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Vincenz-Prozess im Ticker
Happiges Urteil: Gefängnisstrafe für Vincenz und seinen Partner

Das Wichtigste in Kürze

  • Die 9. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich unter dem Vorsitz von Richter Sebastian Aeppli hat Pierin Vincenz der mehrfachen Veruntreuung, mehrfachen qualifizierten untreuen Geschäftsbesorgung und der mehrfachen Urkundenfälschung schuldig gesprochen.

  • Vincenz wird zur einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Strafe soll vollzogen, die Untersuchungshaft von 106 Tagen angerechnet werden.

  • Vincenz-Geschäftspartner Beat Stocker wird zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

  • Die Anklage hatte für die beiden Hauptbeschuldigten je sechs Jahre Freiheitsentzug gefordert. Die Verteidigung wollte einen Freispruch.

  • Das Urteil ist nach ersten Einschätzungen überraschend hart ausgefallen.

  • Vincenz-Anwalt Lorenz Erni hat bereits angekündigt, Berufung einzulegen

Jetzt spricht der Raiffeisen-Anwalt

Nun darf Urs Feller, der Raiffeisen als Privatklägerin vertritt, auf die Argumente der Verteidigung eingehen. «Ich werde mich auf einige Hauptargumente der Verteidigung konzentrieren», kündigt er an.

«Worum geht es eigentlich?», beginnt. Raiffeisen sei darauf angewiesen, dass die Mitarbeitenden sich voll für das Unternehmen einsetzen, ohne Privatinteressen zu verfolgen.

Je höher ein Manager in der Hierarchie sei, umso strenger sei diese Treuepflicht. Die Verteidigung argumentiert, dass alle fraglichen Transaktionen von Fachgremien geprüft worden sei. «Doch das, was auf dem Tisch geschah, ist von dem, was unter dem Tisch ablief, zu unterscheiden», so Feller. So seien die Transaktionsteams nicht im Besitz aller Informationen gewesen, etwa, über die Beteiligungen der Beschuldigten.

Und Vincenz hätte mehrmals eindeutig seinen Einfluss ausgenutzt, um Deals durchzudrücken. So habe er das Tauschverhältnis beim Investnet-Deal in Eigenregie mit Peter Wüst verhandelt. Und damit davon profitiert.

«Das Schweigen der Verteidigung»

Engler kommt zu seinen Schlussbemerkungen. Die Verteidigung habe zwar stundenlag plädiert, aber sie habe nie eine Erklärung dafür gegeben, weshalb bei Commtrain, GCL und Eurocaution derart «klandestin» vorgegangen werden musste, sprich, warum Vincenz und Stocker ihre Beteiligungen versteckten.

«Warum hat keiner der Beschuldigten auf seine Beteiligungen hingewiesen? Statt dessen wurden sie aufwendig versteckt», so Engler.

Es gab auch keine Erklärung der Verteidigung dafür, warum Stocker beim GCL-Deal der Gegenseite Geschäftsgeheimnisse weiter gab. Und warum Anwalt Barthold verschwieg, wer die wahren Eigentümer der Commtrain waren. «Diese Liste liess sich beliebig fortsetzen. Das Schweigen der Verteidiger hierzu ist bemerkenswert», so Engler.

Statt hierzu was zu sagen, habe sich die Verteidigung darauf konzentriert, einige Details aus der Anklage herauszupicken und umzudeuten.

Streit um Vincenz Geld

Nun geht es um finanzielle Ansprüche von Vincenz Ex-Frau Nadja Ceregato. Diese fordert, von der Staatsanwaltschaft gesperrte Gelder, die sie von Vincenz erhalten hatte, frei zu geben. Damit würde der Kuchen kleiner, aus dem sich die Privatkläger wie Aduno nach einer allfälligen Verurteilung von Vincenz bedienen könnten.

Daher fordert Anwalt Engler, diesem Ansinnen nicht statt zugeben. Er weist darauf hin, dass Vincenz schon vor einer finalen Einigung seiner Ex-Frau Geld überwiesen habe, offenbar, um dies vor einem Strafprozess in Sicherheit zu bringen

Aufregung um fehlende Dokumente

Der Verteidiger von Barbier-Mueller hatte am Vormittag der Anklage vorgeworfen, entlastende Dokumente unterschlagen zu haben.

Wie zum Beispiel ein Verwaltungsratsprotokoll vom 28.3.2012. Darin ging es darum, dass Aduno eine Absenkung der Bearbeitungsgebühr für das Problem-Kreditportfolio der GCL akzeptiert habe. Diese Gebührensenkung erhöht die Gewinne der GCL und damit den Wert der Gesellschaft.

