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Umgang mit Abfall
Ist die Schweiz wirklich Weltmeisterin im Recycling?

Spross Recyclingwerk Zuerich.
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Die Zahlen sind beeindruckend: Schweizerinnen und Schweizer rezyklieren laut dem Bundesamt für Umwelt 80 Prozent ihres Altpapiers, 83 Prozent der PET-Flaschen, 91 Prozent der Aludosen und sogar 97 Prozent Altglas. 

Mehr geht (fast) nicht. Das müsste doch für den Weltmeistertitel reichen.

Tut es nicht.

Es gibt einige Recycling-Ranglisten, in denen Länder verglichen werden. Der Branchenverband Swiss Recycle verweist auf den Welt-Abfall-Index. Er beruht auf Zahlen der OECD, einer Organisation von überwiegend reichen Industriestaaten. Hier landet die Schweiz mit einer Recyclingrate von 30 Prozent auf dem zehnten Platz von 38 Ländern.

Immerhin im vordersten Drittel. Aber weltmeisterlich ist das nicht.

Viviane Pfister von Swiss Recycle warnt jedoch: «Einen Recyclingchampion zu küren, ist schwierig. Denn Recyclingquoten werden nicht in allen Ländern auf die gleiche Art und Weise berechnet.»

Darum lässt sich der Welt-Abfall-Index für die Schweiz auch vorteilhafter berechnen: Nimmt man statt der eng gefassten Recyclingrate nämlich den Prozentsatz des verwerteten Abfalls, landet die Schweiz nicht mehr auf dem zehnten, sondern auf dem vierten Platz der OECD-Rangliste.

Die Schweiz verwertet fast 90 Prozent ihrer Siedlungsabfälle. Das passiert entweder durch Recycling oder in Kehrichtverbrennungsanlagen. Dort verbrennt der Abfall nicht ungenutzt: Die Verbrennungshitze wird in der Regel für Fernheizungen verwendet. Der Abfall dient dann immerhin dazu, das Duschwasser zu erwärmen oder Büros zu heizen. 

Die meisten Kehrichtverbrennungsanlagen produzieren zudem Strom. So werden zwei Prozent des Schweizer Elektrizitätsbedarfs durch Abfall gedeckt.

Kein ungenutzt deponierter Abfall

Das bedeutet auch, dass die Schweiz keinen Abfall mehr direkt und ungenutzt vergräbt. Seit dem 1. Januar 2000 verbietet die Abfallverordnung, brennbaren Müll in Deponien zu entsorgen. Deponiert wird zwar weiterhin. Es geht dabei aber nur um Rückstände aus den Kehrichtverbrennungsanlagen und Sonderabfälle.

Das macht die Schweiz nun immerhin in einer Kategorie zum Weltmeister: Im Welt-Abfall-Index nach deponiertem Abfall steht das Land mit null Kilogramm pro Person und Jahr an der Spitze. 

Ganz am Ende dieser Rangliste figurieren Israel, Kanada und Neuseeland, die immer noch zwischen 400 und 700 Kilogramm Siedlungsabfälle pro Person einfach vergraben.

Dennoch, es bleibt dabei: Die Schweiz gehört beim Recycling je nach Berechnungsmethode nicht zur internationalen Spitze. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass unser Land beim Plastikrecycling zurückhaltend ist. 

Zwar werden Flaschen aus Polyethylenterephthalat, kurz: PET, fleissig rezykliert. Aber alle anderen Kunststoffe landen im Abfall. Recycling für Nicht-PET-Plastik gibt es hierzulande kaum.

Plastik wird verbrannt statt rezykliert

Die Folge: Von den 780’000 Tonnen Kunststoffabfällen, die jedes Jahr in der Schweiz anfallen, werden laut dem Bundesamt für Umwelt 90 Prozent verbrannt statt rezykliert.

Erste Ansätze gibt es bereits: In einigen Gemeinden kann man Plastikverpackungen auf Sammelstellen zurückbringen. Einzelne Filialen von Detailhändlern nehmen leere Putzmittelflaschen oder sonstige Plastikflaschen zurück.

Erste Ansätze für systematisches Plastikrecycling: Sammelsäcke aus Migros-Filialen bei der Weiterverarbeitung.

Bald soll ein schweizweites Recyclingsystem für Kunststoff kommen: Für Kunststoffverpackungen und Getränkekartons haben die vier grössten Detailhändler, Verpackungshersteller und weitere Akteure am 30. November 2023 den Verein RecyPac gegründet. Die Organisation will eine flächendeckende Sammlung und Verwertung in der Schweiz etablieren.

Allerdings ist umstritten, wie sinnvoll das Plastiksammeln überhaupt ist. Rainer Bunge, Professor für Umwelttechnik an der Ostschweizer Fachhochschule, sagte kürzlich zu dieser Redaktion: «In der Schweiz oder in anderen Ländern mit einer funktionierenden Abfallbewirtschaftung bringt das nicht viel.»

Recyceln kaum besser als Verbrennen?

Bunge argumentiert, Kunststoffrecycling sei ökologisch nur marginal besser als die Verbrennung in einer modernen Müllverbrennungsanlage, die aus Plastik Fernwärme und Strom produziert. «Es ist aber so viel teurer als die Verbrennung, dass man das Recycling durchaus als ökologisches Luxusgut bezeichnen kann.»

Viviane Pfister von Swiss Recycle dagegen verweist auf neuere Untersuchungen, die dieser Aussage widersprechen. So zeigt etwa eine ETH-Studie von 2023 einen klaren ökologischen Mehrwert des Kunststoffrecylings – sofern eine hohe Sammelquote erreicht wird. Wichtig ist dabei, dass eine möglichst hohe Qualität des Sammelguts sichergestellt wird.