«Anti-Chaoten-Initiative» ZürichDer Gegenvorschlag wird klar angenommen – sogar in der Stadt Zürich
Die Initiative der Jungen SVP scheitert deutlich. Trotzdem wird die Schraube für Demonstranten angezogen. Jetzt geht das Hickhack um die Umsetzung los.
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Das Wichtigste in Kürze:
Die «Anti-Chaoten-Initiative» der Jungen SVP erzielte einen Ja-Anteil 40,8 Prozent. Sie hatte eine grundsätzliche Bewilligungspflicht für Demonstrationen im Kanton Zürich gefordert. Wer sich nicht daran hält und dadurch einen Polizeieinsatz verursacht, soll die entstandenen Kosten tragen.
Der schwächere, von der Regierung unterstützte Gegenvorschlag holte einen Ja-Anteil 63,8 Prozent. Er sieht ebenfalls eine Bewilligungspflicht vor. Die Kostenüberwälzung wäre aber nur zwingend, wenn Demoteilnehmende vorsätzlich gehandelt haben.
Die Gegner der Vorlage geben sich kampfeslustig: Sie kündigen an, sich weiterhin politisch und allenfalls rechtlich gegen die Umsetzung des Gegenvorschlags zu wehren.
Die SVP kündigt an, auf eine strenge Umsetzung des Gegenvorschlags zu pochen.
«Ein guter Tag für den Kanton Zürich», sagt Mario Fehr
Das deutliche Nein zur «Anti-Chaoten-Initiative» habe auch ihn überrascht, sagte Mario Fehr an der Medienkonferenz der Regierung. Es habe sich – wie bei der Uferweginitiative und der Pistenverlängerung – um eine stark umstrittene Vorlage gehandelt. «Wäre die Initiative angenommen worden, hätte dies zu Umsetzungsproblemen geführt», sagte Fehr. «Dazu kommt es jetzt nicht. Das Vertrauen in die Regierung hat sich durchgesetzt.» Er geht wie die Vertreter der SVP davon aus, dass die Initiative angenommen worden wäre, wenn die Regierung und das Parlament keinen Gegenvorschlag erarbeitet hätten.
Dies sei deshalb ein guter Tag für den Kanton Zürich. Praktisch zwei Drittel der Stimmberechtigten und alle Bezirke hätten Ja gesagt zum Gegenvorschlag. «Auch eine Mehrheit in der Stadt Zürich war dafür», sagte Fehr. «Es kann also niemand sagen, die Stadt sei in irgendeiner Weise majorisiert worden.»
Auch in der Stadt Zürich sei man der Meinung, dass jene, die mit gewaltsamen Demonstrationen ausserordentliche Polizeieinsätze herbeiführen, in die Kostenpflicht genommen werden sollen. «Und die Stadt ist offensichtlich auch der Meinung, dass eine Bewilligungspflicht für Demonstrationen nicht schadet.» Die Umsetzung des Gegenvorschlags werde zu einer Rechtsgleichheit im Kanton Zürich führen.
Der Sicherheitsdirektor schloss mit einer Spitze gegen die Verlierer: «Ich finde es ‹gspässig›, dass schon jetzt Gruppierungen ein Referendum ankündigen für etwas, das erst noch kommt», sagte er und meinte damit die grüne Kantonsrätin Silvia Rigoni, die gegenüber dieser Redaktion ein Referendum in Erwägung zog. «Der Kanton Zürich hat ein überdeutliches Votum abgegeben, dass wir mehr machen müssen. Es wäre gut, es an einem Abstimmungssonntag anzuerkennen, wenn man eine Schlappe erleidet.»
Schlussresultat ist da
63,8 Prozent haben Ja gesagt zum Gegenvorschlag zur Anti-Chaoten-Initiative. Auch die Stadt Zürich stimmte zu, aber weniger begeistert mit 53,3 Prozent. Winterthur hiess den Gegenvorschlag ebenfalls zu, mit 58,5 Prozent.
Die Initiative der Jungen SVP fiel hingegen fast im ganzen Kanton durch (nur der Bezirk Dielsdorf sagte Ja) und erzielte einen Ja-Anteil von 40,8 Prozent.
Die Stimmbeteiligung betrug 55,5 Prozent (Initiative) respektive 54,3 Prozent (Gegenvorschlag).
