Kommentar zu Abtreibungen in FrankreichWehe, wenn die Stimmung kippt
Frankreich schreibt das Recht auf Abtreibung in die Verfassung. Das ist richtig – und gibt doch auch Anlass zur Sorge.
Frankreich hat das Recht auf Abtreibung in der Verfassung festgeschrieben: Mit überwältigender Mehrheit stimmten die beiden Parlamentskammern für die «garantierte Freiheit der Frau, Zugang zu einem freiwilligen Schwangerschaftsabbruch zu haben».
Nun könnte man denken: Klar, dass ausgerechnet Frankreich hier vorangeht. Dort waren die Regeln schon zuvor sehr liberal. Demnach ist die Erhebung in den Verfassungsrang nur konsequent.
Aber das Gegenteil ist richtig. Dass es selbst die Franzosen für nötig erachten, die Möglichkeit zur Abtreibung per Verfassung zu schützen, zeigt: Die Sorge in Frankreich ist gross, dass sich der politische Wind auch in diesem Land wieder drehen könnte.
Die USA sind dafür nur das berühmteste Beispiel. Dort kippte der Supreme Court vor knapp zwei Jahren das bundesweite Recht auf Abtreibung; seitdem haben viele republikanisch regierte Staaten die Möglichkeiten für einen legalen Schwangerschaftsabbruch stark eingeschränkt. In Italien hat Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zwar versprochen, die geltenden Abtreibungsregeln nicht anzutasten. Aber angesichts der politischen Verhältnisse sind dort immer weniger Ärzte bereit, den Eingriff vorzunehmen.
In Frankreich kritisierten Konservative, die Befürworter der Verfassungsreform würden eine Gefahr heraufbeschwören, die es in ihrem Land gar nicht gebe. Aber «Wird schon gut gehen» ist nicht nur bei der Familienplanung eine schlechte Strategie – sondern auch im Umgang mit rechten Eiferern.
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