Im Gegenzug habe Aduno aber gratis Zugang zu den GCL-Kundendaten erhalten. Das beweise aus Sicht der Verteidigung, dass Aduno für die von der Anklage hervorgehobene Senkung der Bearbeitungsgebühr sehr wohl eine Gegenleistung erhalten habe. Und dies kein einseitiger Deal zulasten Adunos war.

Warum dieses Dokument nicht in den Akten ist, konnte auch Engler nicht erklären. Wie schon die Staatsanwaltschaft hält aber auch er das Dokument für irrelevant. «Das Dokument ist nichts Neues», so Engler.

Schon bisher argumentiere die Verteidigung, dass verschiedene Elemente zwischen GCL und Aduno verhandelt worden sei neben der «Processing Fee».

Unter dem Strich sei aber entscheidend, dass Vincenz und Stocker wegen ihres Interessenkonflikts auf eine Senkung dieser Gebühr zugunsten der GCL hingewirkt hätten, um ihren «Gaunerlohn» zu erhöhen.

"Vereinzelungs-Strategie"

Die Vereinzelungs-Strategie der Verteidigung zeige sich ferner beim GCL-Deal. Laut Verteidigung sei zunächst verhandelt worden, einen neuen Refinanzierer für das problematische Kreditportfolio der GCL zu finden. Denn die BNP Paribas war hier ausgestiegen. Dafür sei Stocker angeheuert worden, um hier zu helfen.

Laut Verteidigung sei die Suche eines neuen Re-finanzierers und der spätere Verkauf zwei komplett von einander getrennte Geschäfte.

Anwalt Engler verwirft diese Argumentation: Stocker sei von GCL-Aktionär Barbier-Mueller genau dafür engagiert worden, um seinen Einfluss bei Aduno zu nutzen, damit die Verhandlungsergebnisse vorteilhaft für die GCL seien und nicht für die Aduno. Die Trennung der Aspekte Refinanzierung und Verkaufs

Verkaufspläne für Commtrain?

Engler geht die einzelnen Beteiligungsgeschäfte nochmals durch. Das erste war der Deal mit dem Zahlungsterminal-Hersteller Commtrain. Es ist unbestritten, dass Vincenz und Stocker hier vor der Übernahme durch Aduno an Commtrain beteiligt waren.

Für Commtrain habe Stocker einen Businessplan im Jahr 2005 erstellt, der sich bis 2008 erstreckte und Vorteile aus einem Kooperationsplan mit Aduno enthielt. Ein Verkauf sei bei dem Plan kein Thema gewesen. Das zeige, es habe keine Verkaufsabsichten zu Commtrain gegeben habe, argumentierte die Verteidigung.

«Die Argumentation ist so falsch wie absurd», sagt Engler. Denn der Businessplan eines Startups enthalte nie Pläne für einen Kauf, es gehe viel mehr um die Entwicklung des Geschäfts, die Kosten dafür und die zu erwarteten Erträge. Daher beweise die Nicht-Erwähnung von Verkaufsplänen gar nichts.

Aduno-Anwalt attackiert die Verteidungsstrategie

Nach der Pause tritt der Anwalt Marc Engler an Rednerpult, er vertritt die Kreditkartenfirma Aduno, die heute Viseca Holding heisst.

In den Medien zitierten Experten hätten gesagt, dass die Hürde für Arglist in einem Strafprozess hoch sei. Arglist ist eine Voraussetzung für eine Verurteilung wegen Betrugs. «Die Beschuldigten haben diese Höhe ohne Zweifel genommen», so der Anwalt. So hätten sie aufwendig ihre Beteiligungen zum Beispiel an Commtrain yersteckt, indem sie Strohmänner einsetzen, welche die wahren Besitzverhältnisse verschleierten.

Er attackiert – wie zuvor die Staatsanwaltschaft – die Strategie der Verteidigung. Diese hätte in «aufwendiger Kleinarbreit», einzelne Mosaiksteine der Beweiskette herausgenommen. Dabei seien einzelne Dokumente, Sätze oder gar nur Worte «neu gedeutet» worden und aus dem Zusammenhang gerissen worden, um die Anklage zu widerlegen.

«Das alles ändert aber nichts am Gesamtbild, das aus hunderten Mosaiksteinen besteht». Und das zeige, dass Vincenz und Stocker mit ihren Schattenbeteiligungen auf Kosten ihrer Arbeitgeber Gewinne erzielt hätten.