Gemeindekarte zur Initiative
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Deutliches Ja in Kreisen 7/8 und 1/2
Der Zürichberg und das Seefeld stimmen dem Gegenvorschlag mit 62,3 Prozent zu. Auch der der Kreis 1/2 sagt deutlich Ja. Damit ist auch die Stadt Zürich wieder im Ja-Lager – mit 52, Prozent.
Die Initiative der Jungen SVP ist aber chancenlos in der Stadt: 70 Prozent Nein bisher.
Kippt die Stadt?
Der Stadtzürcher Kreis 4/5 lehnt den Gegenvorschlag klar ab, mit 58,2 Prozent. Derzeit resultiert in der Stadt ein Nein von 51,3 Prozent. Es fehlen aber noch die weniger linken Kreise 2, 7/8, 9 und 11.
Nur Zürich-Wiedikon sagt zwei Mal Nein
Ein einziger Wahlkreis sagt Nein: Von den bisher 163 ausgezählten Gemeinden und Wahlkreisen sagt einzig der Stadtzürcher Kreis 3 Nein zum Gegenvorschlag (53,8 Prozent). Die Initiative wird dort mit 74,1 Prozent abgelehnt.
In der Stadt Zürich sind inzwischen vier Kreise ausgezählt. Neu ist auch das Resultat aus dem Kreis 10 bekannt. Er nimmt den Gegenvorschlag mit 51,8 Prozent an.
Stadtzürcher Kreise sagen Ja zum Gegenvorschlag
Aus der Stadt Zürich treffen jetzt die ersten Resultate ein. Bisher sind zwei Wahlkreise ausgezählt: Auch die Kreise 6 und 12 nehmen den Gegenvorschlag an, wenn auch eher knapp. Erstaunlich: Der Kreis 6 (Unter- und Oberstrass) gilt als linker als der Kreis 12 (Schwamendingen), stimmt dem Gegenvorschlag aber mit 53,3 Prozent etwas stärker zu als Schwamendingen (52,9 Prozent). SP, Grüne und AL hatten ein Nein empfohlen.
Die Initiative wird in beiden Kreisen klar abgelehnt, mit 59,5 Prozent im Kreis 12 und gar mit 73,4 Prozent im Kreis 6.
Winterthur sagt Ja zum Gegenvorschlag
Nun ist die zweitgrösste Stadt im Kanton ausgezählt. Auch Winterthur nimmt den Gegenvorschlag mit 58,5 Prozent relativ deutlich an. Die Initiative lehnten 67,7 Prozent der Stimmberechtigten in der Stadt Winterthur ab.
SVP fordert strenge Umsetzung
Bei den SVP-Vertretern herrscht gute Stimmung, obwohl die Anti-Chaoten-Initiative abgelehnt wird: «Es ist ein Erfolg, wir haben etwas bewegt», sagt Sandro Strässle, Initiant der Jungen SVP, angesichts des wuchtigen Ja zum Gegenvorschlag. «Die Bevölkerung wünscht sich ein härteres Vorgehen gegen Teilnehmer unbewilligter Demonstrationen.» Strässle ist überzeugt: «Ohne Gegenvorschlag hätten wir gewonnen.» Er bezeichnet diesen als «70-Prozent-Lösung».
Im Kantonsrat will die SVP auf eine strenge Umsetzung des Gegenvorschlags pochen, erklärt Ueli Bamert. «Das Volk will die Bewilligungspflicht für Demos.» Gemäss Einschätzung von Tobias Weidmann, SVP-Fraktionspräsident im Kantonsrat, ist ein Referendum gegen die Umsetzungsvorlage, wie es die Grünen bereits in Erwägung gezogen haben, chancenlos. Den Umsetzungsvorschlag von Sicherheitsdirektor Mario Fehr findet Weidmann grundsätzlich gut. «Die Kosten für ausserordentliche Polizeieinsätze müssen verrechnet werden.»
Zustimmung auch in der Stadt Winterthur
Nun treffen die ersten Resultate aus der Stadt Winterthur ein. Sie decken sich mit den kantonalen Ergebnissen: Die bisher ausgezählten Wahlkreise in Winterthur lehnen die Initiative deutlich ab (65,1 Prozent Nein-Stimmen) und nehmen den Gegenvorschlag an (59 Prozent Ja-Stimmen). Noch nicht ausgezählt sind die linken Wahlkreise Winterthur-Stadt und Veltheim sowie der bürgerliche Wahlkreis Seen.
