Ungewöhnlicher GerichtsfallBerufsmilitär fordert 100’000 Franken für Überstunden
Ein VBS-Angestellter sagt, er habe innert fünfeinhalb Jahren 1865,5 Stunden Überzeit geleistet. Seine Chefs konterten, er habe «überwiegend zu Bürozeiten» gearbeitet.
Ein Berufsunteroffizier hat gegen das Verteidigungsdepartement (VBS) geklagt. Innerhalb von fünfeinhalb Jahren will er 1865,5 Überstunden geleistet haben. Dafür verlangte er von seinem Arbeitgeber 106’790 Franken brutto. Die zuständige Abteilung im VBS, das Kommando Ausbildung, lehnte seine Forderung ab.
Doch der Mann gab nicht auf: Er zog den Entscheid weiter, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht darum kümmern musste. Dort forderte er zusätzlich fünf Prozent Zins.
Er verlangte, dass 79 ausgesuchte Zeugen befragt werden. Sie sollten nicht nur über seine geleistete Arbeitszeit vom 1. Januar 2015 bis zum 25. September 2020 Auskunft geben, sondern auch darüber, wie hoch der «dienstliche Arbeitsbedarf» war. Das VBS verwies darauf, dass die 79 namentlich genannten Personen im relevanten Zeitraum gar nicht mit dem Berufsunteroffizier zusammengearbeitet hätten. Woraufhin das Gericht darauf verzichtete, sie zu befragen.
Spätere Pensionierung als Grund genannt
Der VBS-Angestellte argumentierte unter anderem damit, dass Berufsmilitärs bis im Jahr 2013 mit 58 pensioniert worden seien. Bis 2019 lag das Rentenalter anschliessend bei 60 Jahren, dann wurde es auf 65 Jahre angehoben. Die Frühpensionierung sei auch eine Kompensation für geleistete Überstunden gewesen – die nun wegfalle. Der VBS-Angestellte geht auf die 50 zu, ist also selbst noch nicht im Pensionsalter, wie das Gericht festhielt.
Das VBS stellte fest, der Berufsunteroffizier habe die üblichen zusätzlichen Beiträge für die berufliche Vorsorge, Kompensationstage und eine einmalige Gutschrift auf dem Altersguthaben erhalten, als das Rentenalter erhöht worden sei. Zusätzliche Leistungen wären seinen Arbeitskollegen gegenüber nicht fair gewesen. Seine Vorgesetzten sagten zudem, er habe «überwiegend im Büro und zu Bürozeiten gearbeitet». Im System rapportierte er weniger als 45 Stunden pro Woche.
Die Begründung des Berufsunteroffiziers: Das Zeiterfassungstool sei nur für projektbezogene Arbeit vorgesehen gewesen. Sogar der Armeechef habe in einer Videobotschaft im Jahr 2022 eingeräumt, dass es versäumt worden sei, eine «gesetzeskonforme Lösung zur Höchstarbeitszeit zu implementieren». Seine gesamte Arbeitszeit lasse sich daher nicht eins zu eins nachweisen – sie müsse geschätzt werden. Berufsunteroffiziere würden aber «notorisch» mehr als 45 Stunden pro Woche arbeiten. Das VBS sieht vor, dass «vorübergehend hohe Belastungen» mit Freizeit ausgeglichen werden, also nicht ausbezahlt werden.
Outlook-Kalendereinträge nachträglich angepasst
Das Bundesverwaltungsgericht hat nun Mitte Februar ein Urteil gefällt, das bisher öffentlich nicht beachtet wurde. Es kam zum Schluss, dass der Berufsunteroffizier seine angeblichen Überstunden nicht genügend nachweisen könne. Seine Aufstellung sei zu wenig exakt – und er habe zudem Einträge in seinem Outlook-Kalender nachträglich angepasst.
Die Verfahrenskosten muss der Berufsunteroffizier nicht tragen – er bekommt aber keine Parteientschädigung – und schon gar keine 106’000 Franken ausbezahlt. Was das Gericht nicht klärte, ist die Frage, ob Berufsmilitärs überhaupt «finanzielle Ansprüche aus Überzeit geltend machen können» – und falls ja, zu welchen Bedingungen.
Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig, er kann ans Bundesgericht weitergezogen werden.
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