Bezirksgericht BülachDeshalb durfte die Swiss ungeimpfte Crewmitglieder entlassen
Das Bezirksgericht Bülach hat die Klagen von zwei ungeimpften Swiss-Angestellten im Juli 2024 abgewiesen. Nun liefert es die Gründe nach.

- Swiss-Crewmitglieder klagten gegen ihre Entlassung wegen Impfverweigerung.
- Das Bezirksgericht Bülach wies die Klage ab. Nun liegt die Begründung vor.
- Das Gericht sah die Kündigung unter anderem wegen betrieblicher Interessen als gerechtfertigt an.
Im Dezember 2023 klagten zwei ehemalige Crewmitglieder der Swiss vor Bezirksgericht Bülach gegen ihre ehemalige Arbeitgeberin. Sie waren entlassen worden, weil sie sich geweigert hatten, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen. Beide standen offensichtlich einem impfkritischen Verein nahe, der sich im Verfahren für sie einsetzte.
Wer als Crewmitglied der Swiss bis zum 15. November 2021 nicht den zweiten Pieks der Covid-Impfung im Oberarm hatte, durfte nicht mehr fliegen. Von einer Entlassung betroffen waren schliesslich 150 Mitarbeitende in Kabine und Cockpit. Für die Swiss wäre die Einsatzplanung zu kompliziert geworden, wenn sie auf die Ungeimpften hätte Rücksicht nehmen müssen, argumentierte die Arbeitgeberin im Wesentlichen. Die Einreisebestimmungen hätten sich immer wieder geändert. Vor der Ankündigung des Impfobligatoriums Ende August 2021 hätten sich lediglich 60 Prozent der Cockpit- und 35 Prozent der Kabinenbesatzung impfen lassen.

Die beiden, die sich im Dezember 2023 und vor dem Arbeitsgericht Bülach gegen die Entlassung wehrten, mussten eine Niederlage einstecken. Die Klage wurde im Juli 2024 abgewiesen, genauso wie im August eine weitere Klage. Nun liegt in den ersten zwei Fällen das begründete, 55-seitige Urteil des Bezirksgerichts Bülach vor.
Persönlichkeitsrechte müssen teils hinten anstehen
Darin heisst es, das Persönlichkeitsrecht einer Arbeitnehmerin geniesse keinen absoluten Schutz. Wer ein Arbeitsverhältnis mit einer Fluggesellschaft eingehe, müsse jedenfalls teilweise auf die Ausübung seiner Persönlichkeitsrechte verzichten. Ohne die Einführung des Impfobligatoriums hätte die Streichung von Flügen gedroht. Neben den betrieblichen Interessen sei auch die Schutzbedürftigkeit der Passagiere hoch zu gewichten gewesen. Überdies habe das Obligatorium für eine Gleichbehandlung bei der Einsatzplanung und damit für den Betriebsfrieden gesorgt.
Wohl sei eine Impfpflicht nicht Teil behördlicher Gesundheitsvorschriften, aber doch eine zweckmässige und verhältnismässige medizinische Vorsorgemassnahme im Rahmen der Fürsorgepflicht der Swiss gewesen. Alternative mildere Massnahmen hätten entweder nicht zur Verfügung gestanden oder sich angesichts der unsicheren Lage als nicht ausreichend erwiesen. «Wenn die Impfpflicht durch ein überwiegendes betriebliches Interesse gerechtfertigt ist und überdies dem Prinzip der Verhältnismässigkeit Rechnung trägt, kann die wegen Missachtung der Impfpflicht ausgesprochene ordentliche Kündigung nicht missbräuchlich sein», folgert das Gericht.
Es sei unbestritten, dass das klagende Mitglied der Kabinenbesatzung das von der Swiss berechtigterweise angeordnete Covid-19-Impfobligatorium konsequent und in einem dreistufigen Verfahren abschliessend verweigert habe. Die Swiss sei deshalb zur Kündigung berechtigt gewesen: «Dafür lagen achtenswerte und sachlich ausgewiesene Gründe vor.»
Die entlassene Flugbegleiterin, die seit 1988 für die Airline tätig war, erhält damit die geforderte Entschädigung von sechs Monatslöhnen, rund 38’500 Franken, nicht. Sie muss 590o Franken Verfahrenskosten bezahlen und ihrer ehemaligen Arbeitgeberin eine Prozessentschädigung von 5000 Franken ausrichten.
Auch Pilot zu Recht entlassen
Auch ein Mitglied des Cockpitpersonals war rechtlich gegen seine ehemalige Arbeitgeberin vorgegangen und hatte eine Entschädigung in der Höhe von 18 Monatslöhnen, rund 211’000 Franken, verlangt. Der Mann flog seit 12 Jahren für die Airline. Seine Klage wurde ebenfalls mit einer sehr ähnlichen Begründung abgelehnt. Er muss nun eine Entscheidgebühr von 13’100 Franken und der Swiss eine Entschädigung von 15’000 Franken bezahlen.
Die Anwältin der ehemaligen Swiss-Angestellten, die im April 2024 vor Gericht klagten, hatte unter anderem argumentiert, im Gesamtarbeitsvertrag sei zwar eine Impfpflicht vorgesehen. Doch es sei fraglich, ob diese auch für den neuen Impfstoff gegen Covid gegolten habe. Sie stellte auch infrage, dass die 3 Prozent ungeimpfter Crewmitglieder die Einsatzplanung der Swiss während der Pandemie erschwert hätten. Neben vielen anderen Airlines habe sogar die Lufthansa auf ein Obligatorium verzichtet und den Betrieb aufrechterhalten.
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