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Vincenz-Prozess im Ticker
Happiges Urteil: Gefängnisstrafe für Vincenz und seinen Partner

Das Wichtigste in Kürze

  • Die 9. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich unter dem Vorsitz von Richter Sebastian Aeppli hat Pierin Vincenz der mehrfachen Veruntreuung, mehrfachen qualifizierten untreuen Geschäftsbesorgung und der mehrfachen Urkundenfälschung schuldig gesprochen.

  • Vincenz wird zur einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Strafe soll vollzogen, die Untersuchungshaft von 106 Tagen angerechnet werden.

  • Vincenz-Geschäftspartner Beat Stocker wird zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

  • Die Anklage hatte für die beiden Hauptbeschuldigten je sechs Jahre Freiheitsentzug gefordert. Die Verteidigung wollte einen Freispruch.

  • Das Urteil ist nach ersten Einschätzungen überraschend hart ausgefallen.

  • Vincenz-Anwalt Lorenz Erni hat bereits angekündigt, Berufung einzulegen

Fehlen wichtige Unterlagen?

Anwalt Landshut reicht neue Dokumente ein. Ein Protokoll aus dem Verwaltungsrat der Aduno aus dem Jahr 2011. Es geht um die Verhandlungen zur Übernahme von GCL durch Aduno. Er liest daraus vor. Während der Verhandlungen sei die Processing Fee gesenkt, im Gegenzug wurde festgelegt, dass die Bestandskunden durch die Aduno günstig übernommen werden konnten.

Es geht Landshut nicht nur um den Inhalt des Dokuments, sondern darum, dass das Dokument in den Gerichtsakten fehle. Er folgert daraus, dass Aduno nicht alle Akten eingereicht habe. Dieses Dokument sei ein Beispiel dafür. Das sei problematisch, weil es ein wichtiges entlastendes Dokument sei. Das Gericht müsse zur Kenntnis nehmen, dass wichtige Akten fehlen. Landshut fragt: «Woher wissen wir, dass nicht noch weitere wichtige Dokumente fehlen?»

Pause bis 10.30 Uhr

Landshut zerpflückt die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Punkt für Punkt. Der Betrug sei ein Dauerdelikt, weil die handelnden Personen mehrere Jahre auf ihren Posten waren. Doch dann bemesse die Staatsanwaltschaft den Schaden zum Zeitpunkt an dem die GCL-Aktien den höchsten Wert hatten.

Auch wende die Staatsanwaltschaft die Retrozessionsrechtsprechung auf diesen Fall falsch an, so Landshut. Auch könne es keine Gehilfenschaft zum Betrug geben, wenn es keinen Betrug als Haupttat gebe.

Prozess wieder im Volkshaus

Der heutige Verhandlungstag findet wieder im Volkshaus statt. Der Saal ist aber weniger stark besetzt, als in der ersten Verhandlungswoche. Von den Beschuldigten sind Beat Stocker, Andreas Etter und Stéphane Barbier-Mueller anwesend. Pierin Vincenz ist heute nicht da. Auch die Staatsanwaltschaft ist nicht in Vollbesetzung erschienen.

Stocker habe Deal gerettet

Ein wichtiger Punkt der Staatsanwaltschaft ist die Festlegung der «Processing Fee», einem bei den Verkaufsverhandlungen relevanten Eckpunkt. Stocker soll dafür gesorgt haben, dass die «Processing Fee» von 1,75 Prozent auf 1 Prozent gesenkt. Davon habe er profitiert. Landshut entgegnet, dass der Wert von Aduno reduziert wurde, aber die GCL dafür andere Vorteile erhielt.

Zudem sei das für die Übernahme ein wichtiger Schritt gewesen. «Ohne Reduzierung der Processing Fee wäre es nicht zu einem Abschluss gekommen», so Landshut. Dann wären der Aduno Millionengewinne entgangen. «Die Bemühungen von Stocker haben daher den einträglichen Deal gerettet», so Landshut.

«Es gibt hunderte, wenn nicht tausende Emails zwischen Stocker und Barbier-Mueller», so Landshut. Die Kommunikation sei offen gewesen. Aber aus keinem ginge hervor, dass Barbier-Mueller nie etwas Unrechtes habe tun wollte und auch Stocker nie dazu aufforderte.

Rolle von Stocker sei Aduno bekannt gewesen

Herr Stocker habe sich für die Transaktion eingesetzt, weil er sie für die Aduno wichtig war. Das war von Aduno gewünscht. Beat Stocker habe sich als Ermöglicher beschrieben, der immer immer bessere Lösungen gesucht habe.

