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Björn Höckes Triumph
«Hören Sie auf, mich zu stigmatisieren»

01.09.2024, Thüringen, Erfurt: Björn Höcke (AfD), Partei- und Fraktionsvorsitzender der AfD in Thüringen und Spitzenkandidat, geht nach der Prognose um 18 Uhr durch den Landtag. In Thüringen fand am Sonntag die Landtagswahl statt. Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Das neue Gewicht der AfD will Björn Höcke die Journalisten gleich spüren lassen. Als der ARD-Moderator dem AfD-Landeschef im Interview zum Einstieg vorhält, dass seine Partei in Thüringen die meisten Stimmen erhalten habe, aber als gesichert rechtsextrem eingestuft werde, fällt Höcke ihm gleich ins Wort. «Hören Sie auf, mich zu stigmatisieren», der Moderator wolle doch wohl nicht «ein Drittel der Wähler als rechtsextrem einstufen», sagt Höcke forsch – und schmunzelt den Moderator, Gunnar Breske, provozierend an. (Lesen Sie hier unseren Kommentar zu den Landtagswahlen.)

Diesen Wahlerfolg will sich der Thüringer AfD-Partei- und Fraktionschef nicht durch kritische Fragen vermiesen lassen. Er sehe das Wahlergebnis als Regierungsauftrag, gibt Höcke zu verstehen, und man werde nun beraten, welche Parteien man zu Gesprächen dazu einlade. Das Ergebnis ist indes erwartbar: Alle anderen Parteien haben eine Koalition mit der AfD vor der Wahl ausgeschlossen.

Der Thüringer Landtag am frühen Sonntagabend: In einem grossen Pulk aus Personenschützern, Kameraleuten und Gefolgsleuten schiebt sich Björn Höcke durch die Flure zu den Fernsehsendern, die ihre Studios im Landtag aufgebaut haben. Auf Journalistenfragen im Vorbeigehen geht Höcke nicht ein, aus seiner Sicht dürften die Wähler an diesem Tag alles gesagt haben. Die AfD liegt laut den Hochrechnungen bei mehr als 30 Prozent und damit deutlich vor der CDU. Der Wahlerfolg der AfD fällt damit noch grösser aus, als die letzten Umfragen hatten erwarten lassen. Die AfD wird durch das Ergebnis in Thüringen erstmals stärkste Kraft bei einer Landtagswahl.

AfD-Bundesparteichef Chrupalla nennt das Ergebnis «sensationell»

Spannend blieb bis zuletzt, ob die AfD mindestens ein Drittel der Mandate im Landtag erringt. Damit müsste sie bei wichtigen politischen Fragen einbezogen werden. Sie könnte etwa die Wahl von Richterinnen oder Richtern für das Landesverfassungsgericht blockieren und müsste bei Änderungen der Landesverfassung zustimmen. Laut den Hochrechnungen vom Abend konnte sie mit der nötigen Zahl von Mandaten rechnen, wenn auch knapp. (Mehr dazu: Macht, Sabotage und Sonder­rechte – die Folgen des AfD-Wahlsiegs für die Demokratie)

In Sachsen kann die AfD ebenfalls deutliche Zugewinne verbuchen, unklar war allerdings, ob sie die regierende CDU mit Ministerpräsident Michael Kretschmer noch überholen kann. Die Christdemokraten lagen in den Hochrechnungen mit etwa 32 Prozent knapp vorne. Auch hier könnte die AfD ein Drittel der Mandate im Landtag erringen. AfD-Bundeschef Tino Chrupalla nannte das Ergebnis «sensationell». Auch der AfD-Landesverband Sachsen wird vom Verfassungsschutz als «gesichert rechtsextremistisch» eingestuft.

Journalisten dürfen nicht zur AfD-Wahlparty

Kurz vor der Wahl hatte der Thüringer AfD-Landesverband Journalisten von der Teilnahme an der AfD-Wahlparty in Erfurt ausgeschlossen. Zuvor hatte das Landgericht Erfurt entschieden, dass die AfD mehreren Journalisten überregionaler Medien den Zugang zur Wahlparty nicht verwehren darf. Gemeinsam geklagt hatten unter anderen «Spiegel», «Bild», «Welt» sowie «TAZ», die «Süddeutsche Zeitung» hatte in einem eigenen Verfahren vor dem Landgericht einen Zugang erstritten.

Der Vorsitzende Richter Christoph von Friesen begründete das Urteil unter anderem damit, dass die AfD Medienvertreter zu der Wahlparty zugelassen habe. Deshalb müsse die Partei anderen Medienvertretern ebenso eine Teilnahme ermöglichen. Es besteht also ein Recht auf Gleichbehandlung. Daraufhin erklärte die AfD, es würden nun gar keine Medienvertreter zugelassen, auch diejenigen nicht, die bereits eine Akkreditierung erhalten hätten.

Erfolgreich, aber einsam

Die AfD hatte die Landtagswahlen in den vergangenen Monaten dargestellt als die Möglichkeit, die ersehnte Regierungsmacht zu erlangen. «Denn wir werden in Sachsen, Thüringen und Brandenburg die Regierung stellen», sagte der AfD-Vorsitzende Chrupalla auf dem Bundesparteitag Ende Juni in Essen. Die zentrale Herausforderung für die AfD ist allerdings, dass keine der anderen absehbar im Landtag vertretenen Parteien mit den Rechtsextremen zusammenarbeiten will, einschliesslich des BSW, des Bündnisses Sahra Wagenknecht.

Das Wahlergebnis dürfte die Rolle von Björn Höcke in der AfD stärken. Der Rechtsextremist, der als einflussreicher Strippenzieher und Mehrheitsbeschaffer in der Partei gilt, hatte zuletzt an Einfluss verloren. Mit dem Wahlsieg in Thüringen und dem bisher besten AfD-Landtagswahlergebnis dürfte Höckes innerparteiliches Gewicht nun wieder deutlich zunehmen.