Noch ganz fehlen die Zahlen aus der Stadt Zürich. Selbst wenn die linke Stadtbevölkerung komplett anders abstimmen sollte: Am Gesamtergebnis wird laut dem Statistischen Amt nicht mehr zu rütteln sein. Das Vertrauensintervall reicht von 57,8 bis 62 Prozent Nein zur Initiative und von 62 bis 67,4 Prozent Ja zum Gegenvorschlag.
Gemeindekarte zum Gegenvorschlag
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Weniger Gewalt an Demos? «Das ist eine Illusion», sagt ein Amnesty-Sprecher
Amnesty International hat sowohl die Initiative als auch den Gegenvorschlag bekämpft. Patrick Walder von der Menschenrechtsorganisation sagt, es überrasche ihn positiv, dass gemäss der Hochrechnungen so viele Stimmberechtigte die Initiative ablehnen. Das sei auf der Basis von Umfragen so nicht zu erwarten gewesen.
Keine Überraschung für ihn ist hingegen die hohe Unterstützung für den Gegenvorschlag: Diesem hätten wohl viele Menschen zugestimmt, weil sie ihn als weniger extrem als die Initiative erachteten und weil sie Massnahmen gegen gewalttätige Demonstrierende fordern.
«Es ist aber eine Illusion zu glauben, dass es deswegen weniger Gewalt an Demonstrationen geben wird», sagt Patrick Walder. «Jene Leute, die an Demonstrationen bewusst Gewalt anwenden, wird das nicht abschrecken, weil sie sich ohnehin nicht erwischen lassen.» Die Angst vor finanziellen Folgen werde vor allem friedliche Menschen davon abhalten, von ihrem Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit Gebrauch zu machen. Er rechnet damit, dass die Kostenüberwälzungen die Gerichte beschäftigen werden, wenn Betroffene dagegen klagen.
Patrick Walder erachtet auch den Gegenvorschlag als extrem, weil die darin geforderte zwingende Bewilligungspflicht für Demonstrationen und Kundgebungen unzulässig sei. Mit einem solchen Gesetz werde der Kanton Zürich gegen übergeordnetes Recht verstossen.
Auch der Bezirk Dietikon kippt
Es wird immer wahrscheinlicher: Die «Anti-Chaoten-Initiative» wird deutlich abgelehnt, der Gegenvorschlag ebenso deutlich angenommen. Gemäss der dritten Hochrechnung von 12.56 Uhr lehnen 59,9 Prozent der Stimmberechtigten die Initiative ab und 65,4 Prozent nehmen den Gegenvorschlag an.
Kurz nach 13 Uhr sind die Stimmen aus 82 der 174 Gemeinden im Kanton Zürich ausgezählt. Es fehlen noch die Städte Zürich und Winterthur. Nach wie vor erzielt der Gegenvorschlag in allen Gemeinden eine Mehrheit. Für die Initiative gibt es dagegen nur in einer Handvoll Gemeinden eine Ja-Mehrheit.
Bis 13 Uhr gab es im Bezirk Dietikon als einzigem Bezirk mehr Stimmen für die Initiative als dagegen. Allerdings ist die Mehrheit nun auch hier gekippt. Die grossen Gemeinden Schlieren und Dietikon sind noch nicht ausgezählt
Die Gegnerinnen geben nicht auf
Die sich abzeichnende Zustimmung zum Gegenvorschlag zur Anti-Chaoten-Initiative sorgt bei Silvia Rigoni für Besorgnis. Die Grünen-Kantonsrätin sagt: «Ängste werden bewirtschaftet und Scheinlösungen angeboten.» Das Modell der Abschreckung funktioniere nicht, sagt sie. «Man schreckt die Chaoten nicht ab, sondern andere Teilnehmende von Demonstrationen.»
Rigoni und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter geben aber nicht auf. Es gebe nun zwei Möglichkeiten: eine politische und eine rechtliche.
Der politische Ansatz: Da der Gegenvorschlag als allgemeine Anregung formuliert ist, wird der Kantonsrat eine Umsetzung beschliessen müssen – Sicherheitsdirektor Mario Fehr hat bereits einen Vorschlag gemacht. In der zuständigen Kommission wollen die Grünen vor allem die Bewahrung der Grundrechte thematisieren. Fällt die Lösung aus ihrer Sicht nicht befriedigend aus, könnten die Grünen das Referendum gegen den neuen Gesetzespassus ergreifen.
