Flutkatastrophe in Deutschland30 Milliarden Euro für den Wiederaufbau vereinbart
Die Schäden sind riesig, die Kosten immens – das Geld dafür soll aus einem Wiederaufbaufonds kommen. Der Fonds «Aufbauhilfe 2021» soll als Sondervermögen des Bundes eingerichtet werden.
Für den Wiederaufbau in den deutschen Hochwassergebieten haben Bund und Länder einen Fonds von 30 Milliarden Euro vereinbart. Für den Wiederaufbau in den betroffenen Ländern werden allein 28 Milliarden Euro veranschlagt. Sie sollen je zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert werden. «Das ist ein Zeichen gesamtstaatlicher Solidarität», sagt die deutsche Kanzlerin Angela Merkel nach den Beratungen am Dienstag.
Die Länder bekommen dabei 30 Jahre Zeit, ihren Anteil abzubezahlen. Bei den übrigen zwei Milliarden handelt es sich um Schäden an Bundeseinrichtungen, die auch nur der Bund zahlt, also etwa zerstörte Bahnbrücken, Schienenwege oder Autobahnen.
Deutschland und insbesondere die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen seien in einer bisher nicht gekannten Art und Weise von den Folgen eines Hochwassers erfasst worden, sagte Merkel. Sie lobte die Solidarität der Bevölkerung: «Wir sind unendlich dankbar, (...) dass eine so umfassende Hilfsbereitschaft aus dem ehrenamtlichen und privaten Bereich stattgefunden hat, dass sehr, sehr viele freiwillige Helfer auch heute noch tätig sind.»
Wiederaufbau dürfte Jahre dauern
Für das schwer zerstörte und traumatisierte Ahrtal im Norden von Rheinland-Pfalz ist die Einigung eine wichtige Nachricht. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hatte die gesamte Schadensumme einschliesslich anderer Flutgebiete im Raum Trier und in der Eifel kürzlich auf einen zweistelligen Milliardenbetrag geschätzt. Der Wiederaufbau vor allem im Ahrtal dürfte sich Jahre hinziehen. In Nordrhein-Westfalen belaufen sich die Schäden durch das Unwetter laut Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nach ersten Schätzungen auf mehr als 13 Milliarden Euro.
Ein Sprecher der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei in Mainz begrüsst die Einigung. «Jedem Land ist klar, dass es Katastrophen geben kann, die die Leistungsfähigkeit eines Landes überfordern kann», sagt der Sprecher. Rheinland-Pfalz habe einst auch in den Aufbaufonds nach der Flut 2013 in anderen Bundesländern gezahlt.
Der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz bewertet die Einigung ebenfalls positiv, mahnt aber auch schon eine möglicherweise nötige Aufstockung an: «Da die Infrastruktur komplett zerstört ist, Strassen, Wege, Plätze, Kindergärten, Schulen, Verwaltungsgebäude und Versorgungsnetze weitgehend neu und zumindest teilweise auch an neuer Stelle errichtet werden müssen, kann die Dimension die bisherigen Schätzungen deutlich übersteigen.»
Auch der Städte- und Gemeindebund NRW äussert sich positiv: «Dass Bund und Länder so schnell einen Hilfsfonds auf den Weg bringen, macht den betroffenen Kommunen Mut», sagt Hauptgeschäftsführer Christof Sommer. «Der Wiederaufbau der Ortsteile und der Infrastruktur wird Jahre dauern und die Anpassung an den Klimawandel wird noch zusätzliche Anstrengungen erfordern.» Umso mehr seien die Kommunen auf unkomplizierte Verfahren beim Planen und beim Bezug der Hilfsgelder angewiesen.
Fonds wird als Sondervermögen eingerichtet
Sondervermögen des Bundes sind abgesonderte Teile des Bundesvermögens. Sie sind ausschliesslich zur Erfüllung einzelner begrenzter Aufgaben des Bundes bestimmt. Sie werden vom sonstigen Bundesvermögen getrennt verwaltet. Ein Beispiel ist das Sondervermögen «Energie- und Klimafonds». Dieser ermöglicht laut Gesetz zusätzliche Ausgaben zur Förderung einer umweltschonenden, zuverlässigen und bezahlbaren Energieversorgung sowie zum Klimaschutz. Die Ausgaben von Sondervermögen sind häufig über mehrere Jahre veranschlagt. Verfassungsrechtlich sind Sondervermögen des Bundes in Artikel 110 des Grundgesetzes verankert.
Die Wiederaufbaumassnahmen der Länder werden je zur Hälfte von Bund und Ländern getragen. Der Bund geht dabei quasi in Vorleistung. Die Länder bekommen 30 Jahre Zeit, ihren Anteil abzubezahlen. Dies soll über die Umsatzsteuer geschehen, indem der jährliche Anteil der Länder an der Umsatzsteuer 30 Jahre lang entsprechend gekürzt wird.
Für den Aufbaufonds ist ein Bundesgesetz geplant. Laut Merkel ist für kommende Woche ein Kabinettsbeschluss geplant. Der Bundestag wird nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur voraussichtlich am 25. August zu einer Sondersitzung zusammentreten. Der Bundesrat muss den Fonds billigen.
Der Aufbaufonds soll sich nach dpa-Informationen technisch an dem Fonds nach der Flut 2013 orientieren. Der Fonds finanzierte Hilfen zur Reparatur von Hochwasserschäden und zum Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur. Mittel flossen an geschädigte Privathaushalte und Unternehmen, soweit die Schäden nicht durch Versicherungen abgedeckt waren.
SDA
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