Bidens Besuch in IrlandZuerst die Arbeit in Belfast, dann das Vergnügen in Dublin
US-Präsident Joe Biden kommt kurz nach Nordirland, um das vor 25 Jahren geschlossene Karfreitagsabkommen zu würdigen. Danach reist er weiter in die Republik Irland – die irischstämmigen Wähler in den USA fest im Blick.
Tagelang hat man sich im Norden wie im Süden Irlands auf diesen Besuch vorbereitet. Hotelempfangshallen und Universitätssäle sind aufgefrischt worden, Strassen neu geteert, Pubs und Kirchen festlich geschmückt. Hunderte von Schachtdeckeln sind überprüft und jede Menge verdächtiger Hecken von den Sicherheitskräften zugeschnitten worden. 300 Polizisten extra hat die britische Regierung aus England, Wales und Schottland nach Belfast beordert. Ein Fussballspiel dort ist, zur Empörung der Fans, abgesagt worden, damit mehr einheimische Ordnungshüter zur Verfügung stehen.
Rund drei Tage lang ist US-Präsident Joe Biden zu Gast auf der Grünen Insel. Für den späten Dienstagabend war seine Ankunft in Belfast geplant. Zur Begrüssung des hohen Besuchers reiste auch der britische Premierminister Rishi Sunak an diesem Tag in die nordirische Hauptstadt. Am Mittwochmorgen soll Sunak Gelegenheit haben, Biden in seinem Hotel aufzusuchen und sich dort etwas ausführlicher mit ihm zu unterhalten, bevor der Präsident auf dem neuen Campus der Universität Ulster eine Ansprache zum Thema 25 Jahre nordirischer Friedensvertrag hält.
Nicht alles lief nach Plan
Der Jahrestag des 1998 geschlossenen Karfreitagsabkommens ist ja der offizielle Anlass von Bidens Trip nach Nordirland. Biden, ein Katholik irischer Abstammung, hat immer betont, wie wichtig ihm dieser Friedensschluss war und ist. Dass Sunak jüngst mit der EU in Windsor eine Art Post-Brexit-Frieden schloss, indem er neue Vereinbarungen zu Nordirland traf, war Voraussetzung für Bidens Trip nach Nordirland gewesen. Hätte London einen Handelskrieg mit Brüssel riskiert, wäre der Präsident kaum angereist.
Ganz nach Plan lief allerdings nicht alles. Nordirlands Protestantenpartei DUP boykottiert weiterhin die nordirische Selbstverwaltung. So steht das Parlaments- und Regierungsgebäude in Stormont, nördlich von Belfast, leer. Auch dass der US-Präsident sich ausdrücklich für eine neue Zusammenarbeit der nordirischen Parteien aussprach, konnte die DUP nicht erweichen. So gibt es keinen grossen Auftritt in Stormont, keinen Staatsakt während Joe Bidens Besuch.
Unter diesen Umständen hat die amerikanische Seite den Nordirlandaufenthalt des Präsidenten auf weniger als 24 Stunden beschnitten. Auch das Gespräch mit Premier Sunak am Mittwoch wird eher eine Kaffeestunde sein als eine politische Konferenz. Im Augenblick ist das britisch-amerikanische Verhältnis nicht gerade herzlich zu nennen. Der von London ersehnte neue Handelsvertrag mit Washington liegt noch immer auf Eis.
Terroralarm erhöht
Nicht von seinem Nordirlandbesuch abhalten liess sich Biden andererseits dadurch, dass die britischen Geheimdienste den Terroralarm in der Provinz in den letzten Tagen auf «severe» erhöhten – was bedeutet, dass ein Anschlag «sehr wahrscheinlich» ist. Und im Vorfeld des Besuchs, über Ostern, behielt die nordirische Polizei die Lage ja auch recht gut im Griff.
Nach der fast schon bizarren Parade eines Dutzends vermummter Gestalten in der Stadt Derry, zum Gedenken an den Osteraufstand von 1916, schleuderten Gruppen von Kindern und Teenagern zwar Brandbomben auf einen Dienstwagen der Polizei. Gemessen an nordirischen Krawallen früherer Jahre, war der Zwischenfall allerdings relativ harmlos. Niemand kam zu Schaden.
Bereits am Mittwochmittag reist Joe Biden dann weiter Richtung Dublin. Der Donnerstag ist amtlichen Geschäften wie Zusammenkünften mit dem Präsidenten der Republik, Michael D. Higgins, und Taoiseach (Regierungschef) Leo Varadkar sowie einer Rede im irischen Parlament gewidmet. Am Freitag schliesst Biden seinen Irlandaufenthalt mit einem Trip ins westirische County Mayo ab, in dem im 19. Jahrhundert ein wichtiger Zweig seiner Familie lebte, bevor die Betreffenden zur Auswanderung nach Amerika gezwungen waren wegen der Grossen Hungersnot.
Auch Reagan, Clinton, Obama und vor allem Kennedy waren hier
Für Biden, der offenbar ernsthaft auf eine zweite Amtszeit im Weissen Haus hofft, ist dieser Teil der Reise wohl auch der wichtigste. Millionen US-amerikanischer Wähler irischer Abstammung werden mit Interesse verfolgen, wie er im Städtchen Ballina mit den Einheimischen plaudert und sich ein Bier servieren lässt.
Ronald Reagan, Bill Clinton und Barack Obama hatten ja schon ähnliche PR-Auftritte in Irland absolviert. Und vor ihnen natürlich John F. Kennedy, der einzige katholische US-Präsident ausser Joe Biden. Schaden wird Biden sein Ausflug in die alte Heimat jedenfalls nicht.
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