Bebe Rexha, Pink, Harry StylesAngriffe auf Stars auf der Bühne häufen sich – was dahinter steckt
Von Asche bis Handy: Mehrere Musikerinnen und Musiker wurden jüngst mit Gegenständen beworfen. Was Veranstalter dagegen unternehmen und wie das Verhalten zu erklären ist.
Die Ansage von Adele ist deutlich. «Ich warne euch», sagte sie bei ihrem jüngsten Auftritt im Caesars Palace in Las Vegas. «Wenn ihr es wagt, etwas auf die Bühne zu schmeissen, dann bringe ich euch um.»
Adele nimmt damit Bezug auf eine irritierende Entwicklung. In den vergangenen Wochen sind wiederholt Musikerinnen und Musiker bei ihren Auftritten mit Gegenständen beworfen worden.
«Wer hat eine Pussy auf die Bühne geworfen?»
Das jüngste Opfer: US-Rapper Lil Nas X. Er konnte mit einem Schritt zur Seite gerade noch ausweichen, als ein Sextoy auf die Bühne flog und direkt vor seinen Füssen landete. Der Musiker unterbrach sofort das Konzert und fragte: «Wer hat eine Pussy auf die Bühne geworfen?» Die Szene spielte sich vor wenigen Tagen bei einem Festival in Stockholm ab. Sie sorgte bei den Fans für Lacher, der Musiker auf der Bühne wiederum dürfte trotz entspannter Reaktion erschrocken sein.
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Die meisten Wurfattacken gehen glimpflich aus. Bei Pink landete ein Sack mit der Asche einer Verstorbenen auf der Bühne. «Ich weiss nicht, was ich fühlen soll», sagte die Musikerin. Countrystar Kelsea Ballerini wurde von einem Armband getroffen, sie konnte ihre Show nach einem Unterbruch fortsetzen.
Doch es gab auch drastischere Angriffe: Bei Ava Max sprang zum Schluss des Konzerts ein Fan auf die Bühne und schlug ihr ins Gesicht. Auf Twitter verurteilte die Sängerin das Verhalten des Mannes scharf, «er kommt nie mehr bei meinen Konzerten rein».
Bebe Rexha, die mit «I’m Good (Blue)» einen der grössten Hits des vergangenen Jahres geschafft hatte, musste sogar ins Spital, nachdem sie mit einem Smartphone oberhalb des Auges getroffen worden war. Rexha musste ihren Auftritt abbrechen, die Wunde genäht werden. Auf Instagram postete sie wenig später ein Foto mit hochgerecktem Daumen und schrieb dazu: «Mir gehts gut.»
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Die Wurfattacken zeigen, wie exponiert Künstlerinnen und Künstler auf der Bühne sind, und wie verwundbar, im Wortsinn. «Wir sind uns dieser Vorfälle bewusst», sagt Philipp Musshafen, Direktor des Hallenstadions Zürich, der grössten Konzertstätte des Landes. Handlungsbedarf bestehe nach den aktuellen Zwischenfällen aber nicht. «Sicherheit steht bei uns seit jeher an oberster Stelle, denn unsere Besucherinnen und Besucher, aber auch Künstlerinnen und Künstler sollen sich wohl und sicher fühlen.» Für die Zukunft würden auch digitale Systeme geprüft, analog zur Sicherheitskontrolle am Flughafen, die allfällige Wurfgeschosse entdecken sollen.
Längst sind Eingangskontrollen bei Festivals und Grosskonzerten Standard, es gibt klare Einschränkungen, was jeweils mitgenommen werden darf. Beim weltgrössten Veranstalter Livenation gilt die Grundregel: «Taschen, Regenschirme und Rucksäcke sowie Helme und Behältnisse aller Art sind grundsätzlich verboten», Medikamente und Kosmetika müssen auf ein Minimum beschränkt werden. Ebenfalls nicht zugelassen sind Selfiesticks, Kameras oder Transparente. Im Hallenstadion gibt es bei Stehplatzkonzerten Getränke nur im Offenausschank.
Dennoch lässt sich nicht komplett verhindern, dass Gegenstände auf die Bühne fliegen – denn alles kann zu einem Wurfgeschoss werden, wie die Vorfälle der vergangenen Wochen zeigen. Harry Styles wurde einst mit Chicken Nuggets beworfen (seine Reaktion: «Ich esse kein Fleisch»). Hier sei vor allem das Sicherheitspersonal gefordert, sagt Hallenstadionchef Musshafen. «In der gesamten Arena und auch im Bühnengraben ist vor, während und nach der Veranstaltung entsprechendes Personal aufgestellt, das Rundgänge macht und bei Nichteinhalten der Sicherheitsvorschriften sofort handelt.»
Dass Künstlerinnen und Künstlern auf der Bühne Gegenstände entgegenfliegen, ist nicht neu, mal aus Protest, mal als Liebesbekundungen. Im Theater waren es einst faule Tomaten, bei Popstars Unterwäsche.
Doch warum häufen sich die Wurfattacken gerade? Eine mögliche Erklärung ist, dass die Konzertbesucher damit virale Momente kreieren wollen. Heutzutage wird bei Konzerten ständig gefilmt, die Clips von den Szenen machen zuverlässig die Runde auf Tiktok, Twitter und Instagram, aber auch bei klassischen Medien.
«Ich dachte, es wäre lustig.»
Es kann für die Besuchenden also zu einer Art Challenge werden, bei einem Konzert auf sich aufmerksam zu machen. Damit können diese Aktionen auch als eine Art Übersetzung von Online-Verhalten ins echte Leben gesehen werden – Aufmerksamkeit um jeden Preis. Dabei werden zunehmend auch persönliche Räume ignoriert.
Der Angreifer, der Bebe Rexha mit dem Handy verletzt hatte, wurde ausfindig gemacht, verhaftet und wegen Körperverletzung angeklagt. Bei der Anhörung sagte er: «Ich dachte, es wäre lustig.» Auch wenn den Stars physisch nichts Gravierendes zustösst, so bleiben der Schock und die Verunsicherung. Adele sagte in Las Vegas, dass einige Menschen offenbar nicht mehr wüssten, wie man sich bei Konzerten anständig verhalte. Mit Folgen, die für die Künstlerinnen und Künstler alles andere als lustig sind.
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