«Eine weitere Option» ist gemäss Rigoni auch der rechtliche Ansatz. Das hiesse, die Gerichte entscheiden zu lassen, ob mit der gefundenen Lösung die Grundrechte der Menschen eingehalten werden. Dieser Ansatz sei ja nicht chancenlos, findet Rigoni. Kürzlich wurde die Schweiz aufgrund eines Zürcher Racial-Profiling-Falls vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt.
2. Hochrechnung: Initiative verliert an Boden
Inzwischen sind 41 der 174 Gemeinden im Kanton Zürich ausgezählt. Auf dieser Basis hat das kantonale Statistische Amt eine zweite Hochrechnung erstellt.
Laut der Hochrechnung von 12.23 Uhr verliert die Initiative der Jungen SVP weiter an Boden. 61,1 Prozent der Stimmberechtigten lehnen sie ab.
Die Unterstützung für den Gegenvorschlag bleibt mit 65,3 Prozent Ja-Anteil weiterhin gross.
1. Hochrechnung: Nein zur Initiative, Ja zum Gegenvorschlag
Laut der ersten kantonalen Hochrechnung von 12.05 Uhr wird die «Anti-Chaoten-Initiative» abgelehnt. 59,8 Prozent sprechen sich demnach gegen die Initiative der Jungen SVP aus.
Für Demonstrantinnen und Demonstranten wird die Schraube wohl trotzdem angezogen. Denn laut Hochrechnung findet der Gegenvorschlag eine deutliche Ja-Mehrheit von 65,4 Prozent. In der Stichfrage würden 68,3 Prozent den Gegenvorschlag bevorzugen. Sie ist nur dann von Bedeutung, wenn beide Vorlagen angeommen würden.
Karte zur Stichfrage
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Erste Gemeinden ausgezählt: Ja zum Gegenvorschlag
Die Hochrechnungen verzögern sich aufgrund der hohen Stimmbeteiligung, sie dürften um 12.15 Uhr eintreffen.
Dafür sind nun die ersten Resultate aus den Gemeinden da. 29 von 174 Gemeinden sind bisher ausgezählt. Diese sprechen sich mit 68,7 Prozent deutlich für den Gegenvorschlag aus. Die Initiative wurde mehrheitlich abgelehnt: 53,2 Prozent sagen Nein. Bei der Stichfrage ziehen 62,8 Prozent den Gegenvorschlag vor.
Es handelt sich um Resultate aus kleineren Gemeinden. Während der Gegenvorschlag in allen Gemeinden eine Ja-Mehrheit erzielte, ist das Bild bei der Initiative weniger deutlich: Ossingen, Stallikon und Buchs beispielsweise sagen Nein, Oberembrach, Bachs und Stadel sagen Ja.
Ablauf
Die ersten Resultate aus den Zürcher Gemeinden treffen voraussichtlich um 12 Uhr ein. Auf dieser Basis erfolgt die erste Hochrechnung für alle Zürcher Resultate.
Die repräsentativen Umfragen zur Anti-Chaoten-Initiative sind älteren Datums. In einer Ende 2022 durchgeführten Tamedia-Umfrage sprach sich eine überwältigende Mehrheit für das Anliegen der Initiative aus. Allerdings lag der Gegenvorschlag damals noch nicht auf dem Tisch. Zu ähnlichen Schlüssen kam im gleichen Zeitraum eine Umfrage der NZZ.
In der letzten kantonalen Abstimmung mit einer Stichfrage – damals zur «Gerechtigkeitsinitiative» – kam es übrigens zu einem Fotofinish: Nur 703 Stimmen machten am Ende den Unterschied aus zugunsten des Gegenvorschlags.
Mario Fehr ist allen voraus
Die Volksinitiative wurde als allgemeine Anregung und nicht als ausgearbeiteter Entwurf eingereicht. Das heisst, dass sich die Regierung und das Parlament erst noch auf einen Gesetzestext einigen müssten, wenn die Initiative angenommen würde.
Das Gleiche gilt für den Gegenvorschlag. Hier hat der zuständige Sicherheitsdirektor Mario Fehr aber vorgespurt. Überraschend präsentierte er drei Wochen vor der Abstimmung, wie er den Gegenvorschlag umsetzen würde. Hier geht es zum Artikel.
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