Geldblog: Selbstverwaltung von VorsorgegeldernAnlegerfähigkeiten werden oft überschätzt
Wenn man Pensionskassengelder bezieht und selber anlegen möchte, sollte man das Anlage- und Langlebigkeitsrisiko mitberücksichtigen.
Gerne möchte ich entweder die Rente oder die Rente plus Kapitalbezug aus der zweiten Säule ab 65 beziehen oder aber meine Pensionskasse in zwei Freizügigkeitskonten aufteilen, sobald man austreten kann. Diese Konten würde ich dann jeweils gestaffelt auflösen, zum Beispiel das eine mit 67 Jahren und nach der Versteuerung teilweise selber anlegen. Das zweite Freizügigkeitskonto würde ich dann erst mit 70 Jahren auflösen, wobei ich es zuvor zu 50 Prozent in Wertschriften anlegen würde. Trotz der geleisteten Vermögensarbeit dürfte dies im Schnitt attraktiver sein. Die Verzinsung der Pensionskassen ist gering, bei der Pensionierung werden die Umwandlungssätze von Jahr zu Jahr geringer und bei vollem Rentenbezug bleibt kein Kapital. Leserfrage von Z.L.
Sie können bei Ihrer Pensionierung problemlos eine Kombination von einem Renten- und Kapitalbezug vornehmen. Dies hat den Pluspunkt, dass Sie auf der einen Seite die Sicherheit haben, den Ihnen eine lebenslang ausgerichtete Rente bietet. Auf der anderen Seite gibt Ihnen der teilweise Kapitalbezug mehr finanzielle Flexibilität. Dieses Kapital könnten Sie dann auch selbst anlegen. Allerdings tragen Sie da sowohl das Langlebigkeitsrisiko als auch das Anlagerisiko. Sie sind dafür verantwortlich, dass dieses Geld in Ergänzung zur Rente bis an Ihr Lebensende reicht.
Wenn Sie indes die zweite von Ihnen angedachte Variante umsetzen würden, müssten Sie entweder bis zu einem späteren Bezug ab 67 weiter erwerbstätig sein und anderweitig über genügend Vermögen verfügen, damit Sie die finanzielle Lücke ab 65 überbrücken könnten. Selbstverständlich können Sie die in der Freizügigkeit parkierten Gelder in Wertschriftenfonds investieren. Sie tragen aber das volle Anlagerisiko.
Ich frage mich, warum Sie dann nicht gleich mit 65 das Kapital beziehen und es anlegen. Dann sind Sie frei und müssen beim Anlegen keine Auflagen erfüllen, wie sie auch noch in der Freizügigkeit gegeben sind. Immerhin könnten Sie mit dieser Variante einen gestaffelten Bezug vornehmen, was in einigen Kantonen zu einer tieferen Steuerbelastung führt. Wenn Ihnen dies wichtig ist, empfehle ich Ihnen, die steuerliche Behandlung Ihrer Varianten in Ihrem Wohnkanton im Detail abklären zu lassen. Falls es Ihnen in erster Linie darum geht, dass Sie beim Kapitalbezug weniger Steuern zahlen, könnten Sie sich auch mit 63 oder 64 zunächst teilpensionieren lassen und einen Teil-Kapitalbezug vornehmen und dann mit 65 das restliche Kapital beziehen. Die Variante mit den Freizügigkeitskonten finde ich indes nicht überzeugend.
Wenn Sie über welche Variante auch immer das gesamte oder einen Teil Ihres Vorsorgegeldes beziehen und dieses selbst anlegen, sollten Sie nicht zu hohe Renditevorstellungen haben. Gerade weil Sie selbst das volle Anlagerisiko und das Langlebigkeitsrisiko tragen, sollten Sie aus meiner Sicht nicht zu hohe Risiken eingehen. Wenn Ihre Anlagestrategie nicht aufgeht und Sie auf hohen Buchverlusten sitzen, reicht Ihr Kapital unter Umständen nicht, damit Sie sich Ihren Lebensstandard wie gewünscht bis ans Lebensende finanzieren können.
Aus meiner Sicht machen die meisten Pensionskassen in der Schweiz keinen schlechten Job.
Man sollte sich nicht von den Aktienrenditen der letzten Jahre blenden lassen. Erstens können Sie aus Risikogründen nicht das ganze Altersgeld auf Aktien setzen und zweitens müssen Sie damit rechnen, dass es künftig vielleicht auch längere Zeit deutlich geringere Renditen gibt. Auch die Aktienmärkte können während mehrerer Jahre durch eine Baisse gehen – etwa wenn es im Krieg in der Ukraine zu einer weiteren Eskalation kommt. Auf jeden Fall wird die Anlage der Gelder mit dem Krieg in der Ukraine, den steigenden Zinsen in den USA und bald auch in Europa, der hohen Inflation in Amerika und Europa und angesichts weiterer geopolitischen Risiken anspruchsvoll.
Aus meiner Sicht machen die meisten Pensionskassen in der Schweiz keinen schlechten Job. Laut Swisscanto erwirtschafteten die erfassten Schweizer Vorsorgeeinrichtungen im letzten Jahr eine geschätzte vermögensgewichtete Rendite von 9,25 Prozent. Im Vorjahr lag die durchschnittliche Rendite bei 3,97 Prozent und 2019 bei 10,85. Dass man auch als Privatanleger über drei Jahre hinweg solche Resultate erreicht, ohne dass man zu hohe Risiken eingeht, ist keineswegs ein Kinderspiel. Die Verzinsung der Guthaben der Aktivversicherten betrug 2020 laut Swisscanto in Durchschnitt 2,03 Prozent und 2019 2,64 Prozent.
Es stimmt, dass die Umwandlungssätze in den letzten Jahren stark gesunken sind. Wenn man deswegen das Kapital bezieht, sollte man sich allerdings die Anlagerisiken und das Langlebigkeitsrisiko vor Augen halten. Zudem sollte man seine eigenen Anlagefähigkeiten nicht überschätzen und bei seiner Planung lieber bescheidene Renditen budgetieren. Wenn es dann besser kommt als gedacht, sind Sie besser bedient, als wenn Sie von höheren Renditen ausgegangen sind und stattdessen auf Buchverlusten sitzen.
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