Kommentar zum Nordirland-DealGut für London, schwierig für Bern
Tauwetter zwischen der EU und Grossbritannien im Streit um das sogenannte Nordirland-Protokoll. Das ist gut für London, der Deal reduziert aber den Spielraum für die Schweiz bei den Sondierungen mit Brüssel.
So gut war die Stimmung zwischen London und Brüssel schon lange nicht mehr. Der britische Premier Rishi Sunak und EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen lächelten um die Wette, als sie den Deal präsentierten. Die EU und Grossbritannien legen den endlosen Streit um das sogenannte Nordirland-Protokoll bei. Dies immerhin drei Jahre nachdem Grossbritannien formell die EU verlassen hat.
Aus Schweizer Perspektive ist das Tauwetter allerdings kein Grund zur Freude. Der Brexit begleitet die ungelösten bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU wie ein Schatten. Das Protokoll regelt die Tatsache, dass Nordirland seither Teil des EU-Binnenmarkts geblieben ist. Es galt, zwischen Nordirland und EU-Mitglied Irland eine harte Grenze mit Warenkontrollen zu vermeiden.
Klar, die EU hat gegenüber den Briten praktische Zugeständnisse gemacht. Etwa bei der Kontrolldichte für Waren, die von Grossbritannien nach Nordirland und damit auch in den EU-Binnenmarkt gelangen. Keine Bewegung gibt es aber bei grundsätzlichen Fragen wie bei der Rolle des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Die Briten wären diesen Streitschlichter der letzten Instanz gern losgeworden.
Zugeständnisse der EU gegenüber London hätten auch der Schweiz neue Perspektiven eröffnet.
Das ist die schlechte Nachricht. Auch für den Bundesrat ist die Rolle des EuGH die grösste Hürde bei den Sondierungen mit Brüssel. Im Dreieck zwischen Brüssel, Bern und London ist es wie mit kommunizierenden Röhren. Gut möglich, dass für Staatssekretärin Livia Leu und Bundesrat Ignazio Cassis vor den nächsten Treffen mit EU-Vertretern im März der Druck steigt, ebenfalls zu liefern. Zugeständnisse der EU gegenüber London hätten auch der Schweiz neue Perspektiven eröffnet. Nun bleibt nur die Bestätigung, dass kein Weg an den Richtern in Luxemburg vorbeiführt, wenn es um die Interpretation von EU-Recht geht.
Negativ ist auch, dass die Schweiz im Wettbewerb der besten Forschungsplätze einen Verbündeten verliert. Die britischen Hochschulen bekommen wieder Zugang zu den Milliarden des EU-Forschungsprogramms Horizon Europe. Die Schweizer Universitäten müssen weiter hoffen, dass Brüssel und Bern nach dem Abbruch beim Rahmenabkommen doch noch aus der Sackgasse finden.
Fehler gefunden?Jetzt melden.