Vertriebsprovisionen für BankenAnleger aufgepasst: Bei höheren Gebühren gibt es oft eine tiefere Rendite
Mit günstigeren Finanzprodukten sparen Anleger nicht nur Gebühren, sondern erzielen meist auch höhere Erträge. Bankkunden sollten vor allem aktive Fonds und Vertriebsprovisionen kritisch hinterfragen.
Wer einen höheren Preis für etwas bezahlt, erhält in der Regel eine grössere Menge oder eine bessere Qualität. Bei Finanzprodukten ist es jedoch oft umgekehrt: Anleger, die mehr Gebühren bezahlen, erhalten meist weniger Rendite. Das zeigt eine aktualisierte Studie der Anlageberaterin VZ Vermögenszentrum, deren finale Version demnächst veröffentlicht wird.
Für das Corona-Jahr hat das VZ Vermögenszentrum die Rendite von 140 verschiedenen Depots und die Zusammensetzung von 2500 Depots untersucht. Dabei zeigt sich, dass Banken 2020 ihren Kunden wie schon in den Vorjahren erneut mehr eigene Produkte verkauft haben, mit denen sie mehr verdienen. «Auf diese Weise kompensieren sie Ertragsausfälle, die aufgrund des schwierigen Umfelds entstehen», sagt Karl Flubacher vom VZ Vermögenszentrum. 2016 sei der Anteil der bankeigenen Produkte in Depots von Privatanlegern nach Volumen gewichtet noch unter 30 Prozent gelegen. «Seither ist deren Anteil bis 2020 auf durchschnittlich 63 Prozent gestiegen.»
Die Analyse zeigt auch, dass ein Depot durchschnittlich umso weniger Rendite abwirft, je höher der Anteil der bankeigenen Produkte ist. Und je mehr bankeigene Produkte im Depot sind, desto grösser ist auch das Volumen der aktiv verwalteten Fonds. Für aktive Fonds bezahlen Anlegerinnen und Anleger deutlich mehr Gebühren als für passive Fonds, die einen Index abbilden. Zudem zeigen verschiedene Untersuchungen, dass aktive Fonds höchst selten mehr Rendite bringen.
«Das Brimborium mit Analysten und Vermögensverwaltern, die für viel Aktivität und Transaktionskosten sorgen, braucht es nicht», sagt Reto Spring, Präsident des Finanzplanerverbands Schweiz und Partner der Beratungsfirma Academix. Stattdessen sei es viel ergiebiger, wie die Investment-Legende Warren Buffet nach einer wohlüberlegten Strategie Anteile zu kaufen und diese längerfristig zu halten.
Kunden zu wenig transparent informiert
Doch warum kaufen Kundinnen und Kunden je länger, desto mehr teurere Bankprodukte, die in der Regel weniger Rendite bringen? «Häufig zeigt sich im Nachhinein, dass Kunden zu wenig transparent über die Produktekosten informiert worden sind», stellt Karl Flubacher fest. Die Kunden sollten das Kleingedruckte in Depotreglementen lesen, was kaum jemand tut. Dort müssen Banken gemäss Finanzdienstleistungsgesetz neuerdings über Fehlanreize zum Nachteil des Kunden bei Finanzprodukten informieren.
So steht zum Beispiel im Reglement einer Schweizer Grossbank: «Vertriebsentschädigungen und der Einsatz von konzerneigenen Anlageprodukten wie Fonds und strukturierte Produkte können bei der Bank zu einem Interessenkonflikt bei der Produktauswahl im Vergleich zu Produkten ohne Vertriebsentschädigungen oder zu konzernfremden Produkten führen.» Mit anderen Worten: Kunden nehmen den Interessenkonflikt der Bank in Kauf und akzeptieren damit auch schlechtere Konditionen, von denen das Finanzinstitut profitieren kann.
Die erwähnten Vertriebsentschädigungen sind manchen besser bekannt als Retrozessionen. Damit werden Finanzinstitute und Vermögensverwalter belohnt, wenn sie ihren Kundinnen und Kunden bestimmte Produkte ins Depot legen. So entsteht für Bankangestellte der Anreiz, Finanzprodukte zu verkaufen, für die sie am meisten Provisionen erhalten. Für Kunden ist das der falsche Anreiz, weil diese so nicht die günstigsten Produkte erhalten.
Gemäss Gerichten sind solche Kick-backs für Banken eigentlich gar nicht mehr erlaubt. Schon 2006 stellte das Bundesgericht fest, dass diese Provisionen dem Kunden gehören. 2012 schärfte das Bundesgericht das Urteil nach und präzisierte, dass Retrozessionen an Kunden weitergegeben werden müssen. Und 2017 kam es zum Schluss, dass Kunden diesen Anspruch sogar bis zehn Jahre rückwirkend geltend machen können.
Drei Bedingungen, die erfüllt sein müssen
Doch anstatt auf dieses einträgliche Geschäft zu verzichten, haben viele Banken wie im erwähnten Beispiel ihre Depotreglemente oder ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen angepasst. Vertraglich müssen folgende drei Bedingungen erfüllt sein, um die Retrozessionen trotz anderslautenden Gerichtsurteilen zu ermöglichen: Erstens muss der Kunde ausdrücklich darauf verzichten, zweitens muss er die Bandbreite der möglichen Retrozessionen im Voraus in Prozent kennen, und drittens muss er darüber informiert sein, was für Eckwerte bei den Retrozessionen die Bank mit Dritten vereinbart hat.
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