Pause bis 15.45

Nach der Pause werden die Anwälte von Raiffeisen auf die Argumente der Verteidigung antworten.

"Wer sich auf Kosten des Arbeitgebers bereichert, macht sich strafbar"

Die Staatsanwaltschaft schliesst ihre Ausführungen: «Der vorliegende Fall ist im Kern einfach. Eine beispiellose Kette an erdrückenden Beweisen zeigt: Die Beschuldigten Stocker und Vincenz hatten zwei Hüte an und sassen an beiden Seiten der Verhandlungen.»

Sie wollten zusätzlich zu ihren hohen Löhnen so Millionenzahlungen einstreichen, indem sie ihre Arbeitgeber hintergehen.

«Wer sich heimlich auf Kosten seines Arbeitgebers oder Treuegebers bereichert, macht sich strafbar. Das gilt für die Kassiererin an der Supermarktkasse und erst Recht für Manager von systemrelevanten Banken», sagt Staatsanwalt Labhart.

Staatanwalt kontert Argument der fehlenden Akten

Staatsanwalt Labhart geht in seiner Replik auch auf den Vorwurf der Verteidigung ein, dass beim Fallkomplex GCL wichtige Akten fehlten. Das hatte Anwalt Landshut, der den GCL-Aktionär Barbier-Mueller vertritt, am vormittag behauptet.

Und auf ein Verwaltungsratprotokoll von Aduno aus dem Jahr 2011 verwiesen. Dabei ging es darum, dass Aduno einer Absenkung der «processing fee» zustimmte, im Gegenzug wurde festgelegt, dass die Bestandskunden durch die Aduno günstig übernommen werden konnten.

Bei dieser Gebühr geht es um folgendes: GCL war eine Konsumentenkredit-Anbieter, hatte aber Problem-Verträge im Bestand. Die Aduno-Tochter Cashgate sollte dieses Problem-Portfolio abwickeln. Und GCL dafür an Cashgate die fragliche «Processing Fee» zahlen.

Zu dem in der Hauptverhandlung nachgereichtem Dokument sagte Staatsanwalt Labhart, dies sei «reine Effekthascherei», das Dokument liefere keine neuen Erkenntnisse. So hätten alle Beteiligten ausgesagt, dass eine Absenkung der «Processing Fee» positiv für den Wert der GCL gewesen sei. Stocker wird nun vorgeworfen, eben auf die Senkung dieser Gebühr hingewirkt zu haben, damit Aduno GCL übernimmt und er und Vincenz Kassen machen können.

Aduno-Deal war für GCL lebensnotwendig

Die Verteidigung behaupte, dass Aduno GCL quasi gratis bekommen habe, und habe damit eine gute Geschäftschance ergreifen können. Für Aduno sei der Kauf eine super Chance gewesen.

«Es war genau umgekehrt», sagt Staatsanwalt Labhart. Für GCL sei die Übernahme durch Aduno überlebenswichtig gewesen. Für Aduno war der Kauf nur «ein Geschäft von vielen.» Und beim Kauf habe Stocker Einfluss genommen, allein dadurch, dass er bei der Abstimmung im Aduno-Verwaltungsrat beim Entscheid zum Kauf der GCL nicht in den Ausstand getreten sei. Zudem hatte er seine Beteiligung nicht offen gelegt.

"Die Verteidigung betreibt Aktenverdrehung"

Nun ist Staatsanwalt Oliver Labhart dran. Er entgegnet den Argumenten der Verteidigung im Fall GCL. Zentral in der Beweisführung sei, dass Vincenz und Stocker eine hälftige Aufteilung ihrer Erlöse aus dem GCL-Deal vereinbart hätten.

So habe Stocker notiert, dass vom 29,6 Prozent GCL-Anteil die Hälfte Vincenz gehöre. Ferner habe er in einem Schreiben am 4.8.2014 an Vincenz von einer Auszahlung seines «hälftigen Anteils» geschrieben.

Die Verteidigung betreibe nun «Aktenverdrehung». Sie versuche, diese «hälftige Teilung» nun zu Darlehen umzudeuten.

Stolpersteine im Plädoyer

Staatsanwalt Marc Jean-Richard-dit-Bressel ist in voller Fahrt und vertieft sich in die Details, was es nicht einfacher macht, das grosse Bild im Blick zu behalten. Der Staatsanwaltschaft selbst verhaspelt sich auch selbst hier und da beim Sprechen.

