Kauf neuer KampfflugzeugeAmherd setzt wohl auf US-Jet F-35
Der Kampfjet-Entscheid im Bundesrat steht unmittelbar bevor. Im Verteidigungsdepartement soll sich der umstrittene F-35 aus den USA durchgesetzt haben.
Nach Wochen und Monaten der vermeintlichen Ruhe gegen aussen sind am Montag plötzlich vertrauliche Nachrichten an die Öffentlichkeit gelangt. Still und heimlich hatte bis dahin die Luftwaffe ihr Projekt für den modernsten Kampfjet vorangetrieben, loyal und ebenso vertraulich trug Verteidigungsministerin Viola Amherd die Wünsche aus der Armee mit. Der Tarnkappenjet F-35 aus den USA soll es sein, nach vertiefter Prüfung durch die Rüstungsbehörde Armasuisse angeblich der günstigste und zugleich der modernste Jet.
Bundesrätin Viola Amherd (Die Mitte) hörte auf ihre Berater und Einflüsterer aus dem eigenen Departement, folgte deren Kosten-Nutzen-Denken, schlug kritische und unabhängige Berichte aus den USA sowie den ersten Käufernationen in Europa in den Wind und scheint vom multifunktionalen Superjet aus Übersee überzeugt zu sein.
Die «Rundschau» des SRF meldete am Montag praktisch zeitgleich mit der NZZ, Amherd beantrage dem Bundesrat den Kauf des F-35. Der Jet neuster Generation des US-Herstellers Lockheed Martin habe im Auswahlverfahren der Schweiz mit Abstand am besten abgeschnitten. SRF berief sich dabei auf satte «drei voneinander unabhängige Quellen»: Sowohl finanziell als auch technisch liege der Tarnkappenjet deutlich vor den anderen drei Konkurrenten, der Super-Hornet von Boeing (USA) sowie der Rafale (F) sowie dem Eurofighter (D, GB, E, I).
Verteidigungsministerin Viola Amherd habe aufgrund des vorteilhaften Angebots der Amerikaner keine andere Wahl, als dem Bundesrat den Kauf des F-35 zu beantragen, vermeldet SRF. Wie sich dieser entscheiden wird, ist allerdings offen. Nach Angaben der NZZ soll Bundesrat Ueli Maurer (SVP) Bedenken angemeldet haben und Aussenminister Ignazio Cassis ein europäisches Flugzeug bevorzugen.
Zu reden dürfte allerdings noch ein weiterer Punkt geben. So stellt sich die Frage, ob die Rüstungsbehörde Armasuisse in der Ausschreibung des 6-Milliarden-Auftrags gegen Regeln verstossen hat.
Verletzt Armasuisse die Regeln?
Die NZZ meldet, der Tarnkappenjet F-35 habe in der Evaluation mit vergleichsweise tiefen Betriebskosten über die gesamte Lebensdauer hinweg gepunktet. Und wörtlich: «Wegen seines Simulatorsystems braucht er wesentlich weniger Flugstunden als ein herkömmlicher Jet.»
Diese Bemerkung über die Vorzüge eines F-35-Simulators ist allerdings falsch. Alle drei anderen Jets, die dem F-35 unterlegen sein sollen, verfügen ebenfalls über hochmoderne, teils robotergesteuerte Simulationsmöglichkeiten. Allesamt bieten damit, analog zum F-35, ein modernes Trainingsumfeld, mit dem sich Flugstunden reduzieren, die Umwelt schonen und Kosten reduzieren lassen.
Die Frage lautet deshalb, berücksichtigte Armauisse beim F-35 einen Vorteil, zu dem die anderen drei Anbieter gar nicht Stellung nehmen konnten?
Recherchen dieser Zeitung ergeben, dass Armasuisse dazu angehalten war, alle vier Anbieter aus Vergleichsgründen exakt mit denselben Fragen und Aufgaben zu konfrontieren. Die Frage nach den Kosten pro Flugstunde und den Lebenswegkosten lauteten demnach für alle genau gleich. Indessen wurde in der detaillierten Schweizer Offertanfrage nicht verlangt, dass die Kosten durch Simulationssysteme reduziert werden können.
Hätte Armasuisse genau dies erfragt, resultierten nicht nur beim F-35 massiv tiefere Lebenswegkosten, sondern auch bei den anderen drei Konkurrenten. Bei den europäischen Jets kann diese Reduktion über eine Betriebsdauer von 30 Jahren für die gesamte Flotte gut und gerne eine Milliarde Franken betragen. Dies sagen zwei voneinander unabhängige Quellen auf Anfrage.
Politisches Seilziehen
Weitere Abklärungen dieser Zeitung haben ergeben, dass auf Ministerebene zwischen der Schweiz und Frankreich die letzten Tage und Wochen ein reger Austausch stattgefunden hat. Die Resultate der Gespräche zwischen den Finanz-, Wirtschafts- und Aussenministerien der beiden Länder sind öffentlich nicht bekannt. Dem Vernehmen nach bemüht sich Frankreich, den Zuschlag aus der Schweiz auch durch politische Gegengeschäfte zu erhalten. Die Rede ist unter anderem von politischer Unterstützung in den Beziehungen zur EU.
Am Mittwoch berät der Bundesrat über den Typenentscheid. Ob er diese Woche fällt oder erst später, ist offen.
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