Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Massenproteste in Buenos Aires
Argentinier begehren gegen Mileis Sparpläne auf

Students protest for more public university funding and against austerity measures proposed by President Javier Milei in Buenos Aires, Argentina, Tuesday, April 23, 2024. (AP Photo/Natacha Pisarenko)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Für Andrea Soldati ist die Sache ganz einfach. Fünf Nobelpreisträger habe es in Argentinien schon gegeben, und das, glaubt die 27-Jährige, komme nicht von irgendwo: «Wir haben hier eines der besten öffentlichen Bildungssysteme in Südamerika.» Genau darum ist die Medizinstudentin heute hier, im Zentrum von Buenos Aires, wo Universitätsorganisationen für den Dienstagnachmittag zu einer Grossdemonstration aufgerufen hatten: «Verteidigen wir die öffentliche Bildung!»

Der geht es heute in Argentinien schlecht. Seit ihrem Amtsantritt im Dezember hat die rechts-libertäre Regierung von Javier Milei vor allem den Haushalt der Universitäten massiv zusammengekürzt. Einige Fakultäten mussten wegen Geldmangel schon den Strom abstellen, Hörsäle bleiben dunkel und Aufzüge funktionieren nicht mehr. Der Direktor der Universität von Buenos Aires sprach sogar von einer möglichen Schliessung, sollten nicht neue Mittel freigegeben werden.

Viele Argentinier sind alarmiert. Öffentliche Bildung war immer etwas, auf das man besonders stolz war in dem südamerikanischen Land. Die staatlichen Universitäten zählen zu den besten der gesamten Region, und sie sind ein wichtiger Motor für sozialen Aufstieg, weil das Studium weitestgehend kostenlos ist. In Argentinien, einem Land, das heute gesellschaftlich tief gespalten ist, ist der Erhalt und die Förderung von öffentlicher Bildung eines der wenigen Themen, auf das sich grosse Teile der Bevölkerung einigen können.

430’000 Protestierende – Veranstalter sehen doppelt so viele

Das zeigte sich bei den Demonstrationen am Dienstag. Allein in der Hauptstadt Buenos Aires sollen Berechnungen der ansonsten eher konservativen Tageszeitung «La Nacion» zufolge mindestens 430’000 Menschen auf die Strasse gegangen sein. Die Veranstalter gehen sogar vom Doppelten aus, und sicher ist: Es waren die grössten Massenproteste seit Amtsantritt der Regierung von Javier Milei vor etwa einem halben Jahr.

Schon im Wahlkampf hatte dieser versprochen, den Staat und die öffentlichen Ausgaben radikal zusammenzukürzen. Ziel war ein ausgeglichener Haushalt bis Ende Jahr, trotz eines gigantischen Schuldenbergs und einer Teuerungsrate von derzeit fast 300 Prozent. Subventionen wurden gestrichen und alle staatlichen Bauaufträge gestoppt. Die Inflation sinkt nun, und erst am Montagabend hatte Milei in einer landesweit übertragenen Fernsehansprache stolz verkündet, dass man den ersten Quartalsüberschuss seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten erwirtschaftet habe. «Der Plan funktioniert», jubelte der Staatschef.

(FILES) Argentina's President Javier Miei delivers a speech during the International Economic Forum of the Americas (IEFA) in Buenos Aires on March 26, 2024. President Javier Milei celebrated this Monday April 22, 2024 as a "historic feat" the first quarter with a financial surplus that Argentina has recorded since 2008 and warned the population not to expect an exit from the recession "hand in hand with public spending". (Photo by Juan MABROMATA / AFP)

Viele Argentinier aber ächzen unter den steigenden Preisen für Benzin, Strom und Gas. Der Konsum ist eingebrochen, Restaurants bleiben leer, Laufbänder stehen still. Der Rückhalt für die Regierung ist zwar immer noch gross, vor allem aber in der Mittelschicht rumort es, und die Proteste vom Dienstagabend sind der beste Beweis dafür.

Milei und sein Kabinett scheinen dabei unterschätzt zu haben, wie sehr das Thema «öffentliche Bildung» die Bevölkerung mobilisiert. Noch am Dienstagmorgen hatte der Regierungssprecher versucht, die Demonstrationen kleinzureden. Von einer «politischen Veranstaltung» war die Rede, organisiert angeblich von der linken Opposition.

Milei nennt Demonstranten «Diebe und Nichtstuer»

Der Präsident selbst wetterte im Netz gegen die Proteste. So teilte er einen Beitrag, in dem Demonstranten als «Diebe, Korrupte und Nichtstuer» beschimpft wurden. Und am Abend postete er noch ein Bild: ein Löwe, das Wahrzeichen seiner Bewegung, der genüsslich aus einer Teetasse trinkt, auf der «Die Tränen der Linken» steht.

Aber selbst die grossen Zeitungen Argentiniens, die bislang der Regierung nahestanden, schrieben in Kommentaren von einem Fehler Mileis. Auf der Demonstration am Dienstag stand auf vielen Transparenten: «Leg dich nicht mit den Unis an.» Bleibt abzuwarten, wie sehr Milei sich diese Warnung zu Herzen nimmt.