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Meinung

Kommentar zu Argentiniens Präsident
Javier Milei muss endlich anfangen zu regieren

An effigy of Argentina's President Javier Milei stands over protesters marching to Congress during a national strike to protest economic and labor reforms proposed by Milei's government in Buenos Aires, Argentina, Wednesday, Jan. 24, 2024. (AP Photo/Natacha Pisarenko)
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Man kann von Javier Milei halten, was man will, aber eines ist sicher: Er weiss, wie man Aufmerksamkeit bekommt. Seit hundert Tagen ist der 53-Jährige jetzt Präsident von Argentinien, ein selbst ernannter Anarchokapitalist mit fünf geklonten Hunden, der den Wählern einen «Kettensägenplan» versprochen hat: weniger Staat, mehr Markt, dazu ein Sparprogramm, so radikal, wie es das Land noch nicht erlebt hat.

Gebannt schaut die Welt nun auf dieses marktwirtschaftliche Experiment und auch auf den Staatschef selbst. Elon Musk ist Milei-Fan, ebenso wie Donald Trump. «Ich liebe ihn, weil er mich auch liebt», sagt der amerikanische Ex-Präsident. Und: «Make Argentina Great Again!» Auch in Europa gibt es Bewunderer, und die Friedrich-A.-von-Hayek-Gesellschaft will Milei sogar eine Medaille verleihen für sein «unerschrockenes Eintreten» für die freien Märkte.

Tatsächlich hat sich viel getan in Argentinien: Schon im Januar, einen Monat nach Amtsantritt der neuen Regierung, gab es einen Haushaltsüberschuss, den ersten seit über einem Jahrzehnt. Und im Februar sank die Inflation auf 13 Prozent, halb so viel wie noch im Dezember. Die Regierung feiert, Fans jubeln: Weiter so! Genau das aber wäre ein Fehler: Denn will Milei tatsächlich etwas verändern in Argentinien, muss er aufhören, nur zu sparen – und endlich anfangen zu regieren. (Lesen Sie zum Thema auch: «Argentiniens Präsident kündigt Schocktherapie an».)

Wirtschaft kommt nicht voran

All die schönen Wirtschaftszahlen sind bisher nämlich allein durch den Rotstift entstanden – durch gekürzte Subventionen, gestoppte Bauaufträge, eingestellte Zahlungen. Man kann sich nun darüber streiten, inwieweit das alles nötig war. Sicher aber ist, dass nicht nur viele Menschen im Land unter dem Sparkurs leiden, allen voran die Alten und die Armen, sondern längst auch die Wirtschaft: Der Konsum in Argentinien ist eingebrochen, Kräne und Bagger stehen still, ebenso wie Maschinen und Bänder in Fabriken.

Bisher hat Milei so gut wie keine konkreten Pläne vorgelegt, wie er die Produktion wieder ankurbeln will oder wo Arbeitsplätze geschaffen werden sollen. Der Markt wird es schon regeln, scheint die Devise, ganz im Sinne der libertären Ideologie, welcher der Präsident anhängt. Also wird fleissig dereguliert und ansonsten darauf gehofft, dass es schon Investitionen aus dem Ausland regnen wird, sollte Argentinien seine Finanzen wieder im Griff haben. (Lesen Sie auch die Analyse «Wo Kettensägen-Mann Javier Milei recht hat».)

Gesetzespakete scheitern

Ein Land in Wartestellung, auch, weil politisch nichts vorwärtsgeht. Mit viel Pomp hatte die Regierung zwar kurz nach Amtsantritt ein gigantisches Gesetzesvorhaben präsentiert, 300 Seiten, 600 Artikel, nur um dann zu merken, dass auch in Argentinien Politik nicht «Bestimmen», sondern «Verhandeln» bedeutet. Also musste man zurückrudern, am Ende das Paket ganz zurückziehen. Ähnliches droht nun auch einem Megadekret: Erst vergangene Woche ist es im Kongress gescheitert.

Milei schiebt bei allen Niederlagen die Schuld auf die «Kaste», jene Schicht also, die sich schon immer bereichert habe in Argentinien und die kein Interesse habe an echtem Wandel. Statt sich um Konsens oder Kompromisse zu bemühen, wütet er im Netz gegen echte und vermeintliche Feinde, gegen Provinzgouverneure genauso wie gegen Popstars. All das bringt ihm viel Aufmerksamkeit – nur eines bringt es nicht: Argentinien voran.