Der passionierte ErfinderAn seinem Wanderstock tüftelte er 20 Jahre – nun nennt er ihn «revolutionär»
Ob Zeckenstopper, Strumpfhose oder eben Wanderstock: Der Luzerner Armin Furrer denkt viele Alltagsdinge neu. Die Industrie aber zeigt ihm die kalte Schulter.
Seine Frau findet manchmal, der Armin übertreibe es ein bisschen mit seinem Erfindertum: vor allem, wenn er mal wieder eine Neuentwicklung zum Patent angemeldet hat. Nichts als Aufwand. Und diese Kosten! Richtig ist: Armin Furrer, pensionierter Grafiker mit eigenem Geschäft aus Luzern, ist Erfinder. Von klein auf schon. Als Kind ging er auf den Schrottplatz, um sich aus Röhren prächtige Gewehre zu basteln.
«Ich kann es gut mit den Händen», sagt er mit dem verschmitzten Charme eines Buben. Aber natürlich ist es nicht bei Gewehren oder Pfeilbogen geblieben (er war ein «Indianer»-Fan). Sobald Armin Furrer etwas in die Hände bekommt, das seiner Meinung nach nicht wunschgemäss funktioniert, beginnt es ihn zu jucken. Hunderte Ideen hat er darum in seinem Kopf, aber nur ein Leben, will heissen: Armin Furrer muss sich auf die drängendsten bzw. wesentlichsten konzentrieren.
Weitwanderer und Fliegenfreund
Und weil Furrer zugleich ein Weitwanderer ist, mitunter auch einmal mehrere Wochen geht, hat er sich besonders auf das Erfinden oder zumindest Verbessern von Outdoor-Gegenständen und -Kleidern spezialisiert. Daneben aber hat er unter anderem eine Pizzaschere oder eine Fliegenfalle kreiert, weil man mit den normalen Fliegentätschen die Tiere doch einfach nur an die (weisse) Wand klatscht – und das sieht hässlich aus und killt die Tiere. Sein Tätscher hingegen fängt das Tier, womit es komplett unversehrt in die Natur entlassen werden kann.
Aber wir schweifen ab: Es soll schliesslich um den Outdoor-Erfinder Furrer gehen. Das kam so: Nach diesem Text über Wanderstöcke (Mit Stöcken verbraucht man deutlich mehr Kalorien – doch sind sie auch sinnvoll?) meldete sich der Erfinder beim Schreibenden. Schliesslich findet er seine eigenen, selbst entwickelten Trekkingstöcke «revolutionär» – mit folgenden Zusatz: «Aber sonst scheinbar kein Mensch auf der Welt.»
Und darin liegt das Schicksal dieses schweizerischen Daniel Düsentrieb: Was auch immer er kreiert oder verbessert und dann Outdoor-Firmen schmackhaft zu machen versucht: Es stösst auf wenig Begeisterung, ja gar auf Ablehnung. Lückenlos hat Furrer jede Korrespondenz mit diesen Firmen archiviert, wie er auch jede Entwicklung fein säuberlich dokumentiert hat.
Besonders ausführlich musste er das in den wenigen Fällen tun, wo er ein Produkt zum Patent anmeldete. Und das geht schnell einmal ins Geld, mehrere Tausend Franken kommen da zusammen. Für die Trekkingstöcke, die er während 20 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt hat, investierte er einen fünfstelligen Betrag. Gar einen Test bei der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt liess er machen.
Der Test war eindeutig: Der Stock von Furrer entlastet Beine und Knie markant besser als konventionelle Stöcke und bringt mehr Schub beim Aufstieg. Der 68-Jährige witterte den grossen Durchbruch. Doch eine Absage nach der anderen erreichte ihn – viele Firmen reagierten nicht einmal.
Das findet Armin Furrer sehr unhöflich. Gut: Dass die Etablierten seine Trekkingstock-Variante ablehnten, überraschte ihn wenig. Sie würden schliesslich mit ihren Modellen gutes Geld verdienen. Er wiederum behaupte ja, diese Stöcke taugten eher wenig. Ergo müssten diese Firmen zugeben, dass es ihnen mehr ums Geschäft als das Wohl der eigenen Kunden gehe, sagt Furrer.
Dass aber auch kleinere Firmen nicht einmal an einer Präsentation interessiert waren, findet er komisch: «Nur wer riskiert, kann doch gewinnen», sagt er. Und obschon er nach jeder Absage mal einen kurzen Hänger habe, lasse er sich nicht entmutigen und vom Erfinden abbringen.
Denn um den kommerziellen Erfolg als solchen geht es ihm nicht. Natürlich hätte er gerne wenigstens den finanziellen Aufwand zurück, den er betreibt. Er mag aber viel mehr die Herausforderung: eine Erfindung so weit zu bringen, dass sie im Markt bestehen könnte. Im Kern ist er jedoch glücklich, «wenn ich einen Gegenstand besser gemacht habe als alles, was ich kaufen kann».
Darum hat er an seiner Wanderausrüstung so gut wie alles weiterentwickelt oder selber kreiert. Das beginnt schon bei der luftigen Strumpfhose aus Nylon (Socken trägt er keine beim Wandern). Wissen muss man: Weitwanderer Furrer achtet auf jedes Gramm, das er einsparen kann.
Das Stirnband ist auch ein Nierengurt
Von der selbst genähten Strumpfhose geht es über die Hosen und den Poncho zum Hut, alles Eigenkreationen mit gemäss Furrer «besserer Belüftung». Das Stirnband wiederum lässt sich zu einem Nierengurt umbauen, damit diese sensible Körperstelle geschützt ist. Auf die Schuhe kommen eigene Schuhketten, weil die gängigen Produkte sich entweder als zu wenig stabil und robust oder als zu sperrig erwiesen haben.
Fein ausgebreitet hat Furrer alle seine Kreationen in der luftigen Wohnung nahe dem See, zieht sie an, zeigt, erklärt – und weist auf ein Blatt Papier mit verschiedenen viereckigen Stoffteilen hin. Was wie ein kleines Kunstwerk aussieht, ist sein «Projekt Zecke». Als Weitwanderer ist er immer wieder von den Tierchen befallen, also begann er sich zu überlegen, wie er sich die Zecken vom Körper halten kann.
Das «Projekt Zecke»
Dafür hat er eine Zecke heimgebracht und immer wieder über verschiedene Stoffe bzw. Materialien krabbeln lassen, die er mit einem Spezialöl behandelte. Mehr darf der Schreibende nicht verraten, weil das Projekt noch in Entwicklung ist.
Er weiss, warum er vorsichtig ist: Mehrmals sprach er bei Firmen vor, erhielt eine Absage, aber entdeckte zufällig Jahre später «sein Produkt» im Angebot dieser Firmen.
Erfinder Armin Furrer muss dann kurz und tief durchatmen, dann geht es weiter. Denn es gibt doch noch so viele Gegenstände, die nur darauf warten, von ihm besser gemacht zu werden.
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