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Arrestzellen in Zürich
«Erhebliches Risiko»: Stadtpolizei braucht notfallmässig mehr Personal im Gefängnis

Rundgang imNeubau Kriminalabteilung Stadtpolizei Zürich, Einzelzelle, Mühleweg, Zürich, 2.11.2021, Foto Dominique Meienberg
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In Kürze:
  • Die Stadt Zürich räumt Probleme im Haftbetrieb am Mühleweg im Kreis 5 ein.
  • Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart beantragt deshalb notfallmässig zehn zusätzliche Stellen für das Gefängnis.
  • Die gestiegenen Haftzahlen erhöhen den Bedarf an Personal und Verantwortung.

Es tönt beunruhigend: «Der derzeitige Haftbetrieb kann die angemessene und anerkannte Best-Practice-Betreuung festgenommener Personen nicht sicherstellen und birgt ein erhebliches Betriebs- und Reputationsrisiko sowie ein nicht zu unterschätzendes Risiko für die Sicherheit und das Wohlergehen der inhaftierten Personen.»

Dies schreibt die Zürcher Stadtregierung zu den Zuständen im Gefängnis der Kriminalabteilung der Stadtpolizei am Mühleweg beim Toni-Areal im Kreis 5. Das Eingeständnis findet sich in den Nachträgen zum städtischen Budget, die der Stadtrat vergangene Woche dem Gemeinderat unterbreitet hat.

Rykart: «Handeln, bevor etwas geschieht»

Um die Situation im Haftbetrieb zu verbessern und den 24-Stunden-Betrieb sicherzustellen, beantragt Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart (Grüne) beim Gemeinderat nun notfallmässig zehn zusätzliche Stellen. Kostenpunkt: rund eine Million Franken.

Laut Michael Walker, Sprecher der Stadtpolizei, ist es im Gefängnis am Mühleweg bisher noch zu keinen nennenswerten sicherheitsrelevanten Vorfällen gekommen. Im Gefängnis am Mühleweg gibt es 22 Arrestzellen, in denen Personen maximal 24 Stunden inhaftiert sind.

Karin Rykart sagt auf Anfrage: «Es ist wichtig, dass an einem so sensiblen Ort genügend und professionell ausgebildetes Personal arbeitet. Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen.» Man müsse handeln, bevor etwas geschehe.

«Unterschätzt»: Stadt räumt Fehler ein

In seinem Kreditantrag äussert sich der Stadtrat auch zu den Hintergründen der Probleme. Der Neubau der Stadtzürcher Kriminalabteilung war Anfang 2022 eröffnet worden, rund 355 Mitarbeitende der Kriminalpolizei und des Kommissariats Prävention zogen damals dorthin um.

Fast zur selben Zeit ging auch das kantonale Polizei- und Justizzentrum (PJZ) im Kreis 4 in Betrieb und mit ihm das dortige Gefängnis Zürich West.

Daher musste im Kripo-Gebäude ein Haftbereich mit insgesamt 22 Zellen für festgenommene Personen geschaffen werden, schreibt der Stadtrat. «Die daraus resultierenden Folgen wurden im Vorfeld der Inbetriebnahme unterschätzt und nicht genügend beziehungsweise vor allem nicht entsprechend ausgebildetes Personal bereitgestellt», stellt er selbstkritisch fest.

Rundgang imNeubau Kriminalabteilung Stadtpolizei Zürich, Mühleweg, Zürich, 2.11.2021, Foto Dominique Meienberg

«Auch war eine durchgehende Betreuung der verhafteten Personen nicht eingeplant und der Aufwand für die Fahrten vom und zum Gefängnis Zürich West wurden vernachlässigt.» Dabei ziehe jede Übernachtung, jede Medikamentenabgabe und jede Einvernahme mindestens zwei Fahrten nach sich, schreibt der Stadtrat weiter.

5000 Verhaftete – Zahl stark gestiegen

Erschwerend sei dazugekommen, dass die Haftzahlen stetig stiegen: Im laufenden Jahr dürften es erstmals über 5000 Arrestanten sein, das seien knapp 50 Prozent aller verhafteten Personen im Kanton Zürich, so der Stadtrat.

Deshalb brauche es im Mühleweg-Gefängnis zwingend eine Funktion, die die Verantwortung für den Vollzug der strafprozessualen Verhaftungen trägt und rund um die Uhr im Einsatz steht. Aufgrund der Aufgaben sei der Polizeistatus des neuen Chefs oder der Chefin rechtlich zwingend.

Dieser Hinweis kommt daher, dass die Stadtpolizei im Gefängnis am Mühleweg auch auf private Sicherheitsleute setzt, wie diese Redaktion im Juni 2023 berichtete.

«Ärgerliche Panne»

Der Grüne Markus Knauss präsidiert die parlamentarische Kommission Sicherheitsdepartement/Verkehr. Er spricht im Zusammenhang mit den Problemen im Haftbetrieb von einer «ärgerlichen Panne» bei der Planung. Man werde bei Karin Rykart kritisch nachfragen, ob ihr Departement den Bedarf an zehn zusätzlichen Stellen nicht schon früher hätte erkennen müssen. Andererseits seien die Haftzahlen stark gestiegen. Knauss befürwortet deshalb mehr Stellen: «Personen, die mit staatlichen Zwangsmassnahmen konfrontiert sind, soll man sorgfältig begleiten und betreuen.»

SP-Co-Fraktionschef Florian Utz zeigt sich überrascht vom Nachtragskredit. Auch er spricht von einem Planungsfehler. «Das ist nicht gut.» Die SP wolle wissen, wie es zu dieser Fehleinschätzung kommen konnte. Und: Sind wirklich zehn zusätzliche Stellen nötig? Braucht es im Gegenzug weniger privates Sicherheitspersonal? Klar ist für Utz: «Inhaftierte am Mühleweg müssen mit Würde und Anstand behandelt werden.»

Auch GLP-Gemeinderat Sven Sobernheim, Präsident der Rechnungsprüfungskommission, kündigt kritische Fragen an. Er sehe aber fast keine andere Möglichkeit, als diese Stellen zu gewähren. Dies auch im Sinne der Menschen, die zwar in Haft, aber nicht verurteilt seien. Auch Sobernheim hat Fragezeichen. Etwa dazu, wie die Organisation im PJZ aktuell laufe und ob sie negative Auswirkungen auf das Gefängnis Mühleweg habe.

Abstriche angekündigt

Nicht nur am Mühleweg hat die Stadtpolizei mit einer zu dünnen Personaldecke zu kämpfen. «Wir sind an einem Punkt, an dem wir nicht mehr alles so machen können, wie man das früher konnte», räumte Kommandant Beat Oppliger am Montag bei der Präsentation der neuesten Sicherheitsumfrage ein. So habe die Stadtpolizei die Öffnungszeiten auf den Wachen reduziert, und «weniger brisante Fälle» würden je nach Auslastung verzögert behandelt.

Ob die Stadtpolizei zusätzliche Stellen erhält, entscheidet der Gemeinderat in der Budgetdebatte vom kommenden Dezember.