Waren die Zahlungen an Vincenz Darlehen?

Der Staatsanwalt versucht erneut zu widerlegen, dass die Geldzahlungen von Stocker an Vincenz Darlehen gewesen seien, wie es die Verteidigung behauptet. Für die Anklage sind die Gelder die Erlöse aus den Schattenbeteiligungen.

So verfasste Stocker eine Notiz am 20.12.2017. Darin überlegte er, ein Darlehen an Vincenz in Höhe von 3,6 Millionen abzuschreiben.

«Aber warum sollte er ein echtes Darlehen abschreiben, wenn Vincenz über ein Millionenvermögen in der Pensionskasse verfügte?», fragt der Staatsanwalt. Statt das Geld abzuschreiben, hätte sich Stocker überlegen müssen, wie er an der Pensionskassenvermögen Vincenz rankommen kann, so der Staatsanwalt. Sprich, die Darstellung des Geldflusses als Darlehen sei daher nicht glaubwürdig.

Investnet-Beteiligung als Abgangsentschädigung?

Nun erläutert der Staatsanwalt nochmal den Fall Investnet. Die Verteidigung argumentiert, dass Vincenz vor seinem Ausscheiden bei Raiffeisen 2014 gar nicht an Investnet beteiligt gewesen sei. Laut Staatsanwalt gebe es dafür aber eine «erdrückende Beweislast».

Als einen Beweis verweist die Anklage erneut auf den Brief von Investnet-Gründer Peter Wüst an Beat Stocker vom 27.9.2011: Darin schlägt Wüst Stocker vor, dass Stocker als Aktionär bei Investnet einsteigen könne, «vielleicht als Statthalter.»

Der Begriff «Statthalter» ist aus Sicht der Staatsanwalt einer «codierte Botschaft» dafür, dass Stocker die Beteiligung als Vertreter für Vincenz halten solle.

Die Investnet-Gründer regelten später dann Stockers Einstieg bei Investnet in einem Treuhandvertrag. Der Vertrag wurde von der Kanzlei NKF geprüft, die Rechnung bezahlte Raiffeisen. Das ist aus Sicht der Verteidigung der Beweis, dass Raiffeisen über Stockers Beteiligung Bescheid wusste.

Die Staatsanwaltschaft legt den Vorgang komplett anders aus. So sei es bemerkenswert, dass Raiffeisen eine Rechnung für ein Gutachten erhielt, das angeblich nur Stocker betraf.

Sprich, der Fakt, dass Raiffeisen die Vertragsprüfung bezahlte, zeige viel mehr, dass es bei dem bei dem Vorgang auch um Raiffeisen ging. «Es ging also um mehr», so der Staatsanwalt. Er vermutet, dass die Vertragsprüfung in Wahrheit ein «Gemeinschaftsmandat von Vincenz und Stocker» war, der Treuhandvertrag sei also ein «schlüssiger Beweis», dass mit dem Vertrag auch Vincenz-Beteiligung geregelt worden sei.

Damals prüften die NKF Anwälte auch, wie Vincenz bei seiner Frühpensionierung eine Abgangsentschädigung erhalten könnte. Was laut den neuen Minder-Gesetzen nicht mehr erlaubt war.

Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass Vincenz Investnet-Beteiligung ein Umgehungsgeschäft gewesen sei, um dem scheidenden Raiffeisen-Chef eine Abgangsentschädigung zuzuschanzen. Daher mache es auch Sinn, dass Raiffeisen die Rechnung für die Vertragsprüfung bezahle.

Schneller Exit bei Commtrain geplant?

Nun geht es nochmal um den Fall Commtrain, das ist der erste Fall, bei dem auch eindeutig ist, dass Stocker und auch Vincenz beteiligt waren.

Die Verteidigung würde argumentieren, dass beide nicht beim Kauf der Commtrain-Beteiligung bereits den Verkauf, also den Exit, geplant hatten. «Das ist aktenwidrig», sagt Staatsanwalt Jean-Richard-dit-Bressel.

So habe Stocker mit dem früheren Aduno-Chef mehrmals über die Expansion des Kreditkarten-Unternehmens Aduno in den Bereich der Bezahlterminals diskutiert. Und dabei sei auch eine Übernahme eines Anbieters von Bezahlterminals besprochen worden.

Solch eine Übernahme also würde dann Vincenz und Stocker den Exit aus ihrer Commtrain-Beteiligung erlauben. Darin sieht die Staatsanwaltschaft den Beleg, dass bereits von Anfang an Vincenz und Stocker einen schnellen Verkauf von Commtrain geplant hatten.

