Zürcher Regionalspital in FinanznotDas Spital Wetzikon ist jetzt in Nachlassstundung
Das Zürcher Oberländer Spital hat nun zwei Sachwalter und ist vier Monate lang vor Betreibungen geschützt. Die zwölf Aktionärsgemeinden sind besorgt.
Das GZO-Spital Wetzikon spielt auf Zeit, um seine 170-Millionen-Anleihe zu refinanzieren. Diese hatte es vor zehn Jahren für seinen Neubau aufgenommen, am 12. Juni wäre sie fällig. Dem Spital fehlt zwar das Geld, aber es bekommt nun mehr Zeit. Denn das Bezirksgericht Hinwil hat am Dienstagabend eine provisorische Nachlassstundung für eine Dauer von vier Monaten bewilligt. Das heisst: In dieser Zeit geniesst das Spital einen Zahlungsaufschub und darf nicht betrieben werden.
Schafft es das Spital in diesen vier Monaten, aufzuzeigen, dass es auf eine gute Lösung Richtung profitablen Betriebs zusteuert, kann der Zahlungsaufschub weitere vier Monate und schliesslich nochmals 24 Monate verlängert werden. Insgesamt also etwas mehr als zweieinhalb Jahre.
Rechtsanwälte als Aufpasser
Unterstützung bekommt das Spital dabei von Brigitte Umbach-Spahn und Stephan Kesselbach, die als Sachwalter eingesetzt wurden. Sie sind Rechtsanwälte mit Spezialgebiet Insolvenz und Restrukturierung bei der Küsnachter Kanzlei Wenger Plattner. Ihre Aufgabe besteht darin, die finanzielle Lage und die Aussichten für eine Sanierung zu beurteilen und zusammen mit dem Spital Sanierungsoptionen zu prüfen. Zudem müssen sie dem Hinwiler Richter periodisch rapportieren.
Eine weitere Aufgabe der Sachwalter ist, die Interessen der Gläubiger zu wahren, namentlich der Mitarbeitenden, der Kundschaft, der Lieferanten, Dienstleisterinnen, Darlehens- und Kreditgebenden.
Fusion wird wieder zum Thema
Zu den möglichen Sanierungsoptionen wollten weder der Verwaltungsratspräsident des Spitals und FDP-Kantonsrat Jörg Kündig noch Hansjörg Herren, CEO ad interim, an einer Medienkonferenz detailliert Stellung beziehen.
«Die Arbeit der Sachverwalter hat gerade erst begonnen», sagte Kündig. Dennoch nannten beide in Ansätzen, was für eine nachhaltige Lösung unausweichlich werde: Kooperationen. «Wir müssen für das Zürcher Oberland anfangen, in Verbunden zu denken», sagte der FDP-Politiker. Die Konkurrenzsituation müsse aufgelöst werden, und die Spitäler müssten Schwerpunkte setzen. Oder in Kündigs Worten: «Wir müssen nicht parallel arbeiten, sondern komplementär.»
Hansjörg Herren ergänzte denn auch sogleich, was das krisengebeutelte Spital Wetzikon als «Mitgift» für eine mögliche Zusammenarbeit bieten könne: «58’000 Quadratmeter Land und ein neues Gebäude.»
Bevor das Spital aber Gespräche beispielsweise mit Uster über eine mögliche Fusion lanciere, «müssen wir zuerst unser Problem mit der Anleihe lösen», ergänzte Herren.
Das Spital ist liquide
Abgesehen von der 170-Millionen-Franken-Anleihe sei das GZO zahlungsfähig, weshalb es sich im Wesentlichen von vielen anderen Unternehmen in Nachlassstundungsverfahren unterscheide, wie das Spital in einer Mitteilung schreibt. Oftmals seien solche nämlich illiquide, verschuldet und könnten deshalb den Betrieb nicht mehr aufrechterhalten. Das sei beim Spital Wetzikon nicht der Fall. Es könne seine Löhne und seine Rechnungen bezahlen. Das Unternehmen verfüge über 50 Millionen Franken Liquidität für die Sicherstellung des laufenden Spitalbetriebs.
Zwar vermeldete das GZO kürzlich für das Geschäftsjahr 2023 ein Defizit von 11,6 Millionen Franken, aber es gebe Indizien dafür, dass der Spitalbetrieb bald wieder profitabel werden könne.
Laut Hansjörg Herren wirken die kürzlich ergriffenen Sparmassnahmen, und die Auslastung sei gestiegen. Im April habe man beispielsweise mehr Patientinnen und Patienten behandelt als im Vorjahr. Zudem habe auch eine namhafte externe Revisionsgesellschaft dem Spital bei der Prüfung des Businessplans 2024 «nachhaltige Profitabilität» attestiert. Das Defizit sei wegen der gleichen Probleme entstanden, mit denen alle Spitäler zu kämpfen hätten: steigende Kosten, Fachkräftemangel und nicht kostendeckende Tarife.
Gemeinden: «War leider zu befürchten»
Derweil sind die zwölf Aktionärsgemeinden aus dem Zürcher Oberland «in Sorge um die Gesundheitsversorgung in der Region», wie die Stadt Wetzikon stellvertretend mitgeteilt hat.
Aus Sicht der Aktionärsgemeinden ist eine Entwicklung eingetreten, die seit Bekanntgabe der massiven Finanzprobleme des Spitals vor wenigen Wochen «leider zu befürchten war», wie die Gemeinden schreiben. Sie «bedauern zutiefst, dass keine Lösung ausserhalb des Nachlassverfahrens zur finanziellen Sanierung des Spitals gefunden werden konnte».
Die Trägergemeinden geben sich weiterhin gesprächsbereit und werden «gegebenenfalls politische Prozesse zur finanziellen Unterstützung des Spitals einleiten».
Rettungsdienst ist gesichert
Gleichzeitig betonen sie, dass der Betrieb von Regio 144 sichergestellt sei. Der Rettungsdienst ist gemäss Gesetz eine kommunale Aufgabe.
Sollte der Dienst zu einem späteren Zeitpunkt dennoch von der Nachlassstundung betroffen sein, seien sämtliche Aktionärsgemeinden bereit, die Regio 144 AG «im Bedarfsfall kurzfristig und unbürokratisch mit finanziellen Mitteln zu versorgen», wie die Stadt Wetzikon mitteilt.
Kanton lehnte Rettung ab
Die Nachlassstundung ist das neuste Kapitel in der schwierigen Zeit, in der das Spital steckt. Vor einem Monat hatte Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) bekannt gegeben, dass das Spital den Kanton um eine Garantie oder ein Darlehen in Höhe von 180 Millionen Franken gebeten hatte. Doch der Regierungsrat lehnte ab mit dem Hinweis, das Spital Wetzikon sei «nicht unverzichtbar». Kurz darauf trennte sich das Spital Wetzikon vom bisherigen CEO Matthias Spielmann.
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