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Tennis-Doku «Break Point»
Gewaltvorwürfe, Strafbefehl – so poliert Netflix das Image von Zverev

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Halb scherzhaft, halb ernst sagt Alexander Zverev in der zweiten Staffel von «Break Point»: «Ihr habt für die erste Staffel die falschen Persönlichkeiten gewählt. Ihr hättet mich nehmen sollen. Bei mir gibt es so viel Drama.»

In der Tat. Kaum ein Tenniscrack sorgte in den letzten Jahren für so viel Aufsehen wie der 26-jährige Deutsche. Doch das hatte nicht nur mit dem Sport zu tun.

Viele Experten prophezeiten Zverev schon als Teenager, er werde die Nummer 1. In Roland Garros 2022 war er tatsächlich nah dran. Er pushte im Halbfinal Rafael Nadal, als er gegen Ende des zweiten Satzes mit dem rechten Fuss umknickte und mehrere Bänder rissen. Auf dem Sand liegend, schrie und weinte er vor Schmerzen und Enttäuschung. Er musste im Rollstuhl vom Court Philippe Chatrier gekarrt werden.

Es ist der Ausgangspunkt der dritten Folge der Tennis-Doku, deren sechs Episoden der zweiten Staffel seit Mittwoch verfügbar sind. Am Sonntag beginnt mit dem Australian Open der erste Höhepunkt des Tennisjahres – eine gute Zeit also, um sich bei Netflix einzustimmen. Und Zverevs Comeback nach seinem bösen Sturz ist in der Tat bemerkenswert. Exakt ein Jahr später spielt er sich am French Open erneut in den Halbfinal, nach langer Leidenszeit.

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Zverev und seine Freundin Sophia Thomalla lassen die Netflix-Macher nah ran. Es wird auch die verletzliche Seite des Hamburgers gezeigt, der auch in Deutschland die Gemüter spaltet. «Ich bin Alexander Zverev, der Ersatzfahrer bei Mercedes. Nächstes Jahr ersetze ich Lewis Hamilton», scherzt er bei der Vorstellung, die alle Protagonistinnen und Protagonisten in die Kamera sprechen müssen.

Zverev hat jüngst eine regelrechte PR-Offensive gestartet. Im August 2022 machte er seine Diabeteserkrankung öffentlich und gründete seine eigene Stiftung. Bei RTL erschien im März 2023 die TV-Doku «Der Unvollendete», in der seine Anfänge und sein Weg zurück auf die Tour nach seiner Verletzung nachgezeichnet werden. Nun widmet ihm also Netflix eine ganze Folge in der zweiten Staffel von «Break Point» – mehr als allen anderen Tenniscracks.

Kommts zum Prozess?

Das kam in der internationalen Tennis-Community nicht gut an. Der englische «Independent» publizierte noch vor dem Serienstart einen Artikel, in dem er kritisierte, dass Zverev deutlich mehr Raum erhalte als die Jungstars Carlos Alcaraz und Coco Gauff, die in Wimbledon respektive am US Open triumphierten. Und dass die Gewaltvorwürfe seiner Ex-Freundin Brenda Patea, mit der er eine Tochter hat, mit keinem Wort erwähnt würden. Der Schluss liegt nahe: Zverev instrumentalisierte Netflix, um sein Image zu polieren.

Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin erliess im November 2023 einen Strafbefehl gegen Zverev über 450’000 Euro. Dieser akzeptiert den Strafbefehl nicht und weist die Vorwürfe zurück – es könnte zu einem Prozess kommen. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil gilt die Unschuldsvermutung.

Das erinnert an Nick Kyrgios, den Star der ersten Staffel von «Break Point», den seine Ex-Freundin Chiara Passari anzeigte, weil er sie tätlich angegriffen haben soll. Auf Netflix zeigt sich der Australier als liebevoller Partner seiner neuen Freundin Costeen Hatzi.

Ob Zverevs Strategie aufgeht, wird sich weisen. Gerade zog er auch als Neumitglied in den Spielerrat der ATP ein. Aber die beste Werbung wäre für den 1,98-Meter-Mann, der die hohen sportlichen Erwartungen trotz seines Olympiasieges 2021 noch nicht erfüllte, wohl ein Grand-Slam-Titel.

Die erste Staffel enttäuschte

Für Netflix ist die Kritik an der prominenten Rolle von Zverev natürlich gar nicht gut. Schon die erste Staffel, die dem erfolgreichen Formel-1-Format «Drive to Survive» nachempfunden worden war und noch zehn Episoden umfasst hatte, blieb unter den Erwartungen. Sie erreichte im ersten Halbjahr 2023 mit 30,5 Millionen Zuschauern nur rund ein Drittel der fünften Staffel ihres Vorbilds.

Dem zweiten Versuch dürfte kaum mehr Erfolg beschieden sein. Die Bilder von den verschiedenen Schauplätzen sind eindrücklich, und einige Protagonistinnen und Protagonisten wie Holger Rune, Jessica Pegula oder Ben Shelton durchaus spannend. Doch es fehlt die Stringenz. Man bekommt nur Schnipsel hingeworfen, meist ohne Kontext.

Rune trennt sich von seinem französischen Coach Patrick Mouratoglou, holt ihn zurück und schickt ihn dann erneut. Doch nur die erste Trennung wird thematisiert. Dass der junge Däne später mit Boris Becker zusammenspannt, wird nicht mehr erwähnt. Auch nicht, dass er nach Wimbledon in ein tiefes Loch fällt.

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Die Netflix-Macher sind darauf angewiesen, auf jene Figuren zu setzen, die ihnen Zugang gewähren. Und sie scheinen Kontroversen zu meiden, die über den Court hinausgehen. Die Ukrainerinnen, die unter dem Krieg in ihrer Heimat leiden, werden nicht erwähnt. Dafür bekommt die Weissrussin Aryna Sabalenka, gut bekannt mit Diktator Alexander Lukaschenko, wie schon in der ersten Staffel viel Auslauf.

Natürlich wäre es auch spannend gewesen, bei der Rückkehr von Djokovic nach Australien 2023 hinter die Kulissen zu blicken. Ein Jahr nachdem er als Nicht-Geimpfter wie ein Schwerverbrecher behandelt und ausgewiesen worden war. Doch der Serbe machte nicht mit. Er braucht keine PR-Offensive. Sein stärkstes Argument sind seine Siege.