Warum Raiffeisen ein Schaden entstanden ist

Nun ist Staatsanwalt Marc Jean-Richard-dit-Bressel dran: Er bekräftigt, dass den betroffenen Unternehmen wie Raiffeisen einen Schaden durch Vincenz und Stocker Beteiligungsgeschäfte entstanden sei.

Denn bei jeder Transaktion bestehe das Problem, dass sich die Vergütung der Beteiligungen aus dem Vermögen der Privatklägerin speissen. Raiffeisen hat z.B. die Aktien von Commtrain gekauft und damit auch die Schattenbeteiligungen von Vincenz und Stocker. Ähnlich sei der Fall bei GCL, auch wenn die Transaktion komplexer sei.

Sprich, der Erlös der Beteiligungen hätten Vincenz und Stocker ihren Arbeitgebern weiter reichen müssen. Der Staatsanwaltschaft stützt diese Argumentation erneut auf die Regelung von Retrozessionen.

So hatte das Bundesgericht geurteilt, dass eine Bank, die das Vermögen eines Kunden verwaltet, Rückvergütungen von Produkte-Anbietern (so genannte Retrozessionen) dem Kunden gutschreiben muss. Laut Staatsanwaltschaft seien die Schattenbeteiligungen hiermit vergleichbar. Vincenz und Stocker wurden von Raiffeisen und Aduno bezahlt, daher müssen sie Vergütungen und Erlöse, die ihnen dank ihrer Funktion zufliessen, ihren Arbeitgeber weiterleiten.

Diese juristische Argumentation wird unter Fachleuten aber nicht einhellig geteilt. Es wird später spannend zu sehen sein, ob das Gericht dieser Begründung für einen Schaden folgen wird.

Ferner argumentiert Marc Jean-Richard-dit-Bressel, dass der Kauf der Beteiligungen für Vincenz und Stocker quasi ohne Risiko gewesen sei, wussten sie doch ihre wirtschaftlich starken Firmen im Rücken.

Alle Beteiligten hätten zudem gewusst, dass Vincenz und Stocker jeweils auf beiden Seiten des Tisches sassen. Daher seien grosse Anstrengungen unternommen worden, die Beteiligungen zu verheimlichen.

"Die Verteidigung betreibt Stimmungsmache"

Die Mittagspause ist beendet, nun wird die Staatsanwaltschaft rund zwei Stunden lang auf die Argumente der Verteidigung eingehen. Hier macht Staatsanwalt Thomas Candrian gleich mal eine Ansage: «Die Verteidigung hat in der Sache keine Argumente vorgebracht, welche die Klage widerlegen.»

Mehr noch: Die Staatsanwaltschaft wirft der Verteidigung «Stimmungsmache» vor. Ein Beispiel sei, dass die Anklage nichtig sei, weil der Anfangsverdacht auf einem Bruch des Bankgeheimnisses beruhe.

Das war am Dienstag ein Argument der Verteidiger der Investnet-Gründer Wüst und Etter. Letztlich war die Untersuchung ins Laufen gekommen, weil der Blog «Inside Paradeplatz» Wind von einer Zahlung von Stocker an Vincenz von 2,9 Millionen Franken aus dem Sommer 2015 erfuhr.

Am Nachmittag geht es weiter mit der Staatsanwaltschaft

Es ist Mittagspause. Um 13 Uhr folgt die Replik der Staatsanwaltschaft. Danach diejenigen der Privatkläger Raiffeisen und Aduno.

Angestellte bescheinigen Seriosität

Landshut fordert einen Freispruch für seinen Klienten Barbier-Mueller. Er werde von der Staatsanwaltschaft als Betrüger dargestellt und sie fordert 16 Millionen Franken von ihm ein. Das sei stossend. Er habe sich für die GCL-Transaktion eingesetzt und habe grosse Risiken auf sich genommen, dass der Kauf durch Aduno gelingt.

Natürlich sei es ihm auch um seine Investition gegangen, er habe aber auch an die Angestellten der GCL gedacht. «Er ist ein verantwortungsvoller Unternehmer», so Landshut. Als dann GCL liquidiert wurde, sei er schockiert gewesen. Er wollte die 17 Arbeitsplätze retten.

Landshut liest aus mehreren Mails an Barbier-Mueller vor. Ehemalige Angestellte und Geschäftspartner sprechen darin ihre Unterstützung für Barbier-Mueller aus und beschreiben ihn als seriösen Geschäftsmann.