, wie sie Fukushima 2011 erlebt habe. Das erschüttere das Vertrauen in die Axpo und das Ensi. 

Die Axpo widersprach und verwies auf weitere, sogenannt redundante Notsysteme, welche die Sicherheit der Anlage jederzeit gewährleistet hätten. Die Kontroverse um die Erdbebenfestigkeit von Beznau ist nicht neu. Bereits in früheren Jahren hatten Umweltverbände und Anwohner gefordert, die Meiler müssten wegen mangelnder Sicherheit vom Netz, etwa 2015

Wie die aktuelle Kritik der Energie-Stiftung zeigt, ist die Kontroverse noch längst nicht beendet. Das Ensi geht auf die jüngsten Anwürfe vorderhand nicht ein. Aus seiner Antwort geht hervor, dass es die eingehenden Stellungnahmen zuerst studieren will. Was die Axpo von der neuen Richtlinie hält, ist unklar. Fragen dieser Redaktion lässt der Stromkonzern unbeantwortet: «Wir verzichten aktuell auf eine Stellungnahme.»