Herr Stocker war für die Aduno jahrelang ein wichtiger «Deal Maker». Das sei der Firma bekannt und auch so gewollt gewesen. Er sei im Hintergrund immer wieder aktiv gewesen, war dabei aber alles andere als verdeckt unterwegs. «Aduno wollte, dass Herr Stocker dafür sorgt, dass die GCL-Transaktion voranbringt», so Landshut.

GCL wäre benachteiligt worden

«Die GCL-Transaktion war im Interesse der Aduno», so Landshut. Es war ein Kauf von dem die Aduno profitierte, sie erschloss sich einen neuen Markt. Das Wirken von Herr Stocker sei im Einklang mit den Interessen von Aduno gestanden.

Der Deal sei fast schon nachteilig für GCL gewesen, daher habe Barbier-Mueller sogar daran gedacht den Verkauf nicht umzusetzen. Die Wut von Barbier-Mueller über das schlechte Angebot war so gross, dass er die Verhandlungen zeitweise habe abbrechen wollen.

Kleine Verunsicherung

«Niemals konnte sich unser Klient vorstellen, dass der Raiffeisen aus den Geschäften ein Schaden entstehen können», so Landshut.

Weil Anwalt Landshut das schriftlich eingereichte Plädoyer beim Vortrag leicht anpasst, ist Richter Aeppli nicht mehr ganz sicher, auf welcher Seite er ist. Landshut nennt die Stelle. Es kann weitergehen.

"Raiffeisen hat keinen Schaden erlitten"

Anwalt Nathan Landshut hält am Vormittag sein Plädoyer für den Genfer Geschäftsmann Stéphane Barbier-Mueller. Bei ihm geht es um den Kauf Übernahme der Firma Genève Credit & Leasing (GCL) durch die Aduno-Tochter Cashgate.

Die Staatsanwaltschaft behaupte, dass der Raiffeisen durch die GCL-Transaktion einen Millionenschaden erlitten habe, dabei habe sie Millionen verdient, so Landshut. «Raiffeisen hat keinen Schaden erlitten», so Landshut.

Der Prozesstag endet

Nobel legt dar, weshalb Wüst und Etter unschuldig seien. Es gehe nicht an, dass Raiffeisen von ihnen Geld einfordere. Viel eher sei eine Entschädigung für sie fällig, weil das Unternehmen zerstört wurde.

Morgen geht der Prozess im Volkshaus weiter. Am Morgen hält der Anwalt des Genfer Geschäftsmanns Stephane Barbier-Mueller sein Plädoyer. Am Nachmittag folgt die Replik der Staatsanwaltschaft.

Borbély schliesst, nun tritt Nobel auf

Etter-Anwalt Borbély beendet sein Plädoyer. Nun tritt der bekannte Anwalt Peter Nobel auf. Er vertritt die Beschuldigten Wüst und Etter in zivilrechtlichen Fragen.

Keine Belege für Bestechung

Zwar habe die Staatsanwaltschaft beim intensiv ermittelt, beim Vorwurf der Bestechung von Vincenz gebe es aber überhaupt keine Indizien und keinen einzigen Beweis. Es gebe keine Belege dafür, dass es zwischen Etter und Vincenz zu irgendwelchen Absprachen gekommen sei.

«Es gibt keine E-Mails, Korrespondenzen oder Aussagen, welche dies nur ansatzweise behaupten würden», sagt Borbély. Nur die Staatsanwaltschaft stelle dieses Konstrukt auf, bleibt dabei aber völlig hypothetisch und vage. Die Konsequenz für seinen Mandanten könne daher nur ein Freispruch sein.

Raiffeisen sei im Bilde gewesen

Borbély sagt, dass Raiffeisen die Zahlung von Stocker zu Vincenz im Detail gekannt und daher auch akzeptiert habe. Wüst und Etter hatten keine Chance gehabt, über sie im Bild zu sein. Zudem hätten sich die beiden nach Bekanntwerden in den Medien darauf verlassen, können, dass Raiffeisen als Schweizer Grossbank die Gesetze eingehalten und diese Transaktion im Detail geprüft haben sollte.

Darlehen an Vincenz völlig normal

Borbély zitiert einen Bericht der «NZZ am Sonntag». Dieser belege, dass Vincenz immer wieder Darlehen von Geschäftspartnern oder Freunden erhielt, um Immobilien zu kaufen. Die Darlehen von Stocker an Vincenz seien ähnlich, wie bei der Geldüberweisung von Stadler-Chef Peter Spuhler oder dem St. Galler Geschäftsmann Dolf Früh. Beide überwiesen Millionenbeträge an Vincenz. Das sei auch so bei der Überweisung von Stocker an Vincenz.

Pause vorbei - Maske wieder auf

Nach einer kurzen Pause kommen die Anwälte und die Beschuldigten wieder in den Saal. Richter Aeppli fordert die Anwesenden auf, eine Maske aufzusetzen.

Raiffeisen habe selbst für Neuverhandlungen gesorgt, nicht Vincenz

Raiffeisen-Mann Markus Lüthi habe sich in den Einvernahmen durch die Staatsanwaltschaft bei den Investnet-Verhandlungen als Kämpfer für die Sache von Raiffeisen dargestellt, so Borbély. Der dann aber von Vincenz gestoppt worden sei. «Diese Strategie ist nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass er bei den Verhandlungen einer der Hauptverantwortlichen auf Seiten von Raiffeisen war und gleichzeitig immer noch seinen Job behalten möchte», so Borbély.

Tatsächlich sei es aber Lüthi gewesen, der Raiffeisen Neuverhandlungen bei der Investnet brachte. Damit habe Lüthi den Minderheitsaktionären Wüst und Etter stärker in die Hände gespielt, als Vincenz dies je getan hätten.

Haarsträubende Argumentation

Borbély geht auf die Frage ein, ob der Preis, den Stocker für seine Investnet-Aktien bezahlt hat, angemessen war. «Das ist Dreh- und Angelpunkt der Anklage», so Borbely. Es gehe somit darum, den damals korrekten Wert dieser Aktien einzuschätzen. Es wäre verlockend, bei einem erfolgreichen Geschäft im Nachhinein zu behaupten, der ursprüngliche Kaufpreis sei zu niedrig gewesen.

Die Staatsanwaltschaft stütze sich mit der Behauptung des pro-forma-Kaufpreises auf drei Punkte, welche nicht korrekt seien. So stelle sie auf einen Vergleich mit dem vermeintlichen Einstandspreis der Aktien ab. Doch berechne die Staatsanwaltschaft diesen Einstandspreis falsch.

Zudem sei dieser für den tatsächlichen Wert der Aktien irrelevant. Auch beziehe sich die Staatsanwaltschaft auf einen angeblichen Mindestkaufpreis. Diesen habe es aber nur in einem Sonderfall gegeben. Für die Bewertung des Werts der Aktien von Stocker sei dieser Punkt somit ebenfalls irrelevant. «Die Argumentation der Anklage dazu ist schlichtweg haarsträubend», so Borbély.

Raiffeisen war bei Investnet-Deal über alles im Bild

Dass Raiffeisen sich mit 60 Prozent an Investnet beteilige und Etter und Wüst 20 Prozent erhielten, sei der Wunsch von Raiffeisen gewesen. Raiffeisen Schweiz habe daher keine rechtlichen Schritte gegen das damalige Verhandlungsteam oder den damaligen Verwaltungsratspräsident Johannes Rüegg Stürm eingeleitet. Das sei ein Beleg dafür, dass nicht einmal Raiffeisen glaube, was die Staatsanwaltschaft vorbringe. Trotz intensiver Untersuchungen gehe Raiffeisen bis heute davon aus, dass sich ihre Verhandlungsführer korrekt verhalten hätten und nicht beeinflusst wurden. “So war es nämlich auch”, so Borbély.

Die Staatsanwaltschaft würde den Statthalter-Brief falsch deuten

Für die Staatsanwaltschaft ist der sogenannte Statthalter-Brief sehr wichtig, weil er ein Beleg für die geheimen Absprachen von Stocker und Vincenz sei. Laut Borbély werde der Begriff «Statthalter» aber falsch verstanden. Der Begriff «Statthalter» beziehe sich im Dokument eindeutig auf die Rolle von Stocker als Statthalter von Raiffeisen. Dies indem er für eine gewisse Zeit die Aktien halten würde, die für Raiffeisen gedacht waren. Nur so hätte er einen steuerfreien Kapitalgewinn beim späteren Verkauf der Aktien an Raiffeisen erzielen können. Dies statt einem für den geschaffenen Mehrwert. Damit sei der Begriff «Statthalter» auch nicht negativ besetzt, so Borbély.

"Das Büro gab es nicht"

Borbély führt aus, dass gemäss der Anklage Beat Stocker Peter Wüst am 24. Juni 2011 in seinem Büro in Herisau besucht habe und dort das Handshake-Modell für die stille Partnerschaft vereinbart hätte. Das Problem daran sei, dass Wüst damals gar kein Büro in Herisau hatte.

Vincenz war der Saubermann

«Vincenz war der Saubermann des Schweizer Bankings», so Borbély. Er sei der Star der Szene gewesen, mit einem entsprechendem Salär. Da sei es absurd zu unterstellen, die persönlichen Pläne von Vincenz könnten darin bestanden haben, sich von einem 3-Personen-Startup, mit einem Umsatz von gerade einmal 1 Millionen Franken, bestechen zu lassen. Etter habe daher keinen Grund gehabt, davon auszugehen, dass etwas